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Rockerkrieg in Ulm: Kugelhagel zum Frühstück: Bandido-Mitglieder vor Gericht

Rockerkrieg in Ulm

Kugelhagel zum Frühstück: Bandido-Mitglieder vor Gericht

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    Ein Mitglied der Rockerbande Bandidos steht in Ulm wegen versuchten Mordes vor Gericht. Er soll einen Angriff mit Schusswaffen auf das Haus des Chefs der verfeindeten Bande Rock Machine befohlen haben.
    Ein Mitglied der Rockerbande Bandidos steht in Ulm wegen versuchten Mordes vor Gericht. Er soll einen Angriff mit Schusswaffen auf das Haus des Chefs der verfeindeten Bande Rock Machine befohlen haben. Foto: Archiv/dpa

    Immer intensiver muss sich die Justiz mit der Bandenkriminalität im Ulm/Neu-

    Schwere Sicherheitsvorkehrungen

    Unter schweren Sicherheitsvorkehrungen begann gestern morgen um 8.30 Uhr die Verhandlung gegen den Mann, der den Schwurgerichtssaal an Händen und Füßen gefesselt in schwarzer Sportkleidung betrat und den ganzen Tag schwieg.

    Der Mann mit kurzem Irokesenhaarschnitt und Tätowierungen bis zum Hals ließ seinen Anwalt erklären, dass er die Vorwürfe der Staatsanwalt bestreite „Mein Mandant war weder Täter noch Teilnehmer der Geschehnisse in der Nacht zum 10. Mai 2011.“

    In dieser Nacht sollte es zu einem der bisherigen Höhepunkte der Auseinandersetzungen zwischen den spinnefeinden Rockergruppen Bandidos und Rock Machine MC gekommen sein, der in einer Tabledance Bar in der Ulmer Blaubeurer Straße ausgelöst wurde. Der Angeklagte habe dort mit vier dänischen

    Zufällige Begegnung mit Explosivkraft

    Es war eine rein zufällige Begegnung mit Explosivkraft. Es kam zu Provokationen mit anschließender Prügelei mit zahlreichen Verletzten. Flaschen und Barhocker flogen durch die Luft. Für die Schmähungen wollte sich der Angeklagte laut Ermittlungen der Staatsanwaltschaft rächen und beriet sich in gleicher Nacht mit anderen Mitglieder einschließlich des Präsidenten. Danach soll der Bosnier mit mindestens zwei Komplizen in früher Morgenstunde mit einem silbernen Geländewagen nach Wiblingen gefahren sein, wo der Präsident in einem stattlichen Haus wohnt.

    Dort stand gerade seine 39-jährige Freundin auf, um sich Kaffee zu machen und die vier Hunde zu versorgen. Um sechs Uhr sollte ihre Frühschicht in einem Seniorenheim beginnen, als ihr quasi Pistolenkugeln um die Ohren flogen. „ Ich dachte, da kommt eine Bombe angeflogen“, sagte sie gestern im Zeugenstand. Fensterscheiben zerbarsten, die Projektile der Neun-Millimeter-Waffe flogen durch die Wohnung. Der Angeklagte soll im Fahrzeug gewartet haben, während seine Begleiter in Richtung Wohnung und auf das Auto des Präsidenten schossen, das zudem mit einem Baseballschläger demoliert wurde, sodass ein Totalschaden entstand.

    In Ungarn festgenommen

    Zum Glück hielt die Wohnungstür den Fußtritten der Angreifer stand, die danach flüchteten, während die von Nachbarn alarmierte Polizei heranrückte. Der Angeklagte flüchtete in seine Heimat und konnte erst im Juni 2013 in Ungarn festgenommen und ausgeliefert werden. Die Haupttäter blieben lang Zeit unbekannt, bis die Freundin des Präsidenten doch noch auspackte und einen Namen nannte. Weitere Ermittlungen führten dazu, dass beide Bandenmitglieder festgenommen wurden und auf ihre Verhandlung warten.

    Ehemaliger Polizist baute Rockerclub auf

    Ausführlich schilderte ein auf das Rockermilieu spezialisierte Beamter der Kripo Ulm gestern, wie sich binnen weniger Jahre die Szene in und um Ulm von harmlosen Scharmützeln der früheren Ghostrider zu regelrechten Bandenkriegen zwischen den heutigen Rockerclubs entwickelten, bei denen es um die Vorherrschaft im Rotlichtmilieu handeln soll. Für die Eskalation habe auch der Mann gesorgt, an dem sich die Bandidos im Mai 2011 rächen wollten. Der ehemalige Polizist habe den „Rock Machine MC“ in Ulm aufgebaut, der in Kanada und den Staaten als sehr gefährlich und brutal eingestuft würde und sei den Bandidos in die Quere gekommen. Den Anschlag auf ihn bezeichnete der Experte als den Tag X für weitere schwerste Taten in Ulm und Neu-Ulm bis hin zu dem Mordfall, wo ein Sicherheitsunternehmer sein Leben ließ.

    Wo er denn während des Anschlags auf sein Haus war, fragte der Vorsitzende Richter den Rocker-Präsidenten gestern im Zeugenstand,. „ Ich habe gar nichts mitbekommen und weiß nur , dass die Polizei da war, weil da jemand rumgeballert hat“. Für die Ängste seiner Freundin, die ihn mittlerweile verlassen hat, zeigte der vor Gericht markig auftretende Rockerboss schließlich im Zeugenstand so etwas wie Verständnis:“ Das ist nicht alltäglich, dass man morgens Kaffee macht und man was um die Ohren bekommt“. Der Indizienprozess mit 41 Zeugen wird am Mittwoch, 4. Dezember um 8.30 Uhr im Schwurgerichtssaal des Landgerichts Ulm fortgesetzt. Insgesamt sind vorläufig sechs Verhandlungstage bis zum 8. Januar angesetzt.

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