Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) lässt am Mittwoch keinen Zweifel daran: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss reformiert werden, und zwar spürbar. Zum Auftakt des dreitägigen Branchentreffs Medientage München sagt er: Es müssten beitragsfinanzierte Hörfunkprogramme und TV-Spartenkanäle reduziert, Sportrechte gedeckelt und Verwaltungsausgaben gesenkt werden. Zudem sei es wichtig, dass presseähnliche Texte in den Onlineangeboten von ARD, ZDF und Deutschlandradio beschränkt werden. Denn: „Wir brauchen Zeitungen.“ Beitragsfinanzierte Texte als Konkurrenz zu diesen, das sei „nicht gut“. Söder verweist auf neue Studien mit dem Ergebnis: Wo privat finanzierte Zeitungen verschwinden, wachsen die Extreme an. Sein Fazit: „Diese Reformen sollten wir machen, dann können wir über mehr reden.“
Söder: „Wenn alle Maß halten müssen, dann, finde ich, kann es der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch tun“
Was Söder mit „mehr“ meint, folgt gleich danach: „Ich finde: In die jetzige Landschaft passt eine Beitragserhöhung nicht.“ Es gehe darum, erst einmal Strukturen zu verändern, darum, „lieber bisschen oben“ zu sparen. Ob er damit die Gehälter der Intendantinnen und Intendanten meint? Die ARD hatte sie am Montag veröffentlicht: Demnach erhielt BR-Chefin Katja Wildermuth im vergangenen Jahr exakt 340.267 Euro an Jahresbezügen, hinzu kamen 5.521 Euro an Sachbezügen. Damit rangierte sie an vierter Position im Gefüge der neun Landesrundfunkanstalten und der Deutschen Welle. Am meisten erhielt im Jahr 2023 Tom Buhrow vom WDR: insgesamt 427.800 Euro.
Deutlicher wird Söder nochmals an anderer Stelle. Zum erkennbaren Missmut der im Publikum vor ihm sitzenden Intendantin des Bayerischen Rundfunks Wildermuth sagt er: Eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 58 Cent auf 18,94 Euro pro Monat und Haushalt ab Anfang 2025 sei für ihn ausgeschlossen. „Beitragserhöhung jetzt und dann Reformen machen“, das sei für ihn „keine Logik“.
Sollten die Sender vors Bundesverfassungsgericht ziehen, komme die Beitragserhöhung zum Jahreswechsel nicht, wäre das für ihn jedenfalls keine Stärkung der demokratischen Legitimation, sagt er – denn man würde auf diese Weise die für die Erhöhung zuständigen Landtage bewusst umgehen. „Wenn alle Maß halten müssen, dann, finde ich, kann es der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch tun.“
Söders starke Worte leiten das Finale einer aus medienpolitischer Sicht selten spannenden Woche ein. Es geht um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, und die ist vielerorts gerade Gesprächsstoff: unter Beitragszahlern genauso wie unter Medienschaffenden, bei Branchenverbänden wie „der“ Politik. An diesem Donnerstag beraten die Regierungschefinnen und -chefs der Länder in Leipzig auf ihrer Jahreskonferenz über ihren Entwurf für einen Reformstaatsvertrag und damit über eine tiefgreifende Reform von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Am Freitag könnten sie ihre Entscheidung präsentieren. Möglicherweise auch die zur Zukunft des Rundfunkbeitrags, der eigentlich steigen soll – so hatte es die unabhängige Expertenkommission KEF empfohlen. Es sind höchst umstrittene Themen, hinter den Kulissen ist seit Wochen einiges los.
Wildermuth: „Jetzt geht es einfach darum: Hält sich die Politik an die rechtsstaatlichen Verfahren?“
Umstritten sind die Themen auch auf den Medientagen München, einem führenden Branchentreff in Europa mit mehr als 5000 Teilnehmenden. Am Mittwoch beginnt die Großveranstaltung nach der Eröffnung durch Gastgeber Thorsten Schmiege, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), dank Söders Auftritt gleich mit einem Showdown. Etwas später als der Ministerpräsident kommt BR-Intendantin Wildermuth auf die Bühne.
Söder fordert von den Öffentlich-Rechtlichen seit Monaten massive Änderungen und Einsparungen, spricht sich vehement gegen einen höheren Rundfunkbeitrag aus. Wildermuth ist davon alles andere als begeistert. Am Mittwoch wiederholt sie fast wortgleich, was sie bereits im Gespräch mit unserer Redaktion sagte. Dieser sagte sie also kürzlich: „Die Länder haben ein klar geregeltes Verfahren aufgesetzt: 16 hochrangige, unabhängige Experten prüfen nach der Bedarfsanmeldung ein Jahr lang unsere Bücher und sprechen dann eine Empfehlung über die Beitragshöhe aus, die zur Bestätigung in die Länderparlamente kommt.“ Danach baute sie mehr oder minder subtil etwas Druck auf: „Ich gehe davon aus, dass sich die Länder an das von ihnen selbst eingesetzte Verfahren halten – gerade in diesen Zeiten, in denen es immer lautere Stimmen gibt, die demokratische Regularien infrage stellen.“
Am Mittwoch wird auch die BR-Intendantin deutlicher, aus dem Fernduell Söder–Wildermuth ist ein offener Schlagabtausch geworden. Seit 2009, sagt sie, sei der Rundfunkbeitrag gerade einmal um 40 Cent gestiegen: „40 Cent in 15 Jahren!“ Und, nun in Richtung Söders: Das Verfahren zur Findung und Festlegung der Rundfunkbeitragshöhe hätten sich die Länder ausgedacht, es stehe im Gesetz. „Jetzt geht es einfach darum: Hält sich die Politik an die rechtsstaatlichen Verfahren?“ Es ist weniger eine Frage, es ist eine gezielte Spitze. Bei Söder ist die Botschaft angekommen. Für seine Kolleginnen und Kollegen im Kreis der Länderchefinnen und -chefs hat er eine ganz andere. Die große Frage aber wird nun sein: Werden sie sich einigen können? Es braucht schließlich Einstimmigkeit.
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