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Rauhnächte: Rauhnächte: Wo das Jahr eine Zeitlücke hat

Rauhnächte

Rauhnächte: Wo das Jahr eine Zeitlücke hat

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    Die stillen Tage zwischen Weihnachten und Heilig-Drei-König mit den zwölf Raunächten laden zur Besinnung ein, vielleicht auch bei einem Winterspaziergang.
    Die stillen Tage zwischen Weihnachten und Heilig-Drei-König mit den zwölf Raunächten laden zur Besinnung ein, vielleicht auch bei einem Winterspaziergang. Foto: Thorsten Jordan (Archiv)

    Frau Griebert-Schröder, Sie schreiben seit Jahren schon Bücher über die Rauhnächte. Gab es ein Schlüsselerlebnis, das Sie dazu brachte, ihnen tiefer nachzuspüren?

    Griebert-Schröder: Als ich jung war, hat mir jemand über die Rauhnächte erzählt, dass es die Zeit des Orakelns ist und des Hineinspürens. Damals habe ich angefangen, in diesen zwölf besonderen Nächten meine Träume aufzuschreiben und jeden Tag aus dem Fenster zu schauen, um so etwas wie ein Omen zu suchen.

    Bei Bücher Pustet in Augsburg liegen 13 Titel über die Rauhnächte und ihre Rituale aus, viele davon Neuerscheinungen. Wie erklären Sie sich, warum so ein Hype ausgebrochen ist?

    Griebert-Schröder: Die Menschen suchen Zugang zu etwas, das jenseits der pragmatischen Alltagswelt ist. Etwas, was ihnen mehr Sinn, mehr Tiefe – oder zumindest mal eine Gelegenheit zum Innehalten und Atemholen – bietet. Die Rauhnächte laden ein, nachzufragen: Ist was dran an diesen alten Bräuchen und Geschichten? Kann das auch uns heute helfen?

    Was macht diese Zeit zwischen Weihnachten und Dreikönig so besonders?

    Griebert-Schröder: In dieser Zeit ist das Dunkle am stärksten. Am 21. Dezember haben wir ja die längste Nacht. Die Mythen, die sich darum spinnen, haben viel damit zu tun, das Licht im eigenen Innern zu bewahren und im Bewusstsein zu halten, dass es bald auch im Außen wieder zu sehen sein wird. Es ist eine Zeit der Stille und der Besinnung.

    Was meinen Sie damit, wenn Sie von einem „Spalt in der Zeit“ sprechen?

    Griebert-Schröder: Die Rauhnächte gehen zurück auf das Mondjahr, das mit 354 Tagen kürzer ist als das Sonnenjahr. Als man vom Mond- zum Sonnenjahr übergegangen ist, waren elf Tage und zwölf Nächte übrig – die heutigen Rauhnächte.

    Und solche kosmischen Differenzen spüren wir Menschen?

    Griebert-Schröder: Nicht so direkt. Aber es liegt ein Zauber über dieser Zeit, wenn man genau hinspürt. Diese Zeit „zwischen den Jahren“ hat beides: das Mondige und das Sonnige. Mein Mann und ich gehen am Heiligen Abend meist ganz lange in die Natur hinaus, vom Hellen in die Dämmerung. Das hat etwas Stilles. Auch die Natur scheint in dieser Zeit besonders still.

    Sie charakterisieren die Rauhnächte als eine Zeit der Reinigung…

    Griebert-Schröder: In dieser Zeit haben viele Firmen und Geschäfte zu, die Menschen haben Zeit. Die Rauhnächte bieten ihnen eine Möglichkeit des Rückzugs und der Besinnung. Es ist eine Gelegenheit, das Alte zu verabschieden und etwas Neues beginnen zu lassen. So reinigen wir uns vom Gewesenen, vielleicht Belastenden.

    In den Rauhnächten sollte man keine Wäsche waschen, alle Räder stillstehen lassen. Haben solche Bräuche immer noch Bedeutung?

    Griebert-Schröder: Wäsche waschen war früher eine schwere Arbeit. Der Brauch besagt letztlich: Die Rauhnächte sollten eine Zeit sein, wo sich alle ausruhen dürfen. So können wir uns fragen, was heute schwer ist für uns: Buchhaltung und Steuererklärung vielleicht. Solche Dinge können wir dann lassen, um einfach mal wieder ganz zu uns selbst zu kommen. Und die Räder, die stillstehen sollten – das könnten für uns heute die Hamsterräder in unseren Köpfen sein, das ewige Denken und Sorgen. Auch die sollten zur Ruhe kommen.

    Warum sollten wir uns Rituale für die Rauhnächte zurechtlegen?

    Griebert-Schröder: Rituale haben eine stärkende und stützende Kraft. Außerdem bringen sie uns ganz bewusst in den Moment – sie sind ein Innehalten im Alltäglichen. Damit passen sie besonders gut in die Rauhnächte, die ja traditionell ebenfalls eine Zeit außerhalb des Üblichen sind. Rituale können dabei ganz simpel sein: Jeden Abend eine Kerze anzuzünden und sich für ein, zwei Minuten bewusst mit ihrem Licht zu verbinden – das kann schon reichen.

    Warum soll man in den Rauhnächten das Haus räuchern?

    Griebert-Schröder: Nach altem Brauch werden Haus und Hof geräuchert, um alle alten Energien, alles Verbrauchte loszuwerden. Nach Neujahr oder zu Dreikönig kann man ebenfalls räuchern, jetzt aber eher mit der Intention, Neues zu sich einzuladen: Schönheit, Freude, alles, was das Herz berührt.

    Sie empfehlen ein Rauhnacht-Tagebuch. Was könnte darin stehen?

    Griebert-Schröder: Seit langer Zeit geht man davon aus, dass jeder Rauhnacht ein Monat des kommenden Jahres entspricht, also der ersten der Januar, der zweiten der Februar und so weiter. Vieles, zum Beispiel beim Wetter, ist in dem Monat dann ähnlich wie in der zugehörigen Rauhnacht. Das gilt auch für unsere Stimmungen oder für Themen, die uns bewegen. So können wir die Rauhnächte dafür nutzen, das Jahr schon ein wenig vorzubereiten, und entsprechende Impulse, Ideen oder auch Träume in einem Tagebuch notieren. Dieses Tagebuch kann dann ein Begleiter durch das ganze kommende Jahr sein.

    Sie freuen sich auf die Rauhnächte?

    Griebert-Schröder: Ja, es ist eine schöne Zeit, die uns Ruhe schenkt und Abstand vom Alltag. Eine Pause im Übergang von einem Jahr zum nächsten. Nicht zuletzt kann sie uns öffnen für das, was größer ist als wir selbst, und uns dabei wieder ein stärkeres Gefühl für die Sinnhaftigkeit unseres Lebens geben.

    Mehr über den Brauch der Rauhnächte lesen Sie hier: Rauhnächte: Datum, Bedeutung und Bräuche

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