Gibt es eine zweite Chance für Bebauung an der Augsburger Straße?
Das Baugebiet am Meringer Ortseingang ist im Gemeinderat gescheitert. Sehr zum Unverständnis vieler Bürger. Doch ist rechtlich überhaupt eine Wiederaufnahme möglich?
Wohnen, Flächen für kommunale Projekte und vor allem eine neue Bleibe für den Edeka - das hätte das Baugebiet am Meringer Ortseingang geboten. Der Gemeinderat lehnte es jedoch grundsätzlich ab, das Projekt weiterzuverfolgen. Mit dieser Entscheidung tun sich viele Meringerinnen und Meringer schwer. Das liegt auch daran, dass das gesamte Thema bisher nur nicht öffentlich behandelt wurde und dass das Projekt mit 11:11 Stimmen denkbar knapp gescheitert ist. Unsere Redaktion erklärt mithilfe von Christian Schweiger, Kommunalaufsicht am Landratsamt Aichach-Friedberg, die rechtlichen Hintergründe - auch was eine mögliche Wiederaufnahme des Projekts angeht.
Um was geht es bei dem Baugebiet nördlich der Augsburger Straße in Mering?
Das Vorhaben betrifft die unbebauten Flächen am Meringer Ortseingang, von der B2 kommend auf der linken Seite der Augsburger Straße. Diesen rund fünf Hektar großen Bereich hat der Markt Mering für die Ortsentwicklung ins Auge gefasst. Aktueller Anlass ist die Notlage des Edeka Kowalski. Dieser braucht mehr Platz und am jetzigen Standort läuft der Mietvertrag aus. Neben dem Supermarkt wären Wohnbaugrundstücke vorgesehen gewesen. Und der Markt Mering hätte sich eine große Fläche für Gemeindeprojekte wie etwa eine dritte Grundschule oder ein Mehrgenerationenwohnen vorbehalten.
Das Ergebnis 11:11 ist eigentlich eine Pattsituation. Warum ist der Beschluss damit abgelehnt?
Dass Beschlüsse knapp ausfallen, ist laut Schweiger keine Seltenheit, und das Gesetz ist hier eindeutig: Art. 51 Abs. 1 Satz 2 der Gemeindeordnung besagt, dass bei Stimmengleichheit der Antrag abgelehnt ist.
Ist es zulässig, dass ein Thema von so großem öffentlichen Interesse in nicht öffentlicher Sitzung behandelt wird? Und falls nicht: Ist der Beschluss dann überhaupt gültig?
Grundsätzlich müssen die Beratungen und Beschlussfassungen eines kommunalen Gremiums öffentlich erfolgen. Das gilt jedoch laut Schweiger nur, so weit nicht Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder auf berechtigte Ansprüche Einzelner entgegenstehen. Ein Geheimhaltungsinteresse aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit liegt laut der Kommunalaufsicht immer dann vor, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits konkret erkennbar ist, dass andernfalls ein schwerwiegender Schaden für die Gemeinde entstehen kann. Dies sei zum Beispiel dann der Fall, wenn die Kommune bei einer Öffentlichkeit der Sitzung den Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit nicht wahren könnte, weil mangelnde Vertraulichkeit zu einer Verteuerung führen könnte. "Berechtigte Ansprüche Einzelner" sind rechtlich geschützte oder anerkannte Interessen. Ein solches Interesse kann darin bestehen, zu vermeiden, dass persönliche oder wirtschaftliche Verhältnisse bekannt werden, an denen die Allgemeinheit kein berechtigtes Interesse hat und deren Bekanntgabe für den Einzelnen nachteilig sein könnte. "Ist einer dieser Tatbestände im Einzelfall erfüllt, ist das kommunale Gremium nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, einen Beratungsgegenstand in nicht öffentlicher Sitzung zu behandeln", betont Schweiger. Ein Ermessensspielraum bestehe nicht.
Wenn eine Mehrheit im Gemeinderat beschließt, ein Thema nicht öffentlich zu behandeln, obwohl die Bedingungen dafür nicht gegeben sind, wären die dort gefassten Beschlüsse aber dennoch wirksam, erläutert Schweiger. In der entscheidenden Sitzung in Mering hatte Bürgermeister Florian Mayer die Beratungen nicht öffentlich angesetzt, weil dabei unter anderem der Ankaufspreis für die Grundstücke festgelegt werden sollte, wie er gegenüber unserer Redaktion erklärte. Der Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan hätte dann in einer späteren Sitzung öffentlich erfolgen sollen.
Über 1200 Menschen fordern per Unterschriftenliste, dass sich der Gemeinderat noch einmal mit dem Baugebiet befassen soll. Aber darf dieser das Thema nach dem ablehnenden Grundsatzbeschluss überhaupt noch einmal auf die Tagesordnung setzen?
Ja - unter bestimmten Voraussetzungen. Häufigste Begründung in solchen Fällen ist, dass neue Erkenntnisse zu einem Thema vorliegen. Eine neue Erkenntnis kann etwa sein, dass die Kosten eines Projekts massiv den geplanten Ansatz übersteigen. In Mering hatte Altbürgermeister Hans-Dieter Kandler beispielsweise mehrfach über sein immer wieder abgelehntes Wunschbaugebiet am Kapellenberg abstimmen lassen, für das er - als neue Erkenntnis - immer wieder veränderte Planungen vorlegte. Sein Nachfolger Florian Mayer äußerte sich bei der Unterschriftenübergabe am Edeka-Markt zuversichtlich, dass sich solche neuen Erkenntnisse auch für das Baugebiet nördlich der Augsburger Straße herstellen lassen.
Laut der Kommunalaufsicht gäbe es rechtlich auch noch einen anderen Weg. Art. 46 Abs. 2 Satz 3 GO besagt demnach, dass der Gemeinderat auch unverzüglich einzuberufen ist, wenn es ein Viertel der ehrenamtlichen Gemeinderatsmitglieder schriftlich oder elektronisch unter Bezeichnung des Beratungsgegenstands verlangt. Aus dieser Vorschrift folge zwar kein Anspruch der Antragsteller auf eine inhaltliche Behandlung des von ihnen bezeichneten Beratungsgegenstandes und erst recht nicht auf eine sachliche Beschlussfassung, wohl aber ein Recht auf eine kurze Begründung und Erläuterung.
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