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Foto: Matthias Balk, dpa
Foto: Matthias Balk, dpa

Markus Söder hat den handlungsbedarf beim Thema Hochwasserschutz in Bayern erkannt.

Flut
04.06.2024

Bayern will den Hochwasserschutz ausbauen

Von Christoph Frey, Stefan Lange, Holger Sabinsky-Wolf, Daniel Wirsching, Matthias Zimmermann

Die Lage in den Flutgebieten bleibt dramatisch. Söders Staatsregierung will das Flutpolder-Programm ausweiten. Vizekanzler Habeck verspricht verlässliche Unterstützung.

Die Hochwasserlage in Süddeutschland bleibt dramatisch. Zwar beginnen mancherorts schon die Aufräumarbeiten, doch in den am stärksten betroffenen Gebieten gibt es noch keine Entwarnung. Im Landkreis Donau-Ries mussten weitere Ortschaften wegen drohender Dammbrüche evakuiert werden. Weiterhin sind zigtausend Rettungskräfte im Einsatz. Und im Osten Bayerns steht das Schlimmste noch bevor.

Die Fluten haben inzwischen mindestens vier Todesopfer gefordert. Am Montag fanden Rettungskräfte in Schrobenhausen die Leiche einer 43-jährigen Frau im Keller ihres Hauses. Aus einem leer gepumpten Keller in Schorndorf in Baden-Württemberg wurden die Leichen einer Frau und eines Mannes geborgen. Zuvor war ein Feuerwehrmann in Pfaffenhofen an der Ilm bei einem Rettungseinsatz ums Leben gekommen. In Offingen (Landkreis Günzburg) wird nach wie vor ein 22-jähriger Feuerwehrmann vermisst.

Kritik an Bayerischem Hochwasserschutz

Vor dem Hintergrund dieser dramatischen Ereignisse ist eine Debatte über den Hochwasserschutz in Bayern entbrannt. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) übt scharfe Kritik an der bayerischen Staatsregierung aus CSU und Freien Wählern. Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner sagte unserer Redaktion: „Man hat aus den großen Hochwassern der vergangenen Jahre nichts gelernt: weniger Flächenversiegelung, mehr Raum für die Flüsse – das ist alles nicht gemacht worden.“ Auch der Bund Naturschutz in Bayern (BUND) kritisiert das hohe Maß an Flächenversiegelung im Freistaat. Martin Geilhufe, der politische Geschäftsführer des BUND, sagte: „Jeden Tag werden in Bayern über 12 Hektar an Fläche verbraucht, das sind 17 Fußballfelder.“ Die Staatsregierung habe sich allerdings eine Reduktion auf fünf Hektar vorgenommen. Flächenverbrauch verschärfe Hochwasser. Der umweltpolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Christian Hierneis, kritisiert, dass sich die Staatsregierung zu sehr auf den technischen Hochwasserschutz konzentriere. Nötig sei eine Mischung mit ökologischem Schutz.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und seine Regierung haben offensichtlich Handlungsbedarf beim Hochwasserschutz erkannt. Söder sagte in Reichertshofen (Kreis Pfaffenhofen an der Ilm), wo er sich zusammen mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (beide SPD) ein Bild von der Lage machte, es seien zwar schon Milliarden investiert worden, man müsse sich aber Klimaschutz und Klimaanpassung noch viel stärker widmen. Die Flutpolder-Strategie müsse ausgebaut werden – auch wenn sich in betroffenen Gebieten Widerstand dagegen rege. Auch Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) und CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek sprachen sich für eine Fortführung des Flutpolderprogramms aus. Holetschek sagte, zusätzlich müssten gemeinsam mit Kommunen und Bürgern weitere Maßnahmen entwickelt werden: „Beim technischen Hochwasserschutz, der Sicherung von Ausbreitungsflächen für Flüsse und Seen und dem weiteren Ausbau des Risikomanagements.“

Bayerisches Kabinett berät am Dienstag über Soforthilfen

Dass das Jahrhundert-Hochwasser gewaltige finanzielle Auswirkungen haben wird, ist bereits absehbar. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat den betroffenen Menschen verlässliche Unterstützung zugesagt. „In den Hochwassergebieten steht jetzt nur eins im Vordergrund, Leib und Leben zu retten. Das ist der Imperativ der Stunde. Den Menschen in den Überschwemmungsgebieten muss aber auch beim Wiederaufbau geholfen werden“, sagte der Grünen-Politiker unserer Redaktion. Es brauche jetzt ein pragmatisches Handeln von allen Parteien und staatlichen Ebenen, verlangte der Vizekanzler. Am Dienstag wird sich das bayerische Kabinett mit Soforthilfen befassen.

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Reinhold Braun, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben, geht davon aus, dass Tausende Unternehmen in Schwaben in einer für sie ohnehin schon schwierigen konjunkturellen Lage mit weiteren, teils existenzbedrohenden Belastungen rechnen müssen. „Ohne schnelle und unbürokratische finanzielle Hilfen werden sich Insolvenzen wohl nicht verhindern lassen“, so Braun.

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