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Foto: Barbara Würmseher
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In Rain sind die ersten Flüchtlinge aus der Ukraine im ehemaligen Blumenhotel angekommen. Sie haben viel hinter sich, bis sie hier erstmal für einige Wochen bleiben können.

Rain / Kreis Donau-Ries
23.03.2022

Dankbarkeit und Zuweisungschaos: Flüchtlingshilfe läuft durchwachsen

Von Barbara Würmseher

Am Mittwoch treffen die ersten Ukrainer im Blumenhotel in Rain ein. Doch die Aufnahme der Flüchtlinge läuft chaotisch. Landrat Rößle zieht die Reißleine.

Mittwochvormittag am Blumenhotel in Rain: Monatelang hat das Haus nach seiner Schließung leer gestanden. Jetzt herrscht dort rege Geschäftigkeit. Ehrenamtliche des neu gegründeten Rainer Helferkreises warten vor der Eingangstüre, Mitarbeiter des Unternehmens treffen letzte Vorbereitungen, Dolmetscher stehen bereit und offizielle Vertreter von Stadt und Kirche kommen vorbei. Sie alle wollen helfen, doch dass das gar nicht so einfach möglich ist, zeigt sich dieser Tage auf ekatante Weise.

Das Blumenhotel ist die erste neu geschaffene Sammelunterkunft für Ukrainer in der Region. Kurz nach 10 Uhr hält ein großer Bus vor der Einfahrt. Darin sitzen 50 Menschen, die aus den Kriegswirren der Ukraine geflüchtet sind - vor allem Frauen und Kinder. Ein Familienvater und ein älterer Herr sind darunter. Seit Tagen sind sie unterwegs, schlafen in Behelfsräumen und sind voller Ungewissheit. Vorübergehend finden sie im Blumenhotel ein Zuhause. Dort sind alle Räume perfekt hergerichtet.

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Foto: Barbara Würmseher
Foto: Barbara Würmseher

Erich Hopf hat mit viel Liebe zum Details das ehemalige Blumenhotel hergerichtet, damit Flüchtlinge sich willkommen fühlen und wohlfühlen können.

Yvonne Steiner von der Ausländerbehörde des Landratsamts begrüßt die Ankommenden. Sie hat eine Liste mit den Namen und verteilt die Flüchtlinge in einer gut koordinierten Aktion. Alles verläuft unaufgeregt. "Wir rufen die Menschen einzeln als Familien auf", schildert sie, "dann werden sie nach einem Belegungsplan auf die Zimmer verteilt. Wir möchten die Kapazitäten gut ausnutzen und die Angehörigen sollen natürlich zusammenbleiben."

Während sie die Formalitäten erledigt, stehen Ehrenamtliche parat, um Koffer auf Gepäckwagen zu laden, darunter Landratstellvertreterin und Zweite Bürgermeisterin Claudia Marb wie auch Stadtrat Florian Riehl. Bürgermeister Karl Rehm ist ebenfalls vor Ort, er ist selbst Mitglied des Helferkreises. Auch Stadtpfarrer Jörg Biercher ist da.

Zuweisung der Flüchtlinge wird für den Kreis Donau-Ries zum Chaos

Während die Ankunft der ersten ukrainischen Gäste im Blumenhotel reibungslos verläuft, gestaltet sich die Zuweisung weiterer Flüchtlinge in den Landkreis chaotisch. Eigentlich sollten am Dienstag um 22 Uhr zwei Busse mit rund 100 Ukraine-Flüchtlingen in Donauwörth ankommen - tatsächlich waren es elf Menschen in einem Bus, der traf erst gegen 0.30 Uhr ein und die Insassen wollten eigentlich nach Braunschweig. 50 Helfer hatten sich bis dahin schon stundenlang die Beine in den Bauch gestanden. Ein Zustand, den das Landratsamt Donau-Ries als "Zuweisungschaos" beschreibt. Vorbereitetes Essen musste entsorgt werden. "Diese chaotischen Umstände gefährden die Motivation der Helferinnen und Helfer in höchstem Maße", heißt es in einer Pressemitteilung.

