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Tödliche Unfälle: Bahnübergänge in Bayern: Gefahr ohne Schranken

Tödliche Unfälle

Bahnübergänge in Bayern: Gefahr ohne Schranken

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    Ein Autowrack liegt am 31.12.2013 in Sontheim (Bayern) nach einem Unfall mit einem Zug an einem Bahnübergang in einem Vorgarten. Auf einem Bahnübergang im Sontheim sind an Silvester zwei Autoinsassen von einem Zug erfasst und getötet worden.
    Ein Autowrack liegt am 31.12.2013 in Sontheim (Bayern) nach einem Unfall mit einem Zug an einem Bahnübergang in einem Vorgarten. Auf einem Bahnübergang im Sontheim sind an Silvester zwei Autoinsassen von einem Zug erfasst und getötet worden. Foto: Jeremy Rizer, dpa

    Was geschah am Nachmittag des Silvestertages an dem unberschankten Bahnübergang im Unterallgäuer Sontheim? Der genaue Unfallhergang wird sich nach Polizeiangaben nie mehr klären lassen. Tatsache ist: Der mit den beiden 23 und 25 Jahre alten Männern besetzte Pkw wurde von der Lok eines Regionalzugs erfasst, der rund 120 Stundenkilometer schnell war. Die beiden jungen Menschen wurden durch den extrem heftigen Aufprall auf eine angrenzende Wiese geschleudert und waren sofort tot.

    Wurde der Fahrer durch die Sonne geblendet?

    Hatte der 23 Jahre alte Fahrer das Lichtsignal an dem unbeschrankten Bahnübergang übersehen? Wurde er möglicherweise durch die tief stehende Sonne geblendet? Diese Fragen werden unbeantwortet bleiben. Auch ist unklar, ob eine Schranke den schwerwiegenden Unfall möglicherweise verhindert hätte.

    Hälfte der Bahnübergänge in Bayern ist unbeschrankt

    Tragische Unfälle an ungesicherten Bahnübergängen

    Günzburg: Zwei 15-jährige Mädchen sind Ende Dezember 2012 in Günzburg von einem Regionalzug erfasst und getötet worden, als sie die Gleise auf einem Fußgängerweg überqueren wollten. Sie hatten die herannahende Bahn offenbar übersehen. Die Schranken für den Straßenverkehr sind zum Unglückszeitpunkt geschlossen gewesen.

    Saßmannshausen: An einem unbeschrankten Bahnübergang in dem kleinen Ort in Nordrhein-Westfalen kam es im Juni 2013 zu einem Unfall mit mehr als 20 Verletzten. Ein Zug prallte auf einen Laster. Warum das Fahrzeug auf die Gleise gerollt war, blieb unklar.

    Kellmünz: Bei der Kollision einer Regionalbahn mit einem Auto in Kellmünz (Landkreis Neu-Ulm) wurden im Juli 2013 13 Menschen verletzt, drei von ihnen schwer. Nach dem Aufprall entgleiste der vordere Zugteil, kippte um und landete in einem Vorgarten. Die 46-jährige Autofahrerin wurde schwer verletzt. Der Sachschaden wurde auf rund 3,5 Millionen Euro geschätzt.

    Rieste: An einem unbeschrankten Bahnübergang in Rieste (Landkreis Osnabrück) wurde im September ein Auto von einem Zug erfasst und 200 Meter mitgeschleift. Die drei Pkw-Insassen kamen bei dem Unfall ums Leben. Der Lokführer erlitt einen Schock. Warum der Mercedes nicht stehen blieb, ist unklar.

    Sontheim: Im Unterallgäu kamen am Silvesternachmittag 2013 zwei junge Männer ums Leben. Ein Autofahrer hatte beim Überqueren der Gleise offenbar die Signalleuchte übersehen, sein Wagen wurde von einem heranrauschenden Regionalzug erfasst. Die Wucht des Aufpralls war so heftig, dass die beiden Insassen aus dem Wagen auf eine Wiese geschleudert wurden. Die Männer waren vermutlich sofort tot, teilte die Polizei mit.

    Die Deutsche Bahn hat in Bayern in den vergangenen 25 Jahren die Zahl der Bahnübergänge von 7000 auf derzeit rund 3500 halbiert. Die Hälfte davon ist nach Auskunft eines Bahnsprechers unbeschrankt. Und genau solche Übergänge ohne Schranken gelten als die gefährlichsten.

    Wenig frequentierte Bahnübergänge an Wald- und Wiesenwegen sind manchmal nur mit einem Andreaskreuz, und nicht einmal mit Warnleuchten gesichert. Laut Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung gilt: Ab 2500 querenden Kraftfahrzeugen am Tag sind Schranken anzubringen.

    Auch Vorfälle trotz Schranken

    Im Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West haben sich in den vergangenen Jahren jeweils etwa zehn Unfälle an Bahnübergangen ereignet, sagt Pressesprecher Christian Owsinski. Erstaunlich sei, dass sich beispielsweise im Vorjahr drei Unfälle an Übergängen ereignet hätten, obwohl es dort Schranken gebe. Die Deutsche Bahn gibt nach eigenen Angaben pro Jahr etwa eine halbe Milliarde Euro zur Verbesserung oder Beseitigung von Bahnübergängen aus. Schranken anzubringen ist teuer: Nach Angaben des Unternehmens kostet die einfache Ausführung rund 500 000 Euro.

    Viele Unfälle wegen Unachtsamkeit

    Kommt es zu Unfällen, ist die Schuldfrage überaus eindeutig: Laut Bahn liegt nur bei fünf Prozent aller Unfälle ein Verschulden bei Mitarbeitern des Unternehmens. Der ADAC bearbeitet zusammen mit der Bahn schon seit Jahren das Thema Sicherheit an Bahnübergängen unter dem Motto „Sicher drüber“.

    Laut ADAC-Verkehrsreferent Jürgen Berlitz sind wohl viele Unfälle auf Unachtsamkeit zurückzuführen. Auch Routine – auf einer möglicherweise täglich mehrmals gefahrenen Strecke – könne gefährlich werden.

    Verkehrsexperten warnen aber insbesondere Jogger, Mopedfahrer oder Fußgänger vor Leichtsinn: Diese Personengruppen würden durchaus mal kurz einen Bahnübergang passieren, wenn die Halbschranken schon heruntergelassen sind oder an einem unbeschrankten Übergang die Warnleuchten blinken.

    Gefahr nicht unterschätzen

    Vielen sei nicht bewusst, welcher „extremen Gefahr“ sie sich aussetzen, sagt ADAC-Mann Berlitz. Denn selbst einen mit 120 oder 140 Stundenkilometern herannahenden Zug kann man leicht unterschätzen und auch übersehen. Doch die Folgen einer Kollision sind für alle Beteiligten verheerend.

    Immerhin: In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Unfälle an Bahnübergängen kontinuierlich gesunken. Waren es nach Angaben der Aktion „Sicher drüber“ im Jahr 1994 noch 628, so wurden 2011 bundesweit 202 Unfälle an Bahnübergängen registriert. Laut Statistik endet im Schnitt jede vierte der Kollisionen tödlich.

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