Unerwartet schnell verstarb Bruder Adalbert Scharpf am 9. Dezember in der Krankenstation der Erzabtei St. Ottilien. Noch einige Wochen vorher war er im Kloster unterwegs gewesen, wenn auch schon sichtlich geschwächt von seiner Krebserkrankung. Nach einem Sturz vor zwei Wochen kam er bettlägrig aus dem Krankenhaus zurück und verbrachte die letzten Tage in geistiger Klarheit und in Erwartung des Rufs des Herrn, teilte das Kloster mit. Bruder Adalbert stand im 87. Lebensjahr.
Bruder Adalbert kam am 18. Januar 1938 in Bad Wörishofen zur Welt. Er wuchs mit vier Geschwistern auf einem landwirtschaftlichen Anwesen auf. Nach der Volksschule wechselte er 1952 in das Lehrlingsheim in St. Ottilien, um „ins Kloster zu gehen“, wie er in seinem Aufnahmegesuch schrieb. Aufgrund einer leichten Gehbehinderung wurde ihm das Schneiderhandwerk als sitzende Tätigkeit angeraten. Bei der Entscheidung für St. Ottilien mag sein Onkel Pater Adalbert Scharpf (1919-2005) mitgewirkt haben, der 1946 in St. Ottilien seine Profess abgelegt hatte. Die ewige Profess legte er am 26. Juni 1960 ab.
Jeden Tag zog Bruder Adalbert auch die Postuniform über
Ab 1982 war Bruder Adalbert der Pforte zugewiesen, womit sich auch das Amt der Postzustellung in St. Ottilien verband. Als Postausträger war er täglich in offizieller Postuniform mit dem Fahrrad in St. Ottilien unterwegs. Da er dank seines Pfortendienstes jeden Gast persönlich kannte, konnte er sogar zuverlässig die sonst schwer zustellbare Post an Gäste austeilen. Ein weiterer Dienst war die Beherbergung von Obdachlosen, die von den Pförtnern verköstigt wurden. Dazu kam die morgendliche Reinigung des gesamten Eingangsbereichs.
Seine Begrüßung am Telefon war geradezu legendär
Bruder Adalbert besaß ein ausgezeichnetes Personengedächtnis, wohl vor allem dank seines Interesses an den Mitmenschen, deren Schicksale er oft geduldig in Gesprächen oder langen Telefonaten anhörte. Geradezu legendär war seine Begrüßung am Telefon: „Kloster Sankt Ottilien“, bei der er bereits Güte und Freundlichkeit spürbar werden ließ. So wurde er zu einem gefragten Seelsorger, zu dem Menschen zu jeder Tages- und manchmal auch Nachtzeit kamen, um ihr Herz auszuschütten. Dabei fand er auch zu Menschen, die im Umgang als eher schwierig eingestuft wurden, einen guten Zugang.
Sein Vorbild hatte er täglich vor Augen, nämlich den heiligen Klosterpförtner Bruder Konrad von Altötting, dessen Bild im Pfortenraum einen Ehrenplatz hatte. Obwohl sich Bruder Adalbert viel Zeit fürs Gespräch nahm, beherrschte er die Kunst des „Multitasking“, konnte nebenher mit einigen Worten noch weitere Mitbrüder und Gäste bedienen, Telefonanrufe verbinden, Messintentionen eintragen oder Briefe schreiben. (AZ)
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