Die Packung öffnen, ein Stäbchen in die Nase einführen - und kurz darauf ist das Testergebnis da: So funktionieren die neuen Corona-Selbsttests, die es seit Samstag bei den Discountern Lidl und Aldi zu kaufen gibt. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat mittlerweile schon für sieben solcher Laien-Tests sogenannte Sonderzulassungen herausgegeben. Für Verbraucher ist das ein großer Durchbruch, denn bisher durfte nur geschultes Personal Corona-Tests durchführen. Schnell- und Selbsttests würden Schritt für Schritt helfen, „ein Stück mehr Freiheit wieder zu haben“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Bundestag.
Seit Montag haben alle Bürgerinnen und Bürger auch einmal wöchentlich Anspruch auf einen kostenlosen, professionell durchgeführten Antigen-Schnelltest. Getestet werden soll in Testzentren und Apotheken, an der Umsetzung hapert es aber stellenweise noch: "Faktisch fehlt der Startschuss", sagte der Sprecher des Bayerischen Apothekerverbands, Thomas Metz, am Montagvormittag in München.
Antigen-Schnelltests gelten neben den Impfungen als ein wichtiger Baustein bei der Eindämmung der Pandemie. "Es gibt Modellierungen, dass eine Testung zwei Mal pro Woche die Anzahl der Ausbrüche um ungefähr 50 Prozent reduzieren kann", sagte die Virologin Sandra Ciesek zuletzt im NDR-Podcast "Coronavirus-Update". Aber wie läuft ein Test genau ab? Und kann man sich wirklich auf das Ergebnis verlassen?
Funktionsweise und Anwendung: Wie funktioniert ein Corona-Selbsttest?
Bei den Selbsttests handelt es sich um sogenannte Antigen-Schnelltests. Während bei PCR-Tests in Labors das Erbgut des Virus nachgewiesen wird, werden bei Antigen-Tests die Oberflächen der Viren erkannt. Dafür werden entweder Abstriche in der Nase genommen, oder Gurgel- und Spucktests durchgeführt.
Ist das Virus im Abstrich enthalten, reagieren Eiweißbestandteile mit dem im Test enthaltenen Teststreifen und eine Verfärbung wird sichtbar, ähnlich wie bei einem Schwangerschaftstest. Wichtig ist aber laut Robert-Koch-Institut, dass die Proben korrekt genommen werden. Jedem Test liegt deshalb eine Bedienungsanleitung bei, die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sorgfältig geprüft wurde.
Schnelltests und Selbsttests: Was ist der Unterschied?
Bei Selbst- und Schnelltests handelt es sich um Antigen-Tests. Selbsttests für Zuhause können in konkreten Alltagssituationen helfen, etwa bei Privatbesuchen. Sie müssen in Apotheken, Geschäften oder im Internet gekauft werden. Selbsttests funktionieren ganz ähnlich wie die Schnelltests. Der Unterschied: Sie werden selbst durchgeführt und die Probe wird mitunter aus dem vorderen Nasenbereich entnommen, während bei Schnelltests Proben aus dem hinteren Nasen- und Rachenbereich genommen werden. Selbsttests sind weniger zuverlässig als professionell durchgeführte Antigen-Schnelltests.
Corona-Selbst- und Schnelltests: Wie lange dauert es, bis man ein Ergebnis hat?
Nach etwa 15 Minuten ist ein Ergebnis sichtbar. Ein Antigen-Test führt also wesentlich schneller zu Ergebnissen als ein PCR-Test und ist zudem günstiger, da für die Auswertung kein Labor benötigt wird. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums muss ein positiver Selbsttest jedoch immer durch einen zusätzlichen PCR-Test bestätigt werden, da Antigen-Tests öfter falsch negativ oder falsch positiv sein können als PCR-Tests. Sie eignen sich also vor allem dafür, infizierte Personen schnell zu finden - etwa in der Schule oder vor größeren Veranstaltungen. Auch Gesundheitsminister Jens Spahn betonte, Selbsttests könnten Sicherheit in konkreten Situationen geben: "Bevor man eine Veranstaltung besucht, sich die Haare schneiden lässt oder ins Theater geht."
