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Manching: Abschiebung im Schnellverfahren: So funktioniert das „Balkan-Zentrum“

Manching

Abschiebung im Schnellverfahren: So funktioniert das „Balkan-Zentrum“

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    Sozialministerin Emilia Müller nahm am Dienstag das neue Aufnahme- und Rückführungslager für Flüchtlinge vom Balkan in Manching in Betrieb.
    Sozialministerin Emilia Müller nahm am Dienstag das neue Aufnahme- und Rückführungslager für Flüchtlinge vom Balkan in Manching in Betrieb. Foto: Harry Jung

    Selbstverständlich hat man hier auch eine Beratungsstelle, in der die Flüchtlinge über die Vorteile einer freiwilligen Rückkehr in ihre Heimat aufgeklärt werden, sagt Sozialministerin Emilia Müller. Aber das kleine Büro dieser beiden Sozialarbeiter in der ehemaligen Kaserne in Oberstimm bei Manching wird nur beiläufig erwähnt. Und Wirtschaftsflüchtlinge, die von selber wieder nach Hause gehen, sind ja ohnehin die große Ausnahme.

    Eben deshalb ist gestern die erste bayerische „Ankunfts- und Rückführungseinrichtung“ für Flüchtlinge vornehmlich aus den Westbalkanstaaten vor den Toren von Ingolstadt eröffnet worden. Müllers Visite zur Betriebsaufnahme hat durch die Zuspitzung der Lage am Hauptbahnhof in München zusätzliche Brisanz bekommen.

    Dort, wo die Ministerin den bayerischen Weg zur Abwehr der Wirtschaftsflüchtlinge preist und das „Ausscheiden Ungarns aus der Solidargemeinschaft in Europa“ scharf kritisiert, werden ab heute die ersten Asylbewerber eintreffen, die gerade erst in München aus den Flüchtlingszügen gestiegen sind. Für die Menschen aus dem Kosovo, aus Albanien oder Montenegro soll Manching zur Endstation in Deutschland werden.

    In Manching werden Kräfte gebündelt

    Der Freistaat hat dort alle Kräfte gebündelt, die gebraucht werden, um ein Asylverfahren so rasch wie möglich abzuwickeln. Abschiebung im Schnellverfahren ist das erklärte Ziel, sagt die Ministerin. Maximal sechs Wochen sollen vergehen, bis ein Asylantrag bearbeitet respektive abgelehnt ist.

    Neben rund 100 Beamten und Angestellten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge arbeiten 50 Verwaltungskräfte der Ausländerbehörden, dazu Polizeikräfte, Verwaltungsleute und Sozialdienste in den Büros, die eilig in den alten Kasernengebäuden eingerichtet wurden. Plus einige Verwaltungsrichter.

    Alles „wird ganz schnell gehen“, sagt die Staatsministerin. Abgelehnte Asylbewerber sollen unverzüglich ein Verfahren bekommen, wenn sie Widerspruch einlegen. Also Gerichtstermin, Verhandlung und Richterspruch bestenfalls noch am selben Tag.

    Dann soll es auch sofort zurückgehen nach Albanien, in den Kosovo oder nach Montenegro. Der Münchner Flughafen ist über die nahe Autobahn schnell erreichbar. Auch deshalb „haben wir uns für Manching als Standort entschieden“, so Müller. Sie ist zuversichtlich: „In einer Woche wird der erste Flieger in den Westbalkan starten.“

    Manching wird zum „Balkan-Zentrum“

    In den heruntergekommenen ehemaligen Mannschaftsgebäuden sind zurzeit 250 Balkan-Flüchtlinge untergebracht. Bald werden es 500 sein und weitere 1000 an zwei Standorten im Ingolstädter Stadtgebiet. Hier wie dort leben zurzeit noch viele Kriegsflüchtlinge, die in den kommenden Tagen und Wochen weggebracht werden, damit Ingolstadt möglichst schnell zum reinen „Balkan-Zentrum“ wird.

    Müller will die Vollauslastung mit der Maximalkapazität von 1500 Plätzen schnellstmöglich erreichen. Also 1500 Flüchtlinge und maximal sechs Wochen bis zur Abschiebung. Aufs Jahr hochgerechnet könnten es bis zu 15 000 sein. Manching wird zu einer „Rückführungsmaschine“ des Freistaates werden. Die nächste dieser Art wird Müller in zwei Wochen in Bamberg eröffnen, einen dritten Standort sucht man noch, sagt sie.

    Die in Manching federführende Regierung von Oberbayern ist gewaltig unter Druck, und die Situation verschärft sich beinahe mit jeder Stunde. „Das ist so eine gewaltige Herausforderung, wie wir sie noch nie hatten“, sagt die Ministerin. Ingolstadts Sozialreferent Wolfgang Scheuer, Manchings Bürgermeister Herbert Nerb und Pfaffenhofens Landrat Martin Wolf nicken heftig zustimmend.

    Die Kommunen sind an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Und die Stimmung in der Gesellschaft kippe langsam, sagt Müller. Auch deshalb müsse man rigoros gegen die Flut aus sicheren Herkunftsländern vorgehen. Die Vertreter der Kommunalpolitik nicken wieder heftig.

    Beim Rundgang besucht die Ministerin auch eine Familie mit zwei Kindern im Grundschulalter. Vater und Kinder sprechen gut Deutsch. „Sie wissen, dass Sie zurückmüssen?!“, sagt die Sozialministerin. „Mal schauen – werden sehen“, antwortet der Mann. Niemand denkt hier an freiwillige Rückkehr.

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