Die Frage steht im Raum, sobald er ihn betritt. Sitzt da, auf diesem Stuhl, vielleicht doch der künftige Bundeskanzler? Noch ist Armin Laschet Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Und wenn er auf die K-Frage angesprochen wird, setzt er sein typisches Laschet-Lächeln auf: mild, ein wenig süffisant. Der 58-Jährige ist Profi genug, lässt sich nicht festnageln. „Wir müssen uns als CDU und CDU nicht bis zur Wahl im September 2021 eine Personaldebatte antun. Die Bürger erwarten Ergebnisse“, sagt Laschet im Gespräch mit Gregor Peter Schmitz, Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen, bei „Augsburger Allgemeine Live“. Aber man sieht auch: Auf dieser Bühne sitzt einer, dem es schon ein wenig gefällt, dass man ihm die Kanzlerschaft offenbar zutraut. Denn unterschätzt wurde der CDU-Politiker schon viel zu oft.
Armin Laschet übt Kritik an Annegret Kramp-Karrenbauer
Zwar hat sich Annegret Kramp-Karrenbauer das Amt der CDU-Chefin erkämpft, doch so ganz in Stein gemeißelt ist die Sache ja nicht. Vielleicht ist Armin Laschet am Ende der lachende Vierte in seiner Partei, wenn die bisweilen unglücklich agierende Kramp-Karrenbauer sich selbst aus dem Amt befördert. Wenn Jens Spahn eben doch nicht genügend Unterstützung erfährt und Friedrich Merz der Basis ein Stück weit zu konservativ ist. Laschet nämlich ist die männliche Variante von Angela Merkel: unprätentiös, in der Mitte verankert, gelassen. Vielleicht lässt er die Zeit für sich arbeiten, verliert kein böses Wort. „Jeder muss seinen Job machen“, gibt er sich bei seinem Besuch in Augsburg diplomatisch. „Ich bewerte weder Frau Kramp-Karrenbauer noch Herrn Merz.“
Mit seiner Meinung zur aktuellen Bundespolitik und deren außenpolitischen Ansätzen hält er sich trotzdem nicht zurück. Seine Botschaft: Deutschland müsse im europäischen Konzert wieder stärker seine Stimme erheben, mehr Verantwortung übernehmen. Ist er also ein Anhänger der Idee von Kramp-Karrenbauer, in Nordsyrien eine international kontrollierte Sicherheitszone einzurichten? Jein! Denn so wichtig er das Engagement Deutschlands finde, so skeptisch ist er bei der Idee selbst. „Was meint sie? Meint sie eine UN-Blauhelmmission? Meint sie einen Kampfeinsatz? Da sind viele Fragen offen“, fragt Armin Laschet an Kramp-Karrenbauer gerichtet. Der Weg von der Idee zur Umsetzung ist ohnehin weit: „Das ist noch keine Position der Großen Koalition.“ Überhaupt sei es nicht so, dass sich Deutschland momentan weg duckt. „Deutschland beteiligt sich seit Jahren mit vielen tausend Soldaten an der Stabilisierung Afghanistans“, sagt Laschet. „Deutschland ist in Mali vertreten und vor der Küste Somalias. Wir sind ja international aktiv.“
Zudem gebe es sehr hohe Hürden für eine militärische Beteiligung. Wer die Bundeswehr in Bewegung setzen wolle, brauche eine Mehrheit im Bundestag. „Am Ende muss auch jeder Bundestagsabgeordnete der SPD mitstimmen“, betont Laschet. War es also ein Fehler, dass Kramp-Karrenbauer den Koalitionspartner SPD nicht eingebunden hat? „Es ist jedenfalls nicht leichter geworden“, sagt Ministerpräsident Laschet. „Ich glaube, so etwas kann man besser abstimmen in einer Koalition.“ Auch am Erfolg hat er Zweifel. Die Situation in Syrien sei von Anfang an kompliziert gewesen. „Da hat der Westen in all den Jahren keine richtige Antwort gefunden“, sagt der 58-Jährige. Nun sei der Krieg zu einem Dauerkonflikt mit tausenden Toten geworden. Das werde man mit einem Militäreinsatz nicht auffangen können. Und doch betont Laschet etwas: Um eine Zusammenarbeit mit schwierigen Partnern komme Deutschland nicht herum in dem Konflikt. „Außenpolitik besteht auch darin, mit Menschen zu verhandeln, die nicht alle unsere Grundüberzeugung teilen. Man kann keine Friedenslösung ohne Russland und die Türkei schaffen.“
CDU-Minister Laschet zollt CSU-Chef Söder Respekt
So pragmatisch und realpolitisch Armin Laschet im Umgang mit Partnern im Ausland ist, im Inland bleibt er hart: Der AfD will er sich nicht annähern. „Die Antwort, man muss die CDU nur ein bisschen nach rechts verrücken, stimmt so nicht“, sagt Laschet vehement und warnt seine eigene Partei eindringlich. Gerade in den eigenen „Problemgebieten“ des Ruhrgebietes habe sich gezeigt, dass auch die SPD viele Wähler an die AfD verloren habe. Dort nämlich, wo die innere Sicherheit nicht gewährt werde und die Bildungschancen nicht ausreichend seien.
Auch in Bayern habe sich das gezeigt: Als Ministerpräsident Markus Söder eine klare Linie nach rechts gezogen habe, sei es mit der CSU im Landtagswahlkampf wieder bergauf gegangen. Ein wenig schmunzeln muss er dann aber doch, als er auf die Wandlung seines bayerischen Amtskollegen angesprochen wird. Doch Laschet zollt Söder Respekt: „Ein Ministerpräsident muss die Gesellschaft versöhnen“, sagt Laschet. Das Thema Umwelt und Schöpfung passe sehr gut nach Bayern. Es sei deshalb gut, das Thema Klimaschutz ernst zu nehmen. Deutschland müsse dynamischer werden. Und doch sagt er auch eines: „Es täte uns in Deutschland gut, wenn vor der Moral auch mal die Fakten diskutiert würden.“ Über den Umweltschutz dürften zudem die anderen Themen wie Armut nicht vergessen werden.
Armin Laschet bei "Augsburger Allgemeine Live": Keiner in der Union will Große Koalition verlassen
Große Aufgaben also für die Große Koalition. Aber die Lage ist schwierig. „In der Union kenne ich keinen, der sagt, dass er die Große Koalition verlassen will“, sagt Laschet. Doch der äußere Eindruck, das muss der nordrhein-westfälische Ministerpräsident eingestehen, ist freilich ein anderer. Die GroKo sei in der Wahrnehmung abschreckend, das liege vor allem daran, dass die Parteien ausstrahlen würden, dass sie zu diesem Bündnis gezwungen seien. „Das ist für die Aufgaben, die vor Deutschland liegen, keine gute Herangehensweise“, betont Armin Laschet im Gespräch mit Chefredakteur Gregor Peter Schmitz.
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