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Bereits bei der ersten Ankunft lief vieles ärgerlich: Für 18. März war im Landratsamt die Ankunft von drei Bussen mit 150 Personen angekündigt. Eingetroffen ist ein Bus mit 50 Personen, der Verbleib der weiteren Busse konnte nicht geklärt werden.

Verständigung mit den Geflüchteten in Rain läuft - wenn auch schwierig

Wieder in Rain läuft es mit der Verständigung zwar noch schwierig, doch sowohl unter den Sicherheitsleuten befindet sich eine Deutsch-Ukrainerin, als auch Mitbürger aus Rain hergebeten wurden, die dolmetschen können. Auf diese Weise behilft man sich auch mit Polnisch und Russisch. Anna Römer ist eine von ihnen, sie ist vor 30 Jahren aus Kasachstan nach Rain gekommen.

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Foto: Barbara Würmseher
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Als die ersten Ukraine-Flüchtlinge am Mittwoch im Blumenhotel ankommen, sind auch Rains Bürgermeister Karl Rehm (links) und Stadtpfarrer Jörg Biercher bei der Begrüßung da. Stadtrat Florian Riehl (Zweiter von links) wartet mit einem Gepäckwagen, um Koffer ins Hotel zu bringen.

Die Ankömmlinge sind blass und wirken verschreckt, traurig, erschöpft. Dennoch sind die meisten angetan von der schönen Unterkunft. "Keine Baracke", sagt eine junge Frau staunend. Sie hatte Schlimmstes befürchtet. Eine Rentnerin, die mit Schwiegertochter und Enkelin die Flucht nach Deutschland angetreten hat, kämpft mit den Tränen. "Spasibo" - Danke - sagt sie immer wieder. "Für den Moment sind wir angekommen", sagt sie. Was sie und ihre Landsleute nun erst einmal brauchen: Ruhe.

Landrat Stefan Rößle lehnt es aktuell ab, weitere Flüchtlinge aufzunehmen

Landrat Stefan Rößle hat sich an den Bayerischen Innenminister Joachim Herrmann und an Regierungspräsidenten Erwin Lohner gewandt und dringende Unterstützung gefordert, damit diese "unberechenbaren angekündigten Bustransfers so nicht weitergeführt werden".

Sein Vorschlag: Busse aus Berlin oder einem sonstigen außerbayerischen Standort könnten zunächst ins Ankerzentrum nach Augsburg geleitet werden, damit von dort ein Weitertransfer zu üblichen Geschäftszeiten organisiert wird. Die Registrierung der Flüchtlinge sei mittlerweile bereits vor Ort im Landratsamt möglich. Rößle hat in seinem Schreiben zum Schutz der Hilfskräfte - bei allem Verständnis für die Situation – darauf verwiesen, dass unter diesen Umständen weitere Zuweisungen an den Landkreis Donau-Ries abgelehnt werden.

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Foto: Barbara Würmseher
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Vor dem ehemaligen Blumenhotel in Rain ist ein Rondell in den ukrainischen Landesfarben bepflanzt - nur einer von vielen Willkommensgrüßen.

Rößle kritisierte auch, dass für die Verteilung der Schutzsuchenden von Berlin aus das Bundesamt für Güterverkehr zuständig sei, wo es doch um Menschen in Not gehe. Dieses habe wiederum die Deutsche Bahn beauftragt, die mit Einsatz von Subunternehmern die Transporte durchführe. Die Busfahrer seien nicht in der Lage, den Behörden, die sie ansteuern, verlässliche Informationen zur Anzahl der Personen oder zur Ankunftszeit zu geben. Dies sei eine Situation, die man sie sich in einem Land wie Deutschland, "eigentlich gar nicht vorstellen kann".

Über die aktuellen Entwicklungen im Ukraine-Konflikt informieren wir Sie hier im Live-Ticker.

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