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Prozess in Augsburg: Illegale Rennen: "Raser wollen Geschwindigkeit beherrschen"

Prozess in Augsburg

Illegale Rennen: "Raser wollen Geschwindigkeit beherrschen"

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    Jeder Mensch will sich vergleichen. Bei Teilnehmern von illegalen Autorennen ist der Drang nach Wettbewerb aber besonders hoch.
    Jeder Mensch will sich vergleichen. Bei Teilnehmern von illegalen Autorennen ist der Drang nach Wettbewerb aber besonders hoch. Foto: Frank Rumpenhorst, dpa (Symbolfoto)

    Am Mittwoch startet vor dem Amtsgericht Augsburg der Prozess gegen zwei mutmaßliche Raser. Im Oktober 2017 sollen sich die Männer auf der B17 in Augsburg ein illegales Autorennen geliefert haben. Was treibt Menschen an, die das eigene und das Leben anderer wegen solcher Manöver in Gefahr bringen? Nina Wahn, Verkehrspsychologin beim ADAC, kennt die Antwort.

    Was ist der Reiz für Menschen, die an illegalen Autorennen teilnehmen?

    Jeder Mensch ist individuell. "Aber in jedem von uns steckt der Wettbewerb. Wir wollen uns vergleichen", sagt die Expertin. Für die Menschen, die an Autorennen teilnehmen, sei es daher relativ einfach, sich einen Vorteil zu erarbeiten. Es müsse keine anstrengende Leistung erbracht werden wie beim Sport.

    Was für eine Rolle spielt das Auto dabei?

    "Das Auto fungiert als Statussymbol", sagt Wahn. Außerdem stecke das Auto den Raser in einen Schutz der Anonymität. Es diene als Hülle. "Ich bin dann in dem Moment nicht mehr die Person, sondern zum Beispiel der Fiat Punto."

    Gibt es einen bestimmten Typus, der solchen Rennen nachgeht?

    Oft sind es laut Wahn Grenzgänger. Menschen, bei denen das Bedürfnis nach Wettbewerb stärker ausgeprägt ist. Durch das dauernde Leistungsprinzip würden sie zeigen wollen, dass sie die Geschwindigkeit beherrschen. Hinzu komme die Illusion, dass sie die Situation auf der Straße kontrollieren könnten. Außerdem ist zu beobachten, dass es überwiegend Männer sind, die an den Rennen teilnehmen. "Die Suche nach dem Kick hängt auch mit dem Testosteron-Spiegel zusammen", erklärt die Verkehrspsychologin. Die Risiko-Bereitschaft sei beim männlichen Geschlecht höher als beim weiblichen.

    Welche Rolle spielen die Eltern der Raser?

    Die Vorbildfunktion der Eltern sei entscheidend, sagt Wahn. Damit ein Mensch überhaupt nicht erst den Drang verspürt, im Erwachsenenalter an illegalen Autorennen teilzunehmen, kommt es darauf an, was die Eltern ihrem Kind im Laufe des Sozialisationsprozesses vermitteln. "Beim Autofahren sollte die Sicherheit im Vordergrund stehen, nicht der Wettbewerb", so die Psychologin. Dies sollte dem Sohn oder der Tochter an die Hand gegeben werden.

    Kann die Gesellschaft auch einen Beitrag leisten, um solchen Rennen vorzubeugen?

    Nach Ansicht von Nina Wahn kommt der Gesellschaft eine wichtige Rolle zuteil. Den Rasern sollte für ihre Teilnahme an einem unerlaubten Autorennen keine Anerkennung geschenkt werden. "Gesellschaftlicher Druck ist wahnsinnig wichtig." Achten wir das Verhalten, würde der Wettbewerbsdrang nur noch verstärkt werden.

    Kann das neue Gesetz etwas ändern?

    Seit 2017 ist die Teilnahme an illegalen Autorennen eine Straftat - nicht wie zuvor nur eine Ordnungswidrigkeit. "Das Gesetz ist wichtig als Signal von außen", sagt Wahn. Aber in erster Linie gehe es darum, dass Raser verstehen, wieso ihr Verhalten falsch ist - und deshalb nicht mehr an den Rennen teilnehmen. "Nicht bloß aus Angst vor einer Strafe."

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