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Kommentar: Deutschland nimmt Kurs auf eine Impfpflicht

Kommentar

Deutschland nimmt Kurs auf eine Impfpflicht

Stefan Lange
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    Es ist offensichtlich, dass Deutschland auf einen mindestens mittelbaren Impfzwang zusteuert.
    Es ist offensichtlich, dass Deutschland auf einen mindestens mittelbaren Impfzwang zusteuert. Foto: Sebastian Gollnow, dpa

    Nachdem der Impf-Zug zunächst flott Fahrt aufgenommen hatte und in der Corona-Pandemie endlich Licht am Ende des Tunnels zu sein schien, ist er in den letzten Wochen nahezu zum Stillstand gekommen. Offiziellen Angaben zufolge sind erst 61 Prozent der Gesamt­bevölkerung vollständig geimpft. Diese Zahl stagniert, auch Bratwürste und Theatertickets bringen die anderen nicht dazu, sich impfen zu lassen. Von den 80 Prozent plus, die nach Expertenmeinung für eine Herdenimmunität nötig sind, ist das Land noch weit entfernt.

    Experten aus dem Gesundheitsbereich hatten schon früh gewarnt, dass die Herdenimmunität nicht leicht zu erreichen sein wird. Professor Stefan Görres von der Uni Bremen etwa mahnte vor Monaten, dass dazu „eine absolute Meisterleistung in Sachen Kommunikationsstrategie seitens der Politik“ notwendig sei. Die Laien in der

    Zahl der Corona-Toten wird steigen

    Mittlerweile ist klar, dass sich Deutschland in einem Wettlauf befindet. Wenn die Herdenimmunität nicht bald hergestellt ist, wird im Herbst die Zahl der Toten und Infizierten wieder stark zunehmen. Viele Geimpfte dürften dann ihren Zorn an den Ungeimpften auslassen. Die unbedachte Äußerung von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, Geimpfte seien „Versuchskaninchen“, liefert einen Vorgeschmack auf das niedrige Debattenniveau, das zu erwarten ist.

    In das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit kann durch ein Gesetz eingegriffen werden. Eine Impfpflicht wäre grundsätzlich also machbar. Die Bundesregierung lehnt eine solche zwar offiziell ab, tut aber alles, um Zweifel an dieser Aussage zu säen und die Hintertür für eine

    Eine Impfpflicht wäre rechtlich machbar.
    Eine Impfpflicht wäre rechtlich machbar. Foto: Fabian Sommer

    Die Politik hat nach Monaten widersprüchlicher Kommunikation und immer neuer Flickenteppiche an Corona-Maßnahmen ihr Pulver offenbar verschossen und setzt zunehmend auf Zwang. Es wird inzwischen offen über weitere Vorteile für Menschen gesprochen, die geimpft oder genesen sind (2G). Hamburg hat das „2G-Optionsmodell“ bereits eingeführt, Baden-Württemberg denkt laut darüber nach. Einige Politikerinnen und Politiker phantasieren von einem Lockdown nur für Ungeimpfte.

    Deutschland steuert auf den Impfzwang zu

    Es ist offensichtlich, dass Deutschland auf einen mindestens mittelbaren Impfzwang zusteuert. Der jedoch lässt die große Schar der 40 Prozent Nicht-Geimpften alleine. Unter ihnen mögen einige Unbelehrbare sein. Aber eben auch viele, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können. Für die gar kein Impfstoff zur Verfügung steht, weil sie nicht alt genug sind. Die mehr nachvollziehbare Angst vor noch unbekannten Nebenwirkungen als vor den bereits bekannten Langzeitfolgen einer Corona-Infektion haben.

    Der Weg aus der Pandemie kann erfolgreich nur gelingen, wenn die Bevölkerung Vertrauen hat. Vertrauen in die Impfstoffe, in zukünftige Medikamente und in die Handlungen der Politikerinnen und Politiker in Bund und Ländern. Ein Impfzwang hingegen würde den Graben in der Gesellschaft nicht nur verbreitern, sondern unüberwindbar machen. Es wäre mit massiven Widerständen zu rechnen, die sogenannte Querdenker-Szene würde Zulauf bekommen, die Proteste würden gewalttätiger.

    Niemand kann ernsthaft die Absicht haben, dem ohnehin mächtigen Virus so viel Einfluss einzuräumen.

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