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Tierschutz: Der illegale Welpenhandel boomt in Bayern

Tierschutz

Der illegale Welpenhandel boomt in Bayern

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    Viel zu jung und oft schwer krank – so werden Welpen vor allem aus Osteuropa illegal nach Bayern geschleust und aus dem Kofferraum oder übers Internet zu Dumpingpreisen verkauft.
    Viel zu jung und oft schwer krank – so werden Welpen vor allem aus Osteuropa illegal nach Bayern geschleust und aus dem Kofferraum oder übers Internet zu Dumpingpreisen verkauft. Foto: Tierheim Nürnberg

    Der vier Wochen alte Yorkshire Terrier konnte noch nicht einmal selbstständig fressen. Schon wurde er verkauft. Die 32 Hundewelpen aus Ungarn waren auch erst vier bis sechs Wochen alt. In engen Transportboxen eingepfercht, wurden sie über die Grenze geschleust. Ohne Papiere. Viele von ihnen krank. Die Liste des Bayerischen Tierschutzbundes über illegale Welpentransporte wächst ständig. Der Handel boomt. Gerade nach Bayern. Daher hat auch das bayerische Umweltministerium eine Kampagne gestartet. „Vernunft statt Mitleid“ heißt sie. Sie will aufklären und helfen, das Treiben zu stoppen.

    Illegaler Welpenhandel verspricht enorme Gewinnspannen

    In den Jahren 2015 und 2016 registrierten die bayerischen Kreisverwaltungsbehörden nach Angaben des Umweltministeriums rund 600 illegal eingeführte Welpen. Andreas Brucker, Geschäftsstellenleiter des Bayerischen Tierschutzbundes, zählte in Bayern 2016 allein 57 Transporte mit über 600 Tieren und spricht von einem „massiven Anstieg“, da bereits in diesem Jahr 52 Transporte aufgedeckt worden seien. Vor allem mit Rassehunden. Die meisten kämen aus Ungarn, Rumänien, Bulgarien. Aber auch Transporte aus der Ukraine und Russland hätten stark zugenommen. Der größte Umschlagplatz für den ungesetzlichen Tierhandel sei das Internet. Mit süßen Bildern der drolligen Welpen lassen sich saftige Gewinne machen: 25 bis 30 Euro koste der Einkauf eines Tieres, sagt Brucker. „Bei 300 bis 1000 Euro liegen die Verkaufspreise pro Tier. Wir haben hier die größten Gewinnspannen nach dem illegalen Handel mit Drogen und Waffen. Und die Politik schaut zu.“ Brucker ist auf die bayerische

    Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) hat nach Angaben ihres Ministeriums den Bund gebeten, die Herkunftsländer der Tiere für ein gemeinsames Vorgehen gegen illegalen Welpenhandel zu gewinnen. Denn auch für sie steht fest: „Das finanzielle und persönliche Risiko für Verkäufer und Transporteure illegal eingeführter Welpen muss größer werden.“ Und sie will aufklären: Diese Tiere sind in der Regel viel zu jung, häufig krank und unter tierschutzwidrigen Bedingungen zur Welt gekommen. Vor allem seien sie oft nicht geimpft. Etwa gegen Tollwut. Brucker warnt eindringlich vor den Gefahren: „Tollwut ist für den Menschen hoch ansteckend. Ich muss nicht erst gebissen werden, um die Krankheit zu bekommen. Alle Körperflüssigkeiten sind infektiös. Das heißt, mich braucht ein infizierter Welpe nur anpinkeln, schon kann ich mich infizieren.“ Tollwut verlaufe für Menschen meist tödlich. „Wer nicht innerhalb von 24 Stunden eine Notimpfung erhält, stirbt in der Regel in den nächsten drei bis fünf Tagen“, sagt Brucker.

    Käufer müssen mehr Verantwortung beim Welpenkauf zeigen

    Aufgrund ihrer vielfältigen und ansteckenden Krankheiten werden illegal eingeführte Tiere, die aufgegriffen werden, in Tierheimen untergebracht, die Quarantäne-Stationen haben. Von den 85 Mitgliedstierheimen beim Bayerischen Tierschutz haben solche spezielle Krankenstationen nach Angaben von Brucker aber nur rund ein Drittel. „Daher fordern wir ja schon lange den Freistaat auf, uns für diese enormen Kosten zu unterstützen“, sagt Brucker, der Bayern hier bundesweit als Schlusslicht sieht. „Die bayerischen Tierheime haben Außenstände von über einer Million Euro allein für die Unterbringung und medizinische Versorgung der Tiere aus illegalen Transporten.“

    Das Augsburger Tierheim hat Quarantäne-Stationen. Heinz Paula, Vorsitzender des Augsburger Tierschutzvereins, weiß von fünf illegal eingeführten Welpen allein in den vergangenen zehn Monaten, die im Augsburger Tierheim behandelt werden mussten. Der Tagessatz liege bei etwa 25 Euro. Tierarztbehandlung noch nicht berechnet. „Vor allem brauchen diese Tiere meist einen Tiertrainer, da sie aufgrund ihrer Erlebnisse oft verhaltensgestört sind.“ Etwa drei Monate müssten sie im Schnitt in Quarantäne bleiben. Paula fordert, die Kontrollen auf der Straße und im Internet massiv zu verstärken. „Wir brauchen hier aber auch deutlich höhere Strafen.“ Er spricht von „mafiösen Strukturen“ und appelliert an die Käufer: „Sie unterstützen damit diese Tierquäler.“ Der Markt sei „brutal“. Und Opfer seien nicht nur die Welpen. Erschütternd sei auch der Umgang mit den Muttertieren, die zu „Gebärmaschinen“ degradiert würden und verhungern, verjagt oder totgeschlagen werden, wenn sie nicht mehr für Nachwuchs sorgen können.

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