Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

München: Ex-ADAC-Präsident schießt quer

München

Ex-ADAC-Präsident schießt quer

    • |
    Wie geht es beim ADAC weiter?
    Wie geht es beim ADAC weiter? Foto: Andreas Gebert/Archiv/Symbolbild (dpa)

    Seit rund zwei Jahren lässt Präsident August Markl beim ADAC nach dem Skandal an Plänen arbeiten, wie Europas größter Verkehrsklub reformiert werden soll. Zur Erinnerung: Die Fälschungen beim Autopreis „Gelber Engel“ und weitere Vorwürfe hatten den ADAC damals in eine tiefe Krise gestürzt.

    Neuanfang beim ADAC

    Markl hat einen Neuanfang versprochen – und sein Versprechen auch gehalten. Das erklärt zumindest der unabhängige Beirat um Unicef-Deutschland-Chef Jürgen Heraeus. Am 7. Mai auf der Hauptversammlung in Lübeck soll nun darüber abgestimmt werden.

    Herzstück der Neuordnung ist eine Drei-Säulen-Organisation. Dabei wird die zuvor schwer durchschaubare Struktur des ADAC aufgesplittet: in den Verein, eine Aktiengesellschaft und eine gemeinnützige Stiftung.

    Der ADAC in der Krise - eine Chronologie

    13. Januar: Der ADAC gibt bekannt, dass die Leser der «Motorwelt» den VW Golf zum «Lieblingsauto der Deutschen» gewählt haben.

    14. Januar: Die «Süddeutsche Zeitung» berichtet von Manipulationen bei der Leserwahl. Der Verein weist das zurück.

    16. Januar: Bei der Preisverleihung spricht Geschäftsführer Karl Obermair von Unterstellungen.

    17. Januar: ADAC-Kommunikationschef Michael Ramstetter gesteht laut Obermair die Fälschungen, der Verein behält das aber zunächst für sich.

    19. Januar: Nach einem Bericht der «Bild am Sonntag» räumt der ADAC Manipulationen ein.

    21. Januar: ADAC-Präsident Peter Meyer lehnt einen Rücktritt ab.

    7. Februar: Deutsche Autokonzerne wollen ihre Preise zurückgeben, sollten sich neue Vorwürfe erhärten.

    10. Februar: ADAC-Präsident Meyer kommt einer Amtsenthebung zuvor und tritt zurück.

    14. Februar: Ein prominent besetzter Beirat soll den ADAC bei den Reformen beraten.

    17. Februar: Laut Gutachten wurde die Wahl zum Lieblingsauto der Deutschen jahrelang manipuliert.

    25. Februar: Der Club verhandelt mit dem Geschäftsführer Karl Obermair über eine einvernehmliche Beendigung seiner Tätigkeit.

    9. März: Erneut gerät die Steuerpraxis des ADAC in die Schlagzeilen.

    4. April: Der ADAC trennt sich endgültig von seinem langjährigen Geschäftsführer Obermair.

    14. April: Interims-ADAC-Präsident August Markl soll bis zum Ende des Reformprozesses im Amt bleiben.

    10. Mai: Die Delegierten des ADAC billigen in Saarbrücken einmütig die Reformpläne der Führung.

    Die einschneidende Reform ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass der Erhalt des steuersparenden Vereinsstatus des Automobilklubs gesichert werden soll. Dies geht nur, wenn die Zuständigkeiten, also das Geschäftliche vom Gemeinnützigen, klar getrennt sind. Das Amtsgericht München, seit vielen Monaten mit dem Fall befasst, untersucht diese Frage. Wann genau die Richter darüber entscheiden, ist noch offen. In jedem Fall wird dabei mitentscheidend sein, wie sich der ADAC dabei künftig aufstellt.

    Der frühere Klubchef und noch immer amtierende Vorsitzende des Regionalklubs Nordrhein, Peter Meyer, stellt nun diese Reform und damit auch die neue Struktur auf Basis eines eigenen Rechtsgutachtens infrage. Er verursachte mit diesem Vorstoß dem Vernehmen nach zuletzt in der Münchner Zentrale des Automobilklubs gehörige Aufregung. Von Unverständnis und Empörung ist die Rede.

    Zwar glauben die Reformer nicht wirklich, dass ihre Pläne durch Meyers Störmanöver durchfallen könnten. Ungelegen kommt die Attacke aus dem Westen aber allemal. Die Nervosität in der Münchner Zentrale jedenfalls steigt. Meyer gilt in der ADAC-Zentrale heute als „alter, eitler Quertreiber“, den man im Grunde nicht gerne ernst nimmt, weil er die intransparente Vergangenheit der Autoklubs verkörpert.

    Aber die zentrale Frage lautet nun: Wie werden die Regionalvorsitzenden bei der Hauptversammlung entscheiden? Werden sich noch andere mit dem Verband Nordrhein gegen Markl verbünden? Das ist nach interner Einschätzung nicht gewiss absehbar. Darum wird bereits fleißig gerechnet – nach dem Motto: Was wäre wenn …?

    Denn die Regionalfürsten können angesichts der neuen Struktur nicht mehr schalten und walten wie sie wollen, und sind zudem, im Gegensatz zu früher, Kontrollen ausgesetzt. Außerdem können sie für Fehler künftig persönlich haftbar gemacht werden. „So schön wie damals wird es nicht mehr. Das schmeckt denen natürlich nicht“, hört man beim ADAC in München.

    "Es gibt keinen Plan B"

    Für Markl und seine Leute in der bayerischen Zentrale dagegen führt an dem neuen Modell dem Vernehmen nach kein Weg vorbei. „Es gibt keinen Plan B“, heißt es intern. Wenn die Reform nicht durchgeht, bestehe sogar die Gefahr, dass der ADAC in der Folge in gefährliche Schräglage komme. Was das bei 19 Millionen Mitgliedern bedeuten würde, lässt sich unschwer vorstellen. Doch solche Sätze darf man eher als politisches Druckmittel verstehen, indem skizziert wird, was auf dem Spiel steht.

    Das ist der ADAC

    Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) wurde 1903 in Stuttgart gegründet.

    Bis 1911 hieß der ADAC noch Deutsche Motorradfahrer-Vereinigung (DMV).

    Der ADAC hat über 18,6 Millionen Mitglieder.

    Er ist damit der zweitgrößte Automobilclub der Welt und der größte Europas.

    Der Hauptsitz des ADAC ist in München.

    Er hat 15 Tochtergesellschaften, z.B. die ADAC Luftrettung oder die ADAC Autoversicherung.

    Der Mitgliedsbeitrag für eine Person beträgt zwischen 49 und 84 Euro jährlich.

    Juristisch sieht sich der ADAC auch nach dem Vorstoß Meyers gut gerüstet – schließlich haben Präsidium und Verwaltungsrat bereits Ende 2015 ohne Gegenstimme die neue Struktur durchgewinkt. Auch die Entscheidung, die Pläne den Delegierten zum klubpolitischen Votum vorzulegen, wurde einstimmig getroffen. Dazu kommt, dass eine einfache Mehrheit auf der Hauptversammlung reichen wird. Doch selbst wenn das Reformprojekt nicht abgelehnt wird, aber es viele Gegenstimmen gibt, wäre es nicht nur eine persönliche Schlappe für Präsident August Markl, sondern ein ziemlich stotternder Neustart für den ADAC.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden