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Corona-Test: Darum bleiben Millionen Antikörpertests in Deutschland ungenutzt

Corona-Test

Darum bleiben Millionen Antikörpertests in Deutschland ungenutzt

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    Bislang bleiben viele Corona-Tests ungenutzt.
    Bislang bleiben viele Corona-Tests ungenutzt. Foto: Lee Jin-Man, dpa

    Sie sollen ein wichtiges Werkzeug sein, um das Coronavirus weiter einzudämmen: Antikörpertests. Im Mai haben Gesundheitsminister Jens Spahn und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder stolz verkündet, dass das Schweizer Pharmaunternehmen Roche Millionen von Tests zur Verfügung stellt. Drei Millionen wollte es alleine im Mai der Bundesrepublik liefern, in den Monaten danach jeweils weitere fünf Millionen. Bislang haben aber kaum Bürger die Möglichkeit genutzt, sich testen zu lassen. 56.316 waren es in Deutschland zwischen dem 15. und 21. Juni, 600.000 insgesamt. In der vergangenen Woche haben sich 10.000 Bayern auf Antikörper untersuchen lassen. Vergleichsweise geringe Zahlen, wie die Geschäftsführerin des Vereins Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM), Cornelia Wanke, bestätigt. Ihr Verein hat diese Zahlen erhoben. "Antikörpertests sind ganz einfach durchzuführen, es gibt genügend Hersteller. Man kann die Tests unbegrenzt vervielfältigen."

    Das liegt vor allem daran, dass Antikörpertests einfacher sind als die PCR-Tests, mit denen das Coronavirus nachgewiesen werden kann. Der Arzt nimmt also keinen Rachenabstrich, sondern Blut ab. Je nach Verfahren liefert der Test schon innerhalb von 15 Minuten ein Ergebnis. Das funktioniert so: Dem Blut wird ein Virusprotein zugegeben, das Gegenstück zum Antikörper. Für den Fall, dass tatsächlich Antikörper im Blut sind, docken diese an das Virusprotein an. Diese Verbindung soll der Test dann sichtbar machen.

    Antikörpertest: Wie aussagekräftig ist das Ergebnis?

    Das Angebot in Deutschland an den Antikörpertests ist also groß. Zwar kommentiert Roche die Anzahl der Tests nicht, das Unternehmen könne allerdings das Produktionsvolumen halten, teilt eine Sprecherin auf Anfrage unserer Redaktion mit. Demnach müsste der Bund bereits auf mehrere Millionen Antikörpertests zurückgreifen können. Auch das Bundesgesundheitsministerium hält sich auf Anfrage bedeckt: "Die Vertragsverhandlungen mit der Firma Roche sind noch nicht abgeschlossen. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns zu laufenden Vertragsverhandlungen nicht äußern." Zur Verfügung stehen die Tests übrigens in ganz Deutschland. "Wir haben Kunden in allen Bundesländern. Alle Labore, die einen Test anfordern, können wir auch beliefern", erklärt die Roche-Sprecherin weiter. Da Roche nicht die einzige Firma ist, die Antikörpertests herstellt und auf dem Markt anbietet, ist die Zahl der verfügbaren Tests also noch deutlich höher.

    Doch warum ist die Nachfrage derzeit so gering? Das hängt mit der Aussagekraft des Tests zusammen, erklärt ALM-Geschäftsführerin Wanke: "Bei Ärzten ist noch eine gewisse Zurückhaltung da. Aktuell kann der Test nur zeigen, ob man Antikörper hat, nicht ob man immun gegen Corona ist." Ein Antikörpertest ist laut ALM nur dann sinnvoll, wenn ein positiver Corona-Befund zugrunde liegt. Zwar seien die Tests von Roche oder anderen Herstellern wie Euroimmun gut, betont Wanke, solange es aber nur wenige Tests gebe, sei die Aussagekraft nicht gesichert.

    Antikörpertest: Deshalb ist die Frage nach der Immunität so entscheidend

    Sind Menschen, die eine Corona-Infektion überstanden und Antikörper gebildet haben, immun gegen eine erneute Ansteckung? An der Antwort auf diese Frage forschen Wissenschaftler weltweit. Denn sie könnte nicht nur den Alltag und die Maßnahmen grundlegend verändern, sondern auch die Antikörpertests massiv an Wert gewinnen lassen. Unter Laborbedingungen jedenfalls scheint es Erfolge zu geben. Antikörper verhindern dort, dass sich das Virus vermehrt und weiter ausbreitet. Ob das unter Alltagsbedingungen aber auch so ist, ist noch nicht erwiesen. "Das dauert einfach lange. Denn man kann ja aus ethischen Gründen jetzt nicht gezielt Menschen anstecken, sondern man schaut sich das natürliche Infektionsgeschehen an", sagte Beatus Ofenloch-Haehnle, Leiter des Bereichs Forschung und Entwicklung bei Roche, kürzlich in einem Interview mit unserer Redaktion. Hinzu kommt, dass manche Infizierte mit mildem oder moderatem Verlauf gar keine Antikörper bilden, wie Forscher der Uni Lübeck herausgefunden haben. Unklar ist außerdem, wie lange man überhaupt immun gegen eine zweite Corona-Infektion ist.

    Wer trägt die Kosten für den Antikörpertest?

    Die Krankenkassen kommen übrigens nur für den Antikörpertest auf, wenn ihn ein Arzt anordnet. Untersucht werden in der Regel Patienten, die bereits Symptome von Covid-19 gezeigt haben, aber nicht darauf getestet wurden. Etwa ab der dritten Woche nach den ersten Symptomen kann ein solcher Test durchgeführt werden. Der Hintergrund: Antikörper bilden sich erst im Laufe der Erkrankung. In den ersten Tagen der Infektion sind sie noch nicht nachweisbar.

    Wer dennoch wissen möchte, ob er bereits Antikörper im Blut hat, kann auch auf eigene Kosten einen Antikörpertest durchführen lassen. Die Kosten belaufen sich im Schnitt auf 25 bis 60 Euro. Experten warnen derweil vor unseriösen Antikörpertests aus dem Internet. Im Gegensatz zu den offiziellen Tests, die zum Teil eine Genauigkeit von nahezu 100 Prozent haben, können Test aus dem Internet ungenauer und teurer sein.

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