Wann und wo sie ihren ersten offiziellen Leichtathletik-Wettkampf bestritt, das weiß sie nicht mehr. Dass sie einst als Teilnehmerin bei den Olympischen Sommerspielen in Sydney dabei sein wollte, das fällt Andrea Feldengut hingegen schnell wieder ein. Besser bekannt unter ihrem Geburtsnamen „Walper“ schwelgt das ehemalige schnelle Mädchen aus Unterbechingen knapp zweieinhalb Jahrzehnte nach ihren größten Erfolgen in unzähligen sportlichen Erinnerungen. Als Mitglied beim FC Gundelfingen und der LG Donau-Brenz gehörte sie als Sprinterin in Bayern und Süddeutschland lange Zeit zu den besten ihrer Zunft.
Auch Fußball oder Reiten waren interessant
Dabei hätte Andrea Walper eigentlich Fußballerin oder Reiterin werden wollen. Aus beiden Vorhaben wurde allerdings nichts. „Das Reiten war zu teuer, das Fußballspielen ließ Vater Josef nicht zu. Und das, obwohl Ende der 1980er-Jahre in Unterbechingen eine Mädchen-Fußballmannschaft gegründet wurde. „Mädle, dös isch nix für Di“, erinnert sie sich an das Vorurteil, welches der Papa damals über den Frauenfußball hatte. Weil er gleichzeitig wusste, wie gut die Tochter bei den Bundesjugendspielen in der Schule vor allem im 50-Meter-Lauf und im Weitsprung war, fuhr er mit ihr zum Leichtathletik-Training nach Gundelfingen. Auch Mutter, Oma und Opa mussten damals Fahrdienste übernehmen, damit „Klein Andrea“ von ihren Übungsleitern Monika und Kurt Schweizer immer wieder gefordert werden konnte.
Mit Erfolg, denn schnell entwickelte sich Andrea Walper zu einer Ausnahmeläuferin bei den Schülerinnen, als Jugendliche und später bei den Damen. Der Lohn dafür waren etliche Teilnahmen bei Bayerischen-, Süddeutschen- und Deutschen Meisterschaften. Über 100 Meter erreichte sie eine Bestzeit von 11,5 Sekunden, die sie damals von einer Teilnahme an den Olympischen Spielen 2000 in Sydney träumen ließen. Es blieb beim Traum. Unvergessen sind für Andrea Feldengut ihren zahlreichen Starts in großen Arenen, wie zum Beispiel im Müngersdorfer Stadion in Köln oder im Frankfurter Waldstadion. Ein ganz besonderes Ereignis sei für sie ein Ländervergleichskampf in Brixen gewesen, als sie für das bayerische Auswahlteam zum Einsatz kam und sich mit Athletinnen aus Südtirol, Tirol, der Schweiz oder der Provinz Emilia-Romagna im Wettkampf messen durfte.
Von der LG Donau-Brenz wechselte Andrea Walper für einige Zeit zur LG Staufen, einer Leichtathletik-Gemeinschaft in Ostwürttemberg. Bei den süddeutschen Meisterschaften in Walldorf wurde sie Meisterin über 800 Meter und Zweite über 400 Meter. „Dabei war ich gelernte Sprinterin“, lacht die Unterbechingerin, die froh war, als sie nach ihrem württembergischen Intermezzo bei diesen Titelkämpfen wieder das Trikot der LG Donau-Brenz überstreifen konnte. Plötzlich war bei ihr wieder die Lockerheit da. „Zuvor war ich etwas zu verbissen“, gesteht sie ein.
Zurück in Gundelfingen
Wieder in Gundelfingen gelangen Andrea Walper nicht nur als Einzelsportlerin gute Laufzeiten, ganz wichtig waren für sie die Erfolge mit dem Team in der Staffel. Ihre ehemaligen Kolleginnen, mit denen sie 2002 zur „Mannschaft des Jahres“ im Landkreis Dillingen von den Leserinnen und Lesern unserer Zeitung gewählt wurde, würde sie gerne wieder einmal treffen und hofft, dass vielleicht die ehemaligen Trainer diesbezüglich was organisieren können.
Seit 2013 ist Andrea Feldengut mit Ehemann Christian verheiratet. Das Interesse zur Leichtathletik hat bei ihr sukzessive nachgelassen. Ob sie bei den diesjährigen Olympischen Sommerspielen in Paris Wettbewerbe im TV anschauen wird, weiß sie nicht. „Vielleicht die Staffelrennen“, lacht sie. Mit Namen in der aktuellen Leichtathletik-Szene deutschland- und weltweit kenne sie sich nicht gut aus. Eine Gina Lückenkemper, die vor knapp zwei Jahren in München Europameisterin wurde, sagt ihr dann aber doch etwas.
Längst steht bei Andrea Feldengut die Familie im Mittelpunkt. Die ältere der beiden Töchter widmet sich voll und ganz der Musik, die jüngere tanzt Rock ´n´ roll bei den Lolli-Pops in Gundelfingen. Wenn sie diese ins Training fährt, kommen bisweilen Erinnerungen an ihre Zeit in der Gärtnerstadt hoch. Auch an winterliche Tage, an denen sie oft alleine im Stadion auf der Laufbahn trainierte und vor dem ersten Sprint mit den eigenen Händen die Anlage vom Schnee befreien musste. Beim Nordic Walking, Radeln und seit vergangenen Sommer beim Rudern in Lauingen hält sich die 46-Jährige sportlich fit. Sofern es die Zeit für die Mutter zweier Kinder erlaubt. „Zum Rudern bin ich durch meinen Mann gekommen“, ist sie ihm dankbar, dass sie eine neue Sportart kennenlernen konnte, für die sie sich in der Jugend nicht interessierte.
Am Geschehen in Unterbechingen interessiert
Politisch engagiert sich die ehemalige Leichtathletin nicht viel, „aber an den Demonstrationen in Dillingen und Lauingen für mehr Vielfalt und gegen Hass und Hetze habe ich schon teilgenommen“, verrät Andrea Feldengut. Das Dorfgeschehen in Unterbechingen interessiert sie natürlich auch: „Zu den Bürgerversammlungen im Dorf gehe ich meistens hin“, zwinkert sie mit ihren dunklen Augen und ergänzt, dass man sie auch schon mal angesprochen habe, ob sie nicht als Gemeinderätin kandidieren wolle. Sie habe abgesagt, weil sie weiß, dass man als Mutter und berufstätige Frau nicht auf zu vielen Hochzeiten tanzen kann. So wie beim Sport: Fußballspielen in einer Mädchenmannschaft, dazu noch eventuell auf einem Pferd durch die Landschaft reiten und Woche für Woche auf den Leichtathletik-Bahnen in der Region sein Lauftalent zu untermauern, das wäre wohl des Guten zu viel gewesen.