Ob auf dem Computer, der Konsole oder dem Smartphone – Kinder und Jugendliche verbringen viel Zeit mit Videospielen. 34 Prozent der Jugendlichen spielen täglich digitale Spiele, 22 Prozent spielen an Spieltagen mindestens 4 Stunden. Das geht aus aktuellen Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO zum Online-Verhalten Jugendlicher in Europa hervor.
12 Prozent der Jugendlichen sind demnach durch problematisches Spielverhalten gefährdet. Dabei zeigen Jungen häufiger Anzeichen für problematisches Gaming als Mädchen (16 Prozent gegenüber 7 Prozent).
Für Eltern mag das alarmierend klingen, und gerade wer selbst kein Gamer ist, kann manchmal schwer nachvollziehen, worin die Faszination liegt. Daniel Heinz, Leiter des Spieleratgeber-NRW, gibt Antworten auf wichtige Fragen.
Ab welchem Alter kann man ein Kind an Videospiele heranlassen?
«Das hängt immer davon ab, wie man es begleitet und, um was es sich handelt», sagt Heinz. Hektische Spiele mit schnellen Bildern seien nichts für Kinder unter fünf oder sechs Jahren. Und natürlich gibt es auch einige Genres, die für Kinder und junge Jugendliche grundsätzlich tabu bleiben sollten, darunter sogenannte Ego-Shooter.
Es gebe allerdings Spiele auf dem Markt, die man schon mit Drei- oder Vierjährigen in kurzen Intervallen spielen könne. Die Spiele müssen jedoch kindgerecht aufbereitet, also auch pausierbar sein. Außerdem sollte man kleine Kinder nie alleine vor ein Game setzen. «Im Vorschulalter darf nichts unbegleitet stattfinden», sagt der Sozial- und Medienspielpädagoge.
Wie viel Zeit vor der Konsole ist okay?
Endgültig beantworten lässt sich diese Frage nicht. Es gibt vielmehr verschiedene Richtwerte, an denen sich Eltern orientieren können. Bis zu einem Alter von fünf Jahren orientiert man sich laut Heinz in der Regel an bis zu einer halben Stunde Bildschirmzeit am Tag, bei sechs bis neun Jahren dann bis zu einer Stunde.
«Wenn sie älter werden, empfiehlt sich meistens, ein wöchentliches Zeitkontingent mit den Kindern oder Jugendlichen auszuhandeln», rät der Experte. Ähnlich wie beim Taschengeld lernen die Kinder und Jugendlichen dadurch, sich die Zeit einzuteilen.
Worauf sollten Eltern achten?
Sozialpädagoge Heinz empfiehlt, neben der Zeit vor allem auf die Motivation, die hinter dem Spielen steckt, zu achten. Eine Motivation könne sein, ob «das Gaming gebraucht wird, um irgendwelche real weltlichen Defizite zu kompensieren». Bleibt dieses Nutzungsverhalten über lange Zeit bestehen oder werden andere Dinge wie Hobbys oder Freunde und Familie vernachlässigt, «dann sollte man das Gespräch suchen oder sich Hilfe, zum Beispiel bei Erziehungsberatungsstellen, suchen», so Heinz.
Im Extremfall kann Gaming nämlich zur Sucht werden. Eine Computerspielstörung liegt allerdings erst vor, wenn verschiedene Anzeichen, darunter Kontrollverlust bezüglich der Spieldauer oder Interessenverlust an früheren Hobbys, über einen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten auftreten. Grundsätzlich hätten Kinder «ein Recht auf digitale Teilnahme, also auch auf Spielen und Gaming», sagt Heinz. Zugleich stellt er klar: «Aber es muss natürlich alles innerhalb von Grenzen stattfinden und die müssen Eltern stecken.»
Kann Gaming die Entwicklung von Kindern auch fördern?
«Das kann es auf jeden Fall fördern», bestätigt Heinz. Bei vielen Spielen können sich Kinder und Jugendliche mit anderen Spielern über Chat- oder Audionachrichten austauschen. In Gilden oder Clans in Videospielen lernt man, sich in einem sozialen Verbund zu verständigen, gemeinsam Strategien zu erarbeiten oder für das Team Verantwortung zu übernehmen.
Einige Games spielen zudem in anderen Epochen und Umgebungen und bieten Anreize, um sich etwa mit Geschichte auseinanderzusetzen. Auch Strategie- oder Lernspiele können Lernanreize in verschiedenen Themengebieten setzen.
Welche negativen Auswirkungen kann Gaming haben?
Eine Suchterkrankung ist, wie gesagt, der Extremfall. Doch problematisches Onlineverhalten kann auch andere psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen zur Folge haben, so die WHO.
Was Eltern auch wissen sollten: In einigen Computerspielen sind sensible Inhalte enthalten, die Kinder psychisch belasten können. Daher sollte man beim Kauf unbedingt auf die Alterskennzeichnungen achten oder sich vorher über die verschiedenen Spiele informieren.
Neben diesen sogenannten Inhaltsrisiken wisse man heute, dass es auch Interaktionsrisiken gebe, sagt Heinz. «Das heißt, es besteht die Möglichkeit, dass Kontakt zu Fremden zustande kommt, und es gibt Risiken für Mobbing», erklärt der Spieleratgeber. Aber auch Kostenfallen, etwa durch zusätzliche Inhalte, die für das Spiel gekauft werden können, sind ein mögliches Problem. Ebenso Bindungsfaktoren, also Mechanismen, die zum Vielspielen anregen.
Heinz hat noch einen Tipp: «Jugendschutzeinstellungen an den Spielgeräten können in vielen Fällen für mehr Sicherheit sorgen.» Er rät insgesamt zu «gelassener Skepsis». Also: immer hinschauen. Aber verrückt machen lassen solle man sich nicht.
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