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Foto: Heike John
Foto: Heike John

Bestatter Manfred Kobarschik ist von den neuartigen Zellulose-Särgen überzeugt.

Aichach-Friedberg
08.11.2021

Bestattungen im Wittelsbacher Land: Der letzte Weg soll individueller werden

Von Heike John

Der Wunsch nach Einzigartigkeit, Umweltbewusstsein und steigender Mobilität macht sich auch bei Begräbnissen bemerkbar. Bestatter aus dem Landkreis berichten.

Die Form der Bestattung gewinnt immer mehr an Bedeutung, denn immer mehr Menschen suchen nach einer persönlichen Form des Abschieds von ihren verstorbenen Angehörigen. Wie die Bestatter ihr Angebot an diese Nachfrage anpassen.

Manfred Kobarschik, der erst im Frühjahr mit seinem Bestattungsdienst Paartal in Kissing startete, setzt gerne auf neue Trends. Auch der ökologische Aspekt spielt mitunter eine Rolle. Als Alternative zu den einfachen Feuersärgen aus Holz bietet er darum aus Zellulose gefertigte Särge. Einige der Modelle aus Pappe im bunten Design, etwa mit roten Rosen, hat er in seinem Schauraum ausgestellt.

„Die meisten Leute kennen diese Alternative noch nicht, darum spielt die Beratung eine große Rolle. Gerade weil die Hinterbliebenen sich durch die Trauer in einer Ausnahmesituation befinden, möchte ich sie unterstützen und ihnen alle Möglichkeiten aufzeigen“, sagt Kobarschik. Egal welches Design man wählt, der Preis im unteren Segment bleibe gleich, der Sarg sei leichter und verbrenne schneller, so der Kissinger Bestatter.

Särge aus heimischem Holz

Zugelassen sind die Zellulosemodelle lediglich für Einäscherungen. Für Erdbestattungen dürfen in Deutschland ausschließlich Holzsärge verwendet werden. Ob die Kartonagesärge tatsächlich umweltfreundlicher in der Herstellung sind und die Verbrennung CO2-ärmer vonstatten geht, darüber scheiden sich die Geister. Bestatter Stefan Böhm hält die Modelle der „Tetrapacks“, wie er sie nennt, vor allem auch aufgrund der mangelnden Konservierungsmöglichkeit und der Gewichtsbeschränkung noch für unausgereift und ökologisch nicht zu Ende gedacht. In seine Niederlassungen, Räume in Friedberg kamen im Juli diesen Jahres dazu, setzt er verstärkt auf Hölzer aus heimischen Wäldern statt auf Billigsärge aus der Ukraine oder aus Polen. In der Anschaffung seien die Zellulosesärge teurer.

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Foto: Catrin Weykopf (Archivfoto)
Foto: Catrin Weykopf (Archivfoto)

Auch wenn auf dem Land noch die Traditionen hochgehalten werden, so gibt es auch in kleinen Orten wie Eurasburg Urnengräber.

Das bestätigt Sandra Schleicher-Gutenthaler. Die Bestatterin aus Mering verzeichnet bei ihrem Kundenkreis keine große Nachfrage für die Pappvariante. „Wir sind hier auf dem Land und da werden auch noch viel mehr die Traditionen hochgehalten“, weiß sie aus jahrzehntelanger Erfahrung. In den umliegenden kleineren Dörfern sei sogar die Feuerbestattung mit Urnenbegräbnissen oft noch überhaupt kein Thema. „Die Nachfrage nach Zellulosesärgen ist noch nicht sehr groß“, hat auch Rainer Haupt vom Kissinger Krematorium festgestellt. Die Zeit dafür sei wohl noch nicht reif, glaubt er. Zellulose sei nur dann umweltfreundlicher, wenn dafür die Reste von Bäumen verwendet werde, lautet seine Meinung. Für den Verbrennungsvorgang spiele es jedoch bei den hohen Temperaturen keine Rolle, ob Holz zugeführt werde oder nicht.

Die Schweiz bietet viele Alternativen für Bestattungen

Eine steigende Nachfrage nach alternativen Bestattungsformen stellt Bestatter Stefan Böhm fest. Mit seinen vier Niederlassungen in Welden, Haunstetten, Göggingen und Friedberg hat er auch den Unterschied zwischen Stadt und Land vor Augen. „Gerade im städtischen Bereich wollen die Leute oft weg von Friedhofszwängen“, sagt er. Eine See- oder Naturbestattung sei immer mehr gefragt, darum wählen viele den Weg in die Schweiz, wo unzählige Möglichkeiten der Bestattung zugelassen sind, etwa in einem Gebirgsbach. „Für Seebestattungen arbeite ich auch mit einer Reederei am Mittelmeer zusammen“, sagt Böhm.

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Foto: Tom Trilges
Foto: Tom Trilges

Auf dem Friedberger Friedhof Herrgottsruh sind Baumbestattungen möglich. Sie ist deutlich teurer als traditionelle Urnen- oder Erdbestattungen.

Baumbestattungen sind in Friedberg, aber auch im Augsburger West- und Ostfriedhof möglich, informiert Sandra Schleicher-Gutenthaler. Sehr gut angenommen werde nach der Erfahrung des Meringer Bestattungsdienstes Schleicher aber auch die Baumurnenerdgräber unter der Trauerweide auf dem neuen Friedhof in Mering.

Diese Grabstätte zieht mit um

Und noch eine Neuheit hat Manfred Kobarschik in Kissing zu bieten, die aufgrund der zunehmenden Mobilität der Hinterbliebenen interessant sein könnte. Neuerdings gebe es auch Urnenstelen für Erdgräber. Diese auf einem Sockel befindliche Stele könne auf ein erworbenes oder bereits bestehendes Grab aufgesetzt werden und biete den Vorteil, im Falle eines Umzugs abgebaut und an anderer Stelle wieder aufgebaut werden zu können. Diese Möglichkeit müsse man sich von der jeweiligen Friedhofsverwaltung jedoch genehmigen lassen, so Kobarschik.

Dass im Frühjahr dieses Jahres durch eine Änderung der Bayerischen Bestattungsverordnung die Sargpflicht gelockert wurde, hat in unserem Landkreis so gut wie keine Bedeutung. Weder in Mering noch in Kissing oder in Friedberg wurden bisher Bestattungen im Leichentuch ohne Sarg vorgenommen. Dieser Beisetzungsritus sei nur aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen zugelassen und liege in der Entscheidung der Kommunen, informiert der Friedberger Stadtwerke-Chef Holger Grünaug. Muslimische Mitbürger bevorzugten jedoch nach wie vor die Überführung in das Heimatland.

Bestatter beraten die Hinterbliebenen

Genauso wie die Bestattungsform ist auch die Bestattungsfeier einem Wandel unterworfen. Die Tendenz gehe weg von der kirchlichen zur weltlichen Trauerfeier, bestätigt Stefan Böhm, der selbst auch Trauerredner ist. Wer den Abschied von seinem Angehörigen nicht mehr in der Kirche begeht, müsse alternative Räumlichkeiten zum geräumigen Gotteshaus suchen. In dieser Beziehung stehe man vor allem in Mering vor einem großen Problem, da auch die Leichenhäuser der beiden Friedhöfe nur sehr begrenzt Platz böten, so Sandra Schleicher-Gutenthaler. Bei einem Todesfall gelte es, viele Möglichkeiten und Varianten zu bedenken. Manfred Kobarschik rät deshalb dazu, Berührungsängste zu überwinden und sich bereits im Vorfeld bei verschiedenen Bestattern unverbindlich zu informieren.

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