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Nördlingen: Nördlinger Kinderärzte erhalten nicht genügend Biontech-Impfstoff

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Nördlinger Kinderärzte erhalten nicht genügend Biontech-Impfstoff

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    Beim Nördlinger Kinderarzt Dr. Detlef Grunert fragen viele Patienten wegen einer Impfung an. Wegen Lieferproblemen hat er diese Woche nur ein Fläschchen (sechs Dosen) erhalten.
    Beim Nördlinger Kinderarzt Dr. Detlef Grunert fragen viele Patienten wegen einer Impfung an. Wegen Lieferproblemen hat er diese Woche nur ein Fläschchen (sechs Dosen) erhalten. Foto: Matthias Link

    In Nördlingen könnte deutlich mehr geimpft werden, wenn mehr Biontech-Impfstoff geliefert würde. Kinderärzte und Gynäkologen berichten von einer großen Nachfrage nach Impfterminen, die sie aber nicht bedienen können, weil nicht genügend Biontech-Impfstoff zur Verfügung steht. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt diesen aber für unter 30-Jährige und Schwangere ausschließlich. Das stellt einige Ärzte im Ries vor Probleme.

    Kinderarzt Dr. Detlef Grunert berichtet, dass in der wöchentlichen Lieferung, die am Montagnachmittag bei ihm angekommen sei, ein einziges Fläschchen Biontech-Impfstoff gewesen sei. Dies entspricht sechs Einzeldosen. "Eine Lachnummer", meint Dr. Grunert, der Kritik am ehemaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn übt.

    Kinderarzt Grunert kann 30 Dosen bestellen, bekommt sie aber nicht

    Dr. Grunert kann für seine Praxis offiziell 30 Dosen Biontech-Impfstoff pro Woche bestellen, also fünf Fläschchen. "Sie kommen aber nicht", wie der Kinderarzt feststellen muss. Für die Altersgruppe von zwölf bis 18 Jahren empfiehlt die Stiko nur den Impfstoff von Biontech. Jeden Morgen rufen bei Dr. Grunert mehr als 30 Personen wegen einer Impfung an, weshalb selbst die fünf Fläschchen Impfstoff, wenn sie denn angeliefert würden, "ein Witz" wären, wie der Arzt sagt.

    In den beiden vorausgegangenen Wochen erhielt er jeweils drei Fläschchen, also 18 Dosen. Dr. Grunert bietet nicht nur Kindern und Jugendlichen, sondern auch jungen Erwachsenen und jedem, der möchte, eine Impfung an. "Wir können weder Erstimpfungen noch Auffrischungsimpfungen durchführen", sagt der Kinderarzt, "das ist eine ziemliche Katastrophe." Die Altersgruppe der Zehn- bis 30-Jährigen macht rund 21 Prozent an der Gesamtbevölkerung in Deutschland aus. Dr. Grunert weist darauf hin, dass auch in der kritischen Infrastruktur viele junge Menschen arbeiten würden, die nicht geimpft werden könnten.

    Nördlinger Arzt kritisiert Politik wegen Impfstoffmangel

    Der Kinderarzt kritisiert vor allem, dass die politisch Verantwortlichen die Lieferprobleme des Biontech-Impfstoffs nicht öffentlich thematisierten. "Ich erwarte von den Politikern und unserem Bundestagsabgeordneten, dass sie kommunizieren, dass kein Impfstoff da ist", sagt Dr. Grunert, "es kann nicht an den Ärzten hängen bleiben, dass sie den Leuten sagen: wir haben keinen Impfstoff." Keiner mache darauf aufmerksam, dass die Zahl der Erstimpfungen auch deshalb nur langsam steigen würde, weil der passende Impfstoff fehle.

    Grunert bemängelt auch, dass es im Bundesgesundheitsministerium, das für die Beschaffung der Impfstoffe zuständig sei, keinen telefonischen Ansprechpartner für Ärzte gebe, sondern bloß eine Corona-Bürgerhotline. Den früheren Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kritisiert Dr. Grunert dafür, dass er nicht genügend Biontech-Impfstoff besorgt hat.

    In den USA mehr Krankenhauseinweisungen von Kindern wegen Omikron

    Für die Fünf- bis Elfjährigen hingegen, denen die Stiko unter anderem im Falle einer Vorerkrankung eine Impfung empfiehlt, habe Dr. Grunert noch genug des speziell für Kinder hergestellten Biontech-Impfstoffs, der nur ein Drittel der regulären Wirkstoffmenge habe. Ob er von diesem Impfstoff aber die benötigten Mengen weiterhin erhalten könne, werde sich erst Anfang Januar zeigen.

    In den USA gebe es, so Dr. Grunert, wegen Omikron schon deutlich mehr Krankenhauseinweisungen von Kindern im Vergleich zu Infektionen mit der Delta-Variante und Studien zufolge könnten auch Kinder von Long Covid betroffen sein.

    Impfen ist ein großer Planungsaufwand für Ärzte, der nebenbei laufen muss

    Bei der Nördlinger Kinderärztin Dr. Sigrid Scharrer-Bothner ist die Lage ähnlich. Auch sie erhielt diese Woche nur zwei Fläschchen Biontech - bestellt hatte sie zehn Fläschchen für zwei Ärzte. Für kommende Woche ist sogar nur ein Fläschchen angekündigt. Die Nachfrage ist unterdessen auch in ihrer Praxis sehr hoch. "Unser Bedarf an Impfstoff beträgt ungefähr das Zehnfache dessen, was wir bekommen", sagt sie. Das bedeute, dass sich die Impftermine im Kalender hinausziehen würden oder dass die Patienten ins Impfzentrum gehen müssten, wobei viele lieber von ihr geimpft werden wollten.

    Dr. Scharrer-Bothner spricht von einem "unglaublichen Planungsaufwand, den wir neben dem normalen Praxisalltag noch bewältigen müssen". Denn wenn nicht genügend Impfstoff geliefert werde, müsse das Praxisteam die Patienten anrufen und viele Termine verschieben. Oder sie versuche, von Arztkollegen in Nördlingen noch Impfstoff zu erhalten. Ihrer Meinung nach müsste man den Impfstoff unter den Fachärzten anders verteilen, denn Allgemeinärzte, die über 30-Jährige impfen, könnten auch auf einen anderen Impfstoff ausweichen, im Gegensatz zu Kinderärzten.

    Auch Frauenärzte in Nördlingen könnten mehr impfen

    Die Frauenarztpraxis Dr. Schaich und Dr. Hübner erhält derzeit drei Fläschchen (18 Dosen) pro Arzt und pro Woche. Damit reiche der Impfstoff für alle vereinbarten Termine bis Ende Januar, sagt Dr. Robert

    Die Stiko begründet ihre Empfehlung des Biontech-Impfstoffs für alle unter 30-Jährigen auf ihrer Website unter anderem damit, dass "es in dieser Altersgruppe Hinweise gibt, dass das Risiko des Auftretens einer Herzmuskel- und Herzbeutelentzündung" mit dem Biontech-Impfstoff geringer sei.

    Zwei Sonderimpftage für Kinder gibt es am 2. und 6. Januar in den Impfzentren im Landkreis, die Anmeldung dafür ist über die E-Mail-Adresse kinderimpfen@impfen-donau-ries.de möglich.

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