Auf Schloss Kaltenberg zum Interview-Termin erscheint er mit einem Dreitagebart, seine dunklen Haare sind nach hinten gekämmt. Eine gewisse Ähnlichkeit zu seinem entfernten Verwandten ist kaum zu leugnen. Wird er also oft auf den Märchenkönig Ludwig II angesprochen? "Eigentlich nur, wenn die Menschen schon wissen, wer ich bin", sagt Ludwig Prinz von Bayern. Er selbst gibt nicht viel auf diese Vergleiche. "Ich glaube, die Leute wollen unbedingt diese Ähnlichkeit sehen."
Ludwig Prinz von Bayern ist ein Ururenkel des letzten bayerischen Königs Ludwig III. und dritter in der Erbfolge der Wittelsbacher. Doch wie lautet die korrekte Anrede für ihn? "Für mich ist von Herr Bayern bis Königliche Hoheit alles in Ordnung", sagt er. Letztere werde durchaus noch genutzt, wenn er das Haus Wittelsbach offiziell vertritt.
"Ich beziehe das aber nicht auf meine Person." Vielmehr verstehe er dies als Wertschätzung gegenüber seiner Familiengeschichte. Die Wittelsbacher zählen schließlich zu den bedeutendsten Adel-Dynastien Europas und stellten über Jahrhunderte nicht nur in Bayern zahlreiche Herrscher. Im Alltag stellt sich der 38-Jährige jedoch schlicht mit dem Namen "Ludwig Bayern" vor – ohnehin scheinen Allüren oder Eitelkeiten dem Prinzen fremd zu sein.
Der Prinz von Bayern hatte eine relativ normale Kindheit
Auf Schloss Kaltenberg nahe Landsberg habe Ludwig Prinz von Bayern eine "relativ normale" Kindheit gehabt. "In einer Republik wächst ein Prinz eben so auf, wie sich seine Eltern das wünschen", sagt er. Er besuchte das Rhabanus-Maurus-Gymnasium in St. Ottilien (Kreis Landsberg) und später ein Internat in London. In erster Linie, um sein Englisch zu verbessern. "Ich konnte Sprachen nie gut aus Büchern lernen." Als Jugendlicher begeisterte er sich außerdem für Computer und absolvierte nach der Schulzeit vor allem aus Interesse am Völkerrecht ein Jura-Studium.
Viel mehr gibt Ludwig Prinz von Bayern über sein Privatleben nicht preis – sein Beziehungsstatus ist tabu. "Ich denke, ich habe Interessanteres zu erzählen", sagt er. Zum Beispiel über seine Arbeit als Entwicklungshelfer. Nachdem er im Schloss Nymphenburg bei München auf seine repräsentativen Aufgaben als künftiges Oberhaupt der Wittelsbacher vorbereitet worden war, verschlug es ihn nach Afrika.
Der Prinz baut eine IT-Schule in Afrika
Er bezeichnet es als "großes Glück", dass er noch die Freiheit habe, etwas anderes machen zu können. Schon in seiner Jugend sei er viel gereist: "Dabei habe ich gesehen, dass es in der Welt große Unterschiede gibt, die eigentlich nicht da sein sollten." Besonders geprägt habe ihn ein Trip in Ostafrika – als Backpacker. "Es war beeindruckend, mit den Menschen dort direkt in Kontakt zu treten. Ich habe Frauen getroffen, die jeden Tag 20 Kilometer gehen müssen, um für ihre Familien sauberes Trinkwasser zu holen."
Seit 2014 verbringt Ludwig Prinz von Bayern jedes Jahr mehr Zeit im ostafrikanischen Staat Kenia als in seiner Heimat. Momentan baut er in Turkana County, einer der ärmsten Regionen Afrikas, eine IT-Schule auf. "Die meisten Menschen haben dort keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und Elektrizität. Die Mehrheit wohnt in einfach gebauten Strohhäusern", sagt er. Für die "Learning Lions", wie das rund 1,2 Millionen Euro teure IT-Projekt genannt wird, entsteht derzeit ein neuer Campus, der bis 2023 Platz für rund 500 junge Kenianerinnen und Kenianer bieten soll.
Ludwig Prinz von Bayern zeigt sich in der Öffentlichkeit gerne in bayerischer Tracht
Die Idee hinter "Learning Lions": Den Menschen vor Ort eine Perspektive zu geben – ohne dass sie ihre Heimat und Bräuche zurücklassen müssen. "Es ist sozusagen das afrikanische Pendant zu dem, was wir in Bayern unter ,Laptop und Lederhose‘ verstehen", sagt Ludwig Prinz von Bayern, der sich in der Öffentlichkeit selbst gerne in bayerischer Tracht zeigt.
Der Freistaat sei in dieser Hinsicht ohnehin so etwas wie ein Vorreiter: "Wir pflegen ein tolles Kulturleben, haben uns aber gleichzeitig zu einem Technologieland entwickelt." Erst vor wenigen Wochen ist der 38-Jährige von seinem letzten siebenmonatigen Aufenthalt in Turkana zurückgekehrt. Einige Zeit schlief er dort – wenig königlich – auf einem einfachen Bettgestell unter freiem Himmel. Ein starker Kontrast zu seinem Leben in Bayern, den er jedoch kaum noch spürt: "Man gewöhnt sich daran. Der Mensch braucht viel weniger zum Leben, als er glaubt."
Zweiter "Löwenmarsch" für Afrika findet am Wochenende statt
Das Projekt "Learning Lions" wird unter anderem von der bayerischen Staatskanzlei finanziell gefördert – viel Geld kommt jedoch auch von privaten Unterstützern. Vor einem Jahr organisierte Ludwig Prinz von Bayern erstmals einen "Löwenmarsch": In 24 Stunden legte er 100 Kilometer zwischen Schloss Kaltenberg und Schloss Hohenschwangau zu Fuß zurück. 250 Teilnehmer begleiteten ihn, rund 80.000 Euro kamen für sein IT-Projekt zusammen.
Am Samstag und Sonntag wird der Spendenlauf unter dem Motto "Wander’ oder spende für Afrika!" wiederholt. Um 14 Uhr werden deutlich mehr Menschen in der Kaltenberger Arena losmarschieren, als bei der Premiere. "Wegen der Corona-Krise dürfen leider nur 500 Menschen mitwandern", sagt Ludwig Prinz von Bayern. Das Limit sei inzwischen erreicht.
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