Wie sicher sind die Antigen-Schnelltests?
Nach einem positiven Selbst- oder Schnelltest besteht erst einmal nur der Verdacht, dass eine Corona-Infektion vorliegt.Eine positiv getestete Person soll sich deshalb nach Angaben des Robert-Koch-Instituts eigenverantwortlich in Quarantäne begeben und auf das Ergebnis eines zusätzlichen PCR-Tests warten. Außerdem muss der Hausarzt kontaktiert werden. Das RKI betont, dass auch ein negatives Testergebnis nur eine Momentaufnahme sei - und sich Getestete trotzdem weiter an die Hygieneregeln halten müssen.
In welcher Krankheitsphase erkennen Corona-Selbsttests eine Infektion?
Antigen-Tests sind beim Erkennen von Viren grundsätzlich weniger sensibel als PCR-Tests. Laut Robert-Koch-Institut schlagen Laien-Selbsttests nur an, wenn die Viruslast in den oberen Atemwegen sehr hoch sei. Eine solch hohe Viruslast besteht in der Regel ein bis drei Tage vor sowie fünf bis sieben Tage nach dem Auftreten von Symptomen.
Corona-Selbsttest kaufen: Was sind die Kosten?
Die Selbsttests, die es seit Samstag bei den Discountern Lidl und Aldi zu kaufen gibt, kosten zwischen 4,40 und 5 Euro pro Stück. Bei Lidl gibt es die Tests im Fünferpack online für knapp 22 Euro, bei Aldi gibt es fünf Tests für 25 Euro an der Kasse zu kaufen. Die Tests waren am Samstag jedoch schnell ausverkauft. Lidl kündigte an, künftig auch Tests in den Filialen zu verkaufen.
Kostenlose Schnelltests auch in den Apotheken?
Kostenlose Corona-Schnelltests sind in vielen Apotheken am Montag nicht verfügbar gewesen - trotz der Ankündigung des Bundes, ab diesem Datum allen Bürgern einen wöchentlichen Schnelltest zu bezahlen. "Wir warten zur Stunde noch auf die Veröffentlichung der geänderten Corona-Testverordnung im Bundesanzeiger", sagte der Sprecher des Bayerischen Apothekerverbands, Thomas Metz, am Montagvormittag in München. Es fehle Klarheit darüber, wie viel der Bund den Apotheken pro Schnelltest bezahle. Laut der Coronavirus-Testverordnung des Gesundheitsministeriums sollen Apotheken, Hausärzte und Testzentren die für Bürger kostenlosen Schnelltests mit den örtlichen kassenärztlichen Vereinigung abrechnen.
Wie viele Apotheken in den kommenden Tagen kostenlose Schnelltests anbieten, sei nicht seriös abschätzbar, betonte Metz. Der Deutsche Apothekerverband rechne bundesweit mit zehn Prozent aller Apotheken. "Wir brauchen aber einen eigenen Raum und eine eigene Fachkraft samt Schutzausrüstung für diese Tests", sagte Metz. "Das ist nichts, was man nebenbei machen kann."
Welche Erfahrungen gibt es im Ausland mit Selbsttests?
In Österreichs Schulen gehören zweimal wöchentlich durchgeführte Antigen-Selbsttests bereits zum Alltag. Mit einer Zuverlässigkeit von 40 Prozent sind die Tests allerdings nicht besonders genau. Es sei jedoch besser, Tests mit einer geringen Zuverlässigkeit durchzuführen, als gar keine Tests, betonte der österreichische Bildungsminister Heinz Faßmann zuletzt. Ab 1. März verteilt die Regierung außerdem flächendeckend Selbsttests an ihre Bürger: Jeder Österreicher, der vor 2006 geboren ist, kann monatlich fünf der sogenannten Wohnzimmer-Tests in der Apotheke abholen.
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