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Foto: Matthias Becker
Foto: Matthias Becker

So wie in dieser gestellten Szene geht es auch an echten Tatorten zu: Der Kriminaldauerdienst ist meist als erster vor Ort und sichert Spuren.

Polizei
01.02.2022

Die ersten am Tatort: Was macht der Kriminaldauerdienst der Polizei?

Von Thomas Schwarz

Mit über 700 Leichen hat es der Kriminaldauerdienst der Polizei im Südwesten Schwabens jedes Jahr zu tun. Viele Fälle gehen den Ermittlern nahe. Wie sie damit umgehen.

Niemand bei der Polizei trifft auf so viele Leichen, wie die Beamtinnen und Beamten des Kriminaldauerdienstes (KDD): 720 Todesfälle sind es durchschnittlich pro Jahr allein im Südwesten Schwabens, die dort bearbeitet werden. Damit sieht jeder der insgesamt etwa 25 Mitarbeiter 50 bis 60 Tote jährlich. „Mit so etwas muss man umgehen können“, sagt Christian Batscheider. Der 47-Jährige ist Vize-Leiter des KDD in Memmingen, der zuständig ist für den gesamten Raum von Neu-Ulm bis Oberstdorf und Lindau bis Buchloe.

Seit der Gründung des KDD im Polizeipräsidium Schwaben Süd/West vor 14 Jahren ist Batscheider dabei – als eines von vier „Gründungsmitgliedern“. Der Name lässt ahnen, was die Abteilung der Kriminalpolizei macht: Rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche sind die Beamten einsatzbereit und meist die ersten an Tatorten. Dabei geht es immer um schwere Gewaltverbrechen wie Tötungs- und Sexualdelikte, aber auch um tödliche Verkehrsunfälle und Raub. Ihre Aufgabe: sogenannte kriminalpolizeiliche Erstmaßnahmen – also auch abklären, ob es sich wirklich um eine Straftat handelt.

Die Arbeit der Polizei-Experten startet in der "Chaos-Phase"

„Chaos-Phase“ nennt Batscheider das. Da müsse man schnell Entscheidungen treffen und Prioritäten setzen, was am jeweiligen Tatort wichtig sei. Dazu gehören zum Beispiel Vernehmungen, Fotos vom Tatort machen, Spuren sichern sowie weitere Ermittlungs- und Koordinierungsaufgaben übernehmen. Anschließend werden die Fälle an das jeweilige Fachkommissariat zur weiteren Bearbeitung abgegeben. Suizide oder Todesfälle, bei denen keine Straftat begangen wurde, werden in der Regel vom Kriminaldauerdienst komplett bearbeitet.

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Foto: Matthias Becker
Foto: Matthias Becker

Christian Batscheider ist "Gründungsmitglied" des Kriminaldauerdienstes des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West.

Was abstrakt klingt, ist vor Ort oft harte Kost. „Für uns, aber vor allem für Opfer und Angehörige“, berichtet Batscheider. Da gebe es zum Glück auch Unterstützung von Kriseninterventionsteams. „Die Menschen, mit denen wir zu tun haben, befinden sich immer in Ausnahmesituationen.“ Da gelte es, Ruhe zu bewahren. „Man entwickelt eine gewisse professionelle Routine“, sagt Batscheider.

Viele Fälle lassen die Ermittler nicht kalt

Aber jede Situation sei anders und viele Fälle würden auch die Ermittler nicht kalt lassen – „zum Beispiel, wenn Kinder betroffen sind“. Da sei es für die Polizisten wichtig, selbst ein funktionierendes und verständnisvolles Umfeld zu haben. Schließlich sei man vor allem nachts, an Wochenenden und an Feiertagen im Einsatz. „Wenn ein Brand um 5 Uhr morgens passiert, wird freilich auch nicht pünktlich Feierabend gemacht, sondern weiter ermittelt.“ Wegen dieser Belastungen werde zum KDD niemand zwangsversetzt – „alle sind freiwillig hier“. Neben der normalen Polizeiausbildung absolviert jeder Ermittler ein spezielles vierwöchiges Seminar.

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„Abwechslungsreich und spannend“ sei die Arbeit, erzählt der Kriminalhauptkommissar aus dem Oberallgäu. Und nennt als nicht alltägliche Einsätze die Explosion in der Memminger Rettungswache des Roten Kreuzes, die Sprengung eines Geldautomaten in Heimertingen (Landkreis Unterallgäu) oder jüngst die erstochene 16-Jährige nahe dem Allgäu Airport in Memmingerberg. Typischer sei es eher, dass ein Hausarzt einen Totenschein ausstellen soll und den Verdacht hat, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein könnte.

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