Die öffentlich-rechtlichen Sender sprechen gern von „Beitrag“. Was die offizielle Bezeichnung für den wenig beliebten Rundfunkbeitrag ist, aber eben auch etwas freundlicher klingt als Rundfunkgebühr. Auch „Beitragsservice“ klingt besser als Gebühreneinzugszentrale (GEZ) – wie es noch vor 2013 und der Umstellung auf eine Haushaltsabgabe hieß. Jeder Haushalt sorgt seitdem mit derzeit 17,50 Euro pro Monat dafür, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio Fernseh- und Hörfunkprogramme anbieten können. Unterm Strich kommen auf diese Weise mindestens 7,5 Milliarden Euro pro Jahr zusammen.
Erstmals seit fünf Jahren werden übrigens gerade die Daten aus den Einwohnermeldeämtern mit denen des Beitragsservices, der im Auftrag von ARD, ZDF und Deutschlandradio den Rundfunkbeitrag einzieht, abgeglichen – Stichtag ist der 6. Mai. So will man Schwarzseher erwischen. Diese könnten dann schon im Juli Post erhalten.
Der Verdruss, den es über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt, lässt sich ebenfalls exakt erfassen. Einer repräsentativen Civey-Umfrage zufolge, über die der Tagesspiegel am Sonntag berichtete, würden 42 Prozent der Befragten nichts für ihn zahlen. 19,4 Prozent können sich einen Betrag zwischen sechs und zehn, 13,7 Prozent zwischen einem und fünf Euro vorstellen. Die Meinungsforscher wollten wissen: „Wie viel würden Sie monatlich pro Haushalt für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bezahlen, wenn Sie selbst entscheiden könnten?“ AfD-Wähler seien mit 61,5 Prozent das größte Klientel der „Nichts-Zahlen-Woller“, Grünen-Wähler mit 24,3 Prozent das kleinste.
Weniger als die Hälfte der Deutschen findet den Rundfunkbeitrag angemessen
Kurz zuvor wurden Zahlen einer repräsentativen Forsa-Umfrage – im Auftrag der Mediengruppe RTL – bekannt. Demnach findet mit 48 Prozent nur knapp die Hälfte der Befragten, dass ARD und ZDF ihren Programmauftrag gut oder sehr gut erfüllen. Und nur 42 Prozent meinen, das Programm der Öffentlich-Rechtlichen sei besser als das der anderen Sender. Immerhin: 44 Prozent der Befragten halten den Rundfunkbeitrag für angemessen.
Dennoch sind es Zahlen, die den Sender-Verantwortlichen, die einen höheren Rundfunkbeitrag fordern, zu denken geben müssten. Dass der von 2021 an steigen dürfte, ist wahrscheinlich – allen Forderungen von Politikern nach massiveren Einsparungen zum Trotz. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) rechnete schon 2016 vor, dass der Beitrag auf rund 19 Euro steigen müsse, wenn sich an den Strukturen in den Sendern nichts ändere.
Auf Druck der Bundesländer haben ARD und ZDF daher vor einigen Monaten ein Reformkonzept vorgelegt. Die Sparvorschläge bezogen sich in erster Linie auf die Bereiche Verwaltung, Technik, Datenverarbeitung und Produktion. Auf diese Weise sollen bis 2028 1,3 Milliarden Euro gespart werden. Doch selbst inklusive der in der laufenden Beitragsperiode erwirtschafteten Überschüsse sowie vorhandener Rücklagen reicht das laut KEF nicht aus, um den Beitrag stabil zu halten. Sie geht nun sogar von einer Erhöhung um 1,70 Euro pro Monat auf 19,20 Euro ab 2021 aus.
Die KEF-Sachverständigen kritisierten unter anderem, dass die Sender nicht bei Programm und Personalkosten sparen wollten, und kündigten an, die Ausgaben für die Sportberichterstattung zu prüfen. Auch die Ministerpräsidenten forderten wiederholt stärkere Sparbemühungen. Die Reaktion darauf ließ nicht lange auf sich warten. SWR-Intendant Peter Boudgoust sagte am vergangenen Donnerstag: „Die Position der Länder ist, dass wir auch Vorschläge zur Reduzierung von Programm machen.“ Das sei aber nicht vereinbar mit „unserem Selbstverständnis“ und „dem Verständnis unseres Auftrages“. Alle Programme seien nachgefragt, alle Programme seien beauftragt vom Gesetzgeber.
BR-Intendant: Dass Sender sorglos mit dem Geld anderer umgehen, ist Stimmungsmache
Äußerungen vonseiten der KEF lösten innerhalb der Sender und ihrer Gremien Empörung aus. So forderte der Vorsitzende des Rundfunkrats des Bayerischen Rundfunks (BR), Lorenz Wolf, in einem Gastbeitrag für den Fachdienst „epd medien“ eine „ehrliche Debatte“. Dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk viel zu teuer sei und sorglos mit dem Geld anderer Leute umgehe, sei Stimmungsmache. Die Debatte dürfe nicht bei den Finanzen ansetzen, sondern müsse zwingend vom gesetzlichen Auftrag des Rundfunks ausgehen. Dieser besteht darin, ein frei zugängliches, vielfältiges Programm aus Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung zu bieten.
Wolfs Debattenbeitrag lässt sich in anderen Worten so zusammenfassen: Was soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk leisten? Und wie viel ist das der Gesellschaft wert?
Die unabhängigen Fachleute der KEF jedenfalls sollten sich, meint Wolf, auf „eine fachliche Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs“ der Sender beschränken – und nicht Programmangebote bewerten. Auch der Rundfunkrat des SWR oder der Verwaltungsrat des NDR begreift die Sparvorschläge als Eingriff in die Programmautonomie. Der Fernsehrat des ZDF forderte Intendant Thomas Bellut ausdrücklich auf, keine Vorschläge zur Beschränkung des Programmangebots zu unterbreiten.
ZDF muss sein Personal um zehn Prozent reduzieren
Das ZDF muss bereits aufgrund einer KEF-Vorgabe seinen Personalbestand bis Ende 2020 um rund zehn Prozent, also um rund 560 Stellen, senken. Weitergehende Einsparungen hätten laut Bellut Konsequenzen für die Programmqualität, weshalb sich „zurzeit seriös keine weiteren Maßnahmen identifizieren“ ließen. So sieht es auch Ulrich Wilhelm, BR-Intendant und seit Januar ARD-Vorsitzender. Er betont immer wieder, das umfassende öffentlich-rechtliche Angebot habe seinen Preis.
Das letzte Wort in der zunehmend heftig geführten Debatte über den Rundfunkbeitrag haben jedoch Medienpolitiker – wie die rheinland-pfälzische SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer in ihrer Funktion als Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder. Bei der letzten Sitzung der Kommission Ende Januar haben fünf Bundesländer, darunter Bayern und Baden-Württemberg, angekündigt, dass sie eine „Neufassung der Beauftragung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten“ wünschen.
Nach ihren Vorstellungen sollen die Sender von 2021 an ein Jahresbudget erhalten, aber in größerem Maße als bisher selbst bestimmen, wie sie diese Mittel einsetzen. Ein den Sendern zugewiesenes Finanzbudget, erklärte das Branchenmagazin Medienkorrespondenz, könnte zudem indexiert werden, „also beispielsweise in Höhe der jährlichen Inflationsrate ansteigen, sofern die KEF einen solchen Teuerungsausgleich für gerechtfertigt hielte“. Die Ministerpräsidenten wollen am 14. Juni darüber sprechen, heißt es.
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