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Berlin: Dillingen legt großen Auftritt in Berlin hin

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Dillingen legt großen Auftritt in Berlin hin

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    Der Festakt im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestags wurde per Live-Stream übertragen – ein Novum in der Geschichte der Ulrichs-Stiftung ebenso wie die Übergabe des Ulrichs-Preises in der Hauptstadt.
    Der Festakt im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestags wurde per Live-Stream übertragen – ein Novum in der Geschichte der Ulrichs-Stiftung ebenso wie die Übergabe des Ulrichs-Preises in der Hauptstadt. Foto: Marcus Merk

    Dann eben in Berlin. Zweimal musste die Verleihung des Europäischen St.-Ulrichs-Preises an Bundesentwicklungsminister Gerd Müller in Dillingen wegen Corona verschoben werden. Deshalb gibt es an diesem Mittwochabend ein Novum in der Geschichte der Ulrichs-Stiftung. Eine Delegation um den Stiftungsvorsitzenden Leo Schrell reist in die Hauptstadt, um dem CSU-Politiker den Ulrichs-Preis zu überreichen. Dazu gehören auch Altbürgermeister Herbert Seger und seine Frau Sonja aus Durach im Allgäu, dem Wohnort des Ministers. „Gerd Müller hat diese Auszeichnung verdient, weil er mit seiner Arbeit einen international bedeutenden Beitrag für soziale Gerechtigkeit leistet“, sagt der Altbürgermeister.

    Erstmals wird der Festakt per Live-Stream übertragen

    Die Zeremonie findet in einem schlicht anmutenden Saal im Paul-Löbe-Haus des Bundestags statt, in dem sich gewöhnlich Abgeordnete zu Ausschusssitzungen treffen. Ein Kamerateam überträgt den Festakt per Live-Stream, das hat es in der Geschichte der Ulrichs-Stiftung ebenfalls noch nicht gegeben. Anfangs kommt dadurch Spannung auf, dass Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble beim Start der Übertragung noch nicht da ist. Bischof Bertram Meier bezeichnet Müller in seinem Einsatz für die Menschen in ärmeren Länder dieser Welt als „Humanist und Christ“. Auch jüngst habe der Minister wieder deutliche Worte gefunden, indem er klargestellt habe: „Wir besiegen die Corona-Pandemie weltweit oder gar nicht.“ Der Preisträger sei „ein Aushängeschild“ für den Ulrichs-Preis, und die Verleihung sei mehr als eine Zeremonie. „Aktivisten sind gefragt“, betont der Kuratoriumsvorsitzende.

    Gute Laune nach der Preisverleihung beim Eintrag in die Goldenen Bücher der Stadt und des Landkreises Dillingen: (von links) Fabian von Koeding (Büro Müller), Ulrichs-Preisträger Gerd Müller, Stiftungs-Schatzmeister Wolfgang Schneck, Stiftungsvorsitzender Landrat Leo Schrell, Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, Oberbürgermeister Frank Kunz und Bischof Bertram Meier.
    Gute Laune nach der Preisverleihung beim Eintrag in die Goldenen Bücher der Stadt und des Landkreises Dillingen: (von links) Fabian von Koeding (Büro Müller), Ulrichs-Preisträger Gerd Müller, Stiftungs-Schatzmeister Wolfgang Schneck, Stiftungsvorsitzender Landrat Leo Schrell, Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, Oberbürgermeister Frank Kunz und Bischof Bertram Meier. Foto: Marcus Merk

    Stiftungsvorsitzender Leo Schrell erinnert an das jüngste Buch des Ministers, in dem er ein radikales Umdenken angemahnt hat. Der CSU-Politiker fordert seit Jahren, die Fluchtursachen in den Entwicklungsländern zu bekämpfen und sich für eine gerechte Globalisierung einzusetzen. „Gerd Müllers Maxime lautet: Der Starke hilft dem Schwachen“, betont Schrell. Müllers Handeln sei von einem christlichen Menschenbild und Grundwerten wie Gleichberechtigung und Toleranz getragen. Der Landrat sagt, dass sich der Landkreis Dillingen angesichts von Flüchtlingsdramen auf dem Mittelmeer und in Lagern seiner moralischen Verpflichtung bewusst sei und „ganz sicher zugewiesene Menschen gerne und auf der Grundlage unserer christlichen Werte aufnehmen würde“. Um 18.34 Uhr ist es schließlich so weit. Schrell überreicht dem Minister die Urkunde. Oberbürgermeister Frank Kunz übergibt die Ulrichsmedaille und Stiftungs-Schatzmeister Wolfgang Schneck einen Scheck über 10.000 Euro. Das Preisgeld wird der Minister in den Bau einer Schule in Togo stecken.

