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Allgäu-Orient-Rallye: Sechs Verwüstete auf großer Fahrt

Allgäu-Orient-Rallye

Sechs Verwüstete auf großer Fahrt

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    „Die Verwüsteten“ und eines ihrer Fahrzeuge: Teilnehmer der Allgäu-Orient-Rallye aus dem Landkreis Günzburg sind (von links) Lydia Müller, Achim Mißner, Stephanie Mißner, Klarissa Ganser, Holger Löchle und Ralph Mißner.
    „Die Verwüsteten“ und eines ihrer Fahrzeuge: Teilnehmer der Allgäu-Orient-Rallye aus dem Landkreis Günzburg sind (von links) Lydia Müller, Achim Mißner, Stephanie Mißner, Klarissa Ganser, Holger Löchle und Ralph Mißner. Foto: Jens Noll

    Eine grobe Route für die mehr als 2000 Kilometer lange Fahrt nach Istanbul hat Ralph Mißner schon im Kopf: „Österreich, Ungarn, Rumänien – und dann irgendwie querbeet“, sagt er. Auf ein Navigationsgerät dürfen sich der 28-Jährige und seine fünf Mitfahrer im Alter zwischen 25 und 44 Jahren nicht verlassen. Das ist ebenso verboten wie die Fahrt auf Autobahnen. Strenge Regeln herrschen bei der Allgäu-Orient-Rallye, die an diesem Samstag in Oberstaufen startet. Die Veranstalter umschreiben den Wettbewerb als eines der letzten automobilen Abenteuer. Außenstehende würden den Grundgedanken der Rallye eher als Schnapsidee bezeichnen.

    Mit Autos, die mindestens 20 Jahre alt sind oder nicht mehr als 1111,11 Euro kosten dürfen, fahren 111 Teams quer durch Europa nach Istanbul und von dort weiter nach Amman in Jordanien. Unterwegs müssen zahlreiche Prüfungen abgelegt werden, bei denen die Teilnehmer mit Einheimischen in Kontakt kommen sollen. Zudem müssen sie Geschenke und Hilfsgüter verteilen.

    Es gewinnt nicht das Team, das am schnellsten am Ziel ist, sondern das, welches die gestellten Aufgaben am besten erfüllt. Der Hauptpreis ist ein Kamel, das traditionell einer Beduinenfamilie geschenkt wird.

    „Die Kombination macht’s“, sagt Holger Löchle. „Man hat ein Abenteuer, einen sportlichen Reiz, und man tut den Leuten etwas Gutes.“ Der Fahrlehrer aus Jettingen bildet gemeinsam mit Ralph Mißner, Klarissa Ganser, Stephanie und Achim Mißner sowie Lydia Müller das Team „Die Verwüsteten“. Sie treten mit der Startnummer 97 an. Um für ihr Vorhaben Spenden und Geschenke zu sammeln, haben sie einen Verein mit demselben Namen gegründet.

    Statt in einen All-inclusive-Urlaub investieren „Die Verwüsteten“ heuer ihr Geld lieber in die Rallye. Die Organisatoren geben die Kosten pro Nase mit 2500 bis 3000 Euro an. Das Team aus dem Landkreis Günzburg hat sich zwei Mercedes-Kombis und einen Geländewagen von Ford gekauft. Alle Autos haben weit mehr als 200000 Kilometer auf dem Tacho. Nicht ohne Grund muss jedes Team mit mehreren Fahrzeugen antreten: Die Teammitglieder sollten selbst dann noch gemeinsam ins Ziel kommen, wenn ein Gefährt unterwegs den Geist aufgibt.

    Mit vollgepackten Autos fahren die Teams nach Jordanien, zurück kommen sie mit dem Flugzeug und ihrem persönlichen Gepäck. „Alles andere bleibt unten und wird gesammelt und gespendet“, erzählt Lydia Müller. Für sie wird die Rallye aus einem ganz persönlichen Grund eine riesige Herausforderung: Sie trägt eine Beinprothese.

    Die positiven Erfahrungen früherer Rallye-Teilnehmer haben Müller überzeugt, selbst mitzufahren. „Quer durch dieses Hinterland zu fahren wird spannend“, glaubt sie.

    Achim Mißner, der die Idee zur Teilnahme hatte, freut sich darauf, Orte zu sehen, die Touristen für gewöhnlich nicht zu sehen bekommen. „Da werden noch einige Überraschungen auf dem Weg lauern“, ist sich Klarissa Ganser sicher. Eine Aufgabe unterwegs wird zum Beispiel sein, mehr oder weniger nützliche Alltagsgegenstände bei der einheimischen Bevölkerung gegen Reispakete einzutauschen. Die Lebensmittel kommen später syrischen Flüchtlingen zugute.

    Achim Mißner ist überzeugt: „Das Landkartenlesen ist die größte Herausforderung.“ Und wenn im Nahen Osten irgendwann fremde Schriftzeichen auf den Straßenschildern stehen, sagt Mißner, „kommt der Kompass zum Einsatz“.

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