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Skandal weitet sich aus: Missbrauch im Kloster - "Tief erschüttert" über Vorfälle

Skandal weitet sich aus

Missbrauch im Kloster - "Tief erschüttert" über Vorfälle

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    Kloster Ettal im Landkreis Garmisch-Partenkirchen.
    Kloster Ettal im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. Foto: ag cu

    Der Skandal um sexuellen Missbrauch in Schulen von Benediktinerklöstern weitet sich aus.

    Die Zahl der ehemaligen und gegenwärtigen Schüler im oberbayerischen Ettal, die Missbrauch oder Gewalt durch Ordensbrüder beklagen, ist bis Freitagnachmittag auf 20 gestiegen. Dabei wurden die Vorwürfe, die sich derzeit gegen vier Geistliche richten, offenbar über Jahre vertuscht. Beim oberbayerischen Kloster St. Ottilien meldete sich nach anonymen Vorwürfen nun auch ein erstes namentlich bekanntes Opfer. Der Vorstand der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK) kündigte Konsequenzen aus den Fällen an.

    Der bischöfliche Beauftragte der Erzdiözese München und Freising für die Prüfung von Vorwürfen sexuellen Missbrauchs, Siegfried Kneißl, sagte, in Ettal hätten bereits 2003 ehemalige Schüler anlässlich eines Klassentreffens gegenüber Klosterangehörigen Vorwürfe geäußert. Daraus seien "leider" keine Konsequenzen gezogen worden. Kneißl sprach von einem "beharrlichen Schweigen". Rechtsanwalt Burkhard Göpfert sagte, Anläufe von Betroffenen, die Fälle aufzuklären, seien "auf diversen Ebenen beendet" worden.

    Die Vorwürfe beziehen sich nach Angaben der beiden Ombudsleute auf einen langen Zeitraum. Einem mittlerweile verstorbenen Pater, der trotz der Beschuldigungen noch bis 2004 an der Klosterschule unterrichtet hatte, werden Übergriffe in den 70er und 80er Jahren vorgeworfen. Bei zwei anderen Mönchen sollen sich die Übergriffe bis 1990 ereignet haben. Ein Ordensbruder soll 2005 Schüler im Gesicht, am Oberkörper, den Armen und Beinen gestreichelt sowie sie auf seinem Schoß sitzen lassen haben. Er wurde daraufhin nach Wechselburg versetzt, wo er aber in der Jugendarbeit eingesetzt wurde.

    Nach dem Abt des Klosters Ettal, Barnabas Bögle, trat mittlerweile auch der Prior und Schulleiter Maurus Kraß zurück, weil die bischöflichen Leitlinien zum Umgang mit Vorwürfen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Geistliche nicht eingehalten wurden. Das Erzbischöfliche Ordinariat München zeigte sich "tief erschüttert über Art und Ausmaß der Vorfälle".

    Bei der Erzabtei St. Ottilien ging am Donnerstag eine namentlich gezeichnete Beschuldigung gegen einen ehemaligen Angehörigen des Klosters ein. Aufgrund des Schreibens habe die Erzabtei erstmals mit einem Betroffenen Kontakt aufnehmen können, teilte das Kloster mit. Beschuldigt werde ein in den 60er Jahren als Erzieher und Lehrer tätiges Ordensmitglied, das seit 1969 nicht mehr den Benediktinern angehöre.

    Die "Abendzeitung" hatte zuvor bereits über einen anonymen Brief eines angeblichen ehemaligen Schülers berichtet, demzufolge ein Pater Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre im früheren Klosterseminar Nacktfotos von Jungen gemacht haben soll. Der Generalvikar des Bistums Augsburg, Karlheinz Knebel, forderte die Erzabtei auf, "die fraglichen Fälle unverzüglich und lückenlos aufzuklären". Es gehe hier um die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche.

    Vor dem Hintergrund der Missbrauchsvorwürfe der vergangenen Wochen, die sich vorwiegend gegen Ordensbrüder richten, kündigte wie zuvor schon die Deutsche Bischofskonferenz auch die Deutsche Ordensobernkonferenz an, ihren Umgang mit Missbrauchsfällen auf den Prüfstand zu stellen. Der DOK-Vorstand zeigte sich am Freitag "bestürzt" und "erschrocken" über die Missbrauchsverdachtsfälle in "nicht wenigen" Einrichtungen der Ordensgemeinschaften.

    Der neue Beauftragte der Bischofskonferenz für Missbrauchsfälle, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, versprach, allen Hinweisen auf Übergriffe "offensiv und lückenlos" nachgehen zu wollen. Er bot Opfern jede Form der "menschlichen, seelsorglichen und therapeutischen Hilfe" an. Zugleich warnte Ackermann davor, alle Geistlichen unter Generalverdacht zu stellen. ddp

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