Eine stärker auf Fisch und Meeresfrüchten basierende Ernährung würde im Vergleich zu konventionellem Fleischkonsum das Klima schonen und wäre zudem gesünder. Das berichtet ein Forschungsteam nach einem umfassenden Datenvergleich. Unter der Leitung von Friederike Ziegler von Schwedens staatlichem Research Institute rät es in Communications Earth and Environment, den Konsum solcher Nahrungsmittel gezielt zu fördern.
Der Konsum von Nahrung aus dem Meer steige, schreibt die international zusammengesetzte Gruppe und verweist auf die wachsende Erdbevölkerung und den zunehmenden Wohlstand. Demnach stellte der Verzehr von Meerestieren im Jahr 2017 etwa 17 Prozent des menschlichen Konsums an tierischem Protein.
„Es gibt deutliche Belege dafür, dass der gesundheitliche Nutzen von Meeresnahrung die potenziellen Risiken etwa durch Kontamination aufwiegt“, so das Team. So enthalten Meerestiere nicht nur viel Protein, sondern auch Omega-3-Fettsäuren sowie Inhaltsstoffe wie Vitamin D, Vitamin B3, Vitamin B12, Selen, Iod, Eisen, Zink und Phosphor.
Meerestiere haben eine bessere Klimabilanz als Schweinefleisch
Zwar wurden die Umweltfolgen des Konsums von Fleisch bereits wiederholt mit dem von Meerestieren verglichen, aber solche Analysen seien tückisch, so die Forscher. Denn zum einen sind Umweltfolgen komplex und reichen vom Flächenverbrauch bis hin zu Treibhausgas-Emissionen. Zum anderen sind Meerestiere äußerst vielfältig und umfassen neben Fischgruppen auch etwa Krebstiere und Muscheln, die je wieder wild gefangen oder in Aquakultur gehalten werden können.
Die Gruppe setzte bei ihren Analysen die klimaschädlichen Treibhausgas-Emissionen nicht in Bezug zur Masse eines Lebensmittels in Kilogramm, sondern zur Nährstoffdichte. Doch auch dies sei nicht einfach: Denn die Emissionen stehen stark mit den Produktionsbedingungen in Verbindung, und die Nährstoffdichte hängt auch davon ab, auf welche Inhaltsstoffe genau man sich bezieht.
Gemittelt, so heißt es in der Studie, hätten Meerestiere eine bessere Nährstoffdichte als Schweine-, Rind- und Hühnerfleisch und eine bessere Klimabilanz als zumindest Schwein und Rind. Allerdings variierten gerade bei den Emissionen die Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen von Meerestieren um mehr als den Faktor 10.
Die Emissionen bei wild gefangenen Fischen hängen demnach vor allem vom Treibstoffverbrauch ab, der wiederum mit der Art des Fischens und der Größe der Bestände schwankt. Ein Beispiel: Bei Thunfischen ist der Leinenfang wesentlich energieintensiver als bei den mit Netzen gefangenen Arten wie Gelbflossen-Thun und Bonito. Das beste Verhältnis zwischen Nährstoffeinheit und Emissionen haben demnach wild gefangene Lachsfische – etwa Buckellachs und Rotlachs –, kleinere fettreiche Fische wie Heringe, Makrelen und Sardellen sowie kultivierte Muscheln. Die seien aber nicht die meist-konsumierten Meeresbewohner, schreibt das Team und verweist etwa darauf, dass der Fang von Lachsfischen von den Beständen abhängt und kleinere Fische oft als Futter für Aquakulturen und Viehhaltung herhalten müssen.
Meeresnahrung enthält gesunde Nährstoffe wie Vitamin D und Vitamin B12
Im Gegensatz dazu wiesen etwa Krebstiere wie Krabben und Garnelen oder Kopffüßer wie Kraken eine geringere Nährstoffdichte auf und gingen mit hohen Emissionen einher. Während sich die Nährstoffdichte einzelner Arten kaum verändern lasse, könne man die Emissionsbilanz stark beeinflussen. Das Team verweist auf Technologien oder bei Aquakultur auf Haltungsbedingungen wie etwa das eingesetzte Futter.
Die größten ernährungsphysiologischen Vorteile der Meeresnahrung im Vergleich zu Fleisch basieren demnach auf dem Gehalt an Niacin, Vitamin D und vor allem Vitamin B12. Weiß(fleisch)fisch – etwa Kabeljau, Dorsch oder Karpfen – hat zwar eine ungünstigere Nährstoffdichte und Emissionsbilanz. Angesichts seiner herausragenden Bedeutung als Speisefische habe er jedoch eine bessere Bilanz als wilde Artgenossen. Die Forscher räumen aber ein, dass die Nährstoffdichte vieler Fische noch nicht bekannt ist und auch in welchem Maß der Körper die Stoffe verwerten kann.
Angesichts ihrer Resultate raten die Forscher dazu, Fischerei und Aquakultur klimafreundlicher zu gestalten und den Konsum von Meerestieren zu fördern. Dazu müsse man auch die Lebensmittelindustrie und den Handel mit ins Boot zu holen. Die bessere Kenntnis der Nährstoffwerte und eine entsprechende Kennzeichnung – wie von der EU-Kommission im Green Deal beabsichtigt – könnten eine bessere und gleichzeitig umweltfreundlichere Versorgung der Weltbevölkerung mit Lebensmitteln ermöglichen.
„Aus globaler Perspektive kann es sogar klug sein, die nähstoffreichsten Formen von Meeresnahrung in Bevölkerungen mit Mangelversorgung zu fördern, selbst wenn dies in höheren Emissionen resultiert“, heißt es. „Dagegen könnten Verbraucher in anderen Bevölkerungen bei der Auswahl der Produkte stärker auf die Emissionen als auf den Nährstoffgehalt achten.“