    Gut gelaunt: Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hielt die Laudatio.
    Gut gelaunt: Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hielt die Laudatio. Foto: Marcus Merk

    Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, der als damaliger Bundesfinanzminister 2016 in Dillingen den Ulrichs-Preis bekommen hat, hält eine launige Lobrede auf den Entwicklungsminister. Es brauche Vorbilder wie Gerd Müller: „Seine Tatkraft verbindet er mit der Vision einer gerechten Globalisierung, in der das vereinte Europa eine Partnerschaft mit den ärmeren Ländern vorantreibt – auf Augenhöhe und auf der Grundlage verbindlicher sozialer und ökologischer Mindeststandards“, wie Schäuble betont. Dies sei das Gegenteil einer „Globalisierung der Gleichgültigkeit“, vor der Papst Franziskus warne. Der CDU-Politiker zeichnet den Weg des gebürtigen Krumbachers „vom Bauernbub zum Bundesminister“ nach. Müller sei es gelungen, mit der ihm eigenen Hartnäckigkeit 50 Prozent der deutschen Textilbranche dafür zu gewinnen, sich sozialen und ökologischen Standards in der gesamten Lieferkette zu verpflichten. Das Textilsiegel für fair gehandelte Kleidung habe sich inzwischen etabliert.

    Dillingens Oberbürgermeister Frank Kunz (links) übergab dem Minister die Ulrichsmedaille. Rechts Landrat Leo Schrell.
    Dillingens Oberbürgermeister Frank Kunz (links) übergab dem Minister die Ulrichsmedaille. Rechts Landrat Leo Schrell. Foto: Marcus Merk

    Das vom Bundestag beschlossene Lieferkettengesetz wertet Schäuble als größten Erfolg Müllers. Es soll die Ausbeutung von Mensch und Natur in Entwicklungsländern verhindern und dabei auch die Kinderarbeit beenden. Es nimmt Unternehmen in die Pflicht, in ihren Lieferketten auf die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards zu achten. Der Minister habe zudem dafür gesorgt, dass weniger über, sondern mit Afrika gesprochen werde – und einen „Marshallplan mit

    Gerd Müller: Ich bin total bewegt

    Der neue Ulrichs-Preisträger ist nach der Preisverleihung sichtlich gerührt. „Ich bin total bewegt“, sagt Müller. Angesichts der vielen Lobesworte sei ihm die Sache fast ein wenig peinlich. Der Entwicklungsminister, der im Herbst sein Amt aufgeben wird, formuliert auch bei diesem Festakt eine klare Botschaft. Müller sagt: „Eine Welt ohne Hunger ist möglich, was fehlt, ist der politische Wille.“ Wenn jetzt gehandelt werde, könne man das in zehn Jahren hinbekommen. Zu den aufmerksamen Zuhörern zählen auch die Bundestagsabgeordneten Volker Ullrich und Ulrich Lange (Nördlingen), der an diesem Abend noch einen viel beachteten Auftritt an anderer Stelle hat. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion spricht vor dem Untersuchungsausschuss zur Pkw-Maut, dort ist Lange der Obmann von CDU und CSU.

    Nach dem Festakt herrscht gelöste Stimmung – bei Dillingens Rathauschef Frank Kunz aber auch ein wenig Bedauern, dass Minister Müller im Herbst im Bundestag aufhören wird. „Der CSU wird solch eine charismatische Persönlichkeit fehlen.“ Die Ulrichs-Preisverleihung klingt bei einem festlichen Abendessen im Restaurant des Bundestags aus. Auch dort spricht Müller wiederholt über sein Anliegen, in Entwicklungsländern gerechte Löhne zu zahlen. Wenn für die Herstellung einer Jeans, die im Laden 50 bis 100 Euro kostet, sechs statt fünf Dollar bezahlt werde, mache das hier niemandem etwas aus. Der eine Euro könne aber andernorts den Lebensunterhalt sichern, erläutert der 65-Jährige.

    Sie ziehen an einem Strang: Gerd Müller und seine Frau Gertie Müller-Hoorens. Landrat Leo Schrell überreichte ihr Blumen.
    Sie ziehen an einem Strang: Gerd Müller und seine Frau Gertie Müller-Hoorens. Landrat Leo Schrell überreichte ihr Blumen. Foto: Marcus Merk

    Gertie Müller-Hoorens hat ihren Mann auf vielen seiner mehr als 40 Auslandsreisen begleitet. „Diese Begegnungen mit den Menschen waren für uns eine unglaubliche Bereicherung“, sagt sie. Es sei nötig, dass die Globalisierung fair und gerecht zugehe. Die Entwicklung, so Müller-Hoorens, dürfe man nicht dem Markt überlassen. Die Verleihung des Ulrichs-Preises habe sie „sehr beeindruckt“.

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