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Homöpathie: Großer Streit um kleine Kügelchen

Homöpathie

Großer Streit um kleine Kügelchen

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    Homöopathische Mittel sind äußerst beliebt bei Mütter für ihre Kinder. Bild: dpa
    Homöopathische Mittel sind äußerst beliebt bei Mütter für ihre Kinder. Bild: dpa Foto: pp aen htf

    Wissenschaftler sind sich nach vielen Studien weitgehend einig: Die kleinen homöopathischen Kügelchen können eigentlich nicht wirken. Fast jeder kennt aber Menschen, denen die Globuli offenbar doch geholfen haben. Homöopathie ist populär - kein Wunder, dass die Forderung eines Verbotes solcher Therapien auf Kassenkosten einen Sturm der Entrüstung ausgelöst hat.

    So etwas hat man in der Gesundheitspolitik selten. Zuerst forderte SPD-Experte Professor Karl Lauterbach, den Kassen zu verbieten, die Homöopathie zu bezahlen. Wenige Stunden später sprang dem Mann mit der Fliege sein Lieblingskontrahent bei. CDU-Experte Jens Spahn meinte, man könne dies schon morgen gemeinsam so regeln. Lauterbach zweifelt an der Einsichtsfähigkeit der Patienten. Sie "glauben, die Kassen zahlen nur das, was auch nachweisbar hilft", sagt er. Mit ihrem Vorgehen würden die Kassen die Homöopathie adeln - mit der Folge, dass viele überzeugt sind, auch Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Krebs homöopathisch behandelt werden könnten.

    Doch eine große Koalition kontra Homöopathie wird es wohl nicht geben. Laut einer Allensbach-Studie haben 53 Prozent der erwachsenen Bundesbürger schon einmal homöopathische Mittel verwendet - noch 1970 war es nur knapp jeder Vierte. Angesichts der Beliebtheit der Methode dürfte es so schnell nicht zu Einschränkungen kommen.

    Schließlich müssen die Kassen die Alternativmethode nicht bezahlen - aber sie dürfen es. Und sie tun das oft, um junge, überdurchschnittlich Gesunde anzuziehen, die dies wollen. Kassen können dafür Wahltarife anbieten, für die Versicherte etwas drauflegen müssen. Sie können auch bestimmte Verträge mit Ärzten abschließen.

    Lauterbach und Spahn stoßen auch bei anderen Gesundheitspolitikern auf breite Ablehnung. Minister Philipp Rösler (FDP) findet, gegen Wahltarife für Homöopathie spreche nichts. Auch aus CSU und CDU melden sich Stimmen, die vor der Streichung von Leistungen warnen. Auch Grünen-Chefin Claudia Roth lehnt die Lauterbach-Forderung ab: Auf diese Weise würden gerade Patienten vor den Kopf gestoßen, die auf gesunde Lebensführung besonders achteten.

    Nach dem mehrheitlich akzeptierten Stand der Forschung wirken homöopathische Mittel allenfalls wegen eines Placebo-Effekts, also zum Beispiel, weil die Menschen darauf vertrauen. Doch der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte widerspricht und wirft entsprechenden Studien methodische Fehler vor. Unbestritten ist aber, dass vor allem die langen Gespräche beim Arzt zum Erfolg der Homöopathie beitragen. Und Nebenwirkungen haben die stark verdünnten Mittel auch nicht.

    In der Branche ist man besorgt, dass Homöopathie zu stark ins Gerede kommt. Ralph Schmidt, Chef der Biologische Heilmittel Heel GmbH: "Homöopathie ist keine Illusion, Homöopathie wirkt." Im vergangenen Jahr erwirtschaftete das Unternehmen etwa 173 Millionen Euro. Weleda Deutschland aus Schwäbisch Gmünd machte 2009 einen Arzneimittelumsatz von 35,5 Millionen Euro. Davon wurden von den Kassen nur 100.000 Euro für homöopathische Mittel ersetzt, wie ein Sprecher sagt.

    Laut Zentralverein homöopathischer Ärzte gaben die gesetzlichen Kassen 25 Millionen Euro für homöopathische Arzneimittel aus und rund sieben Millionen für homöopathische ambulante Versorgung. Das ist nur ein Bruchteil der sonstigen Milliardenausgaben. In der Ärzteschaft schaut man deshalb verwundert auf diese Debatte. Der Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Roland Stahl: "So können die Finanzprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gelöst werden." dpa, AZ

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