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Komasaufen: Experten: Zahlungspflicht für Eltern schwer umsetzbar

Komasaufen

Experten: Zahlungspflicht für Eltern schwer umsetzbar

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    Trinken bis nichts mehr geht: Sollten Eltern für die Behandlungskosten ihrer betrunkenen Kinder aufkommen?
    Trinken bis nichts mehr geht: Sollten Eltern für die Behandlungskosten ihrer betrunkenen Kinder aufkommen? Foto: dpa

    Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn fordert eine Kostenbeteiligung für Eltern, deren Kinder so betrunken sind, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen. 100 Euro sollen die Erziehungsberechtigten seiner Meinung nach für einen Vollrausch des Kindes bezahlen. Wir sprachen mit Experten über das Thema.

    Ist es möglich, die Behandlungskosten von den Eltern einzufordern?

    Jein, meint Ann Marini, eine Sprecherin des GKV-Spitzenverbandes, der zentralen Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen. Das Sozialgesetzbuch gebe den Krankenkassen zwar die Möglichkeit, den Patienten bei einem vorsätzlichen Vergehen zu beteiligen, das sei aber völlig unpraktikabel. "Wer soll denn dabei die Gesundheitspolizei geben?" Niemand könne nachweisen, ob wirklich Selbstverschulden vorliege, sagt Marini.

    Müssen die Eltern einen Polizei- oder Rettungseinsatz bezahlen?

    Nein. "Generell sind polizeiliche Einsätze im öffentlichen Interesse, dienen der Gefahrenabwehr und unterliegen der Kostenfreiheit", sagt Udo Dreher, Leiter der Pressestelle des Polizeipräsidiums Schwaben Nord. Die Polizei erhebt dann Kosten für Einsätze, wenn Personen mit Absicht oder grob fahrlässig einen Fehlalarm auslösen beziehungsweise eine Gefahr oder Straftat vortäuschen. Ein Beispiel hierfür wäre der Missbrauch des Notrufs, wie der sogenannte  Tiger-Alarm im Augsburger Siebentischwald.

    Bei Such- und Rettungseinsätzen erhebt die Polizei grundsätzlich keine Kosten. Wer vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt, muss unter Umständen die Kosten für Hubschrauber-Einsätze zahlen.

    Können andere Kosten auf die Erziehungsberechtigten zukommen?

    Ja. Werden Betrunkene oder zum Beispiel Drogenabhängige in Gewahrsam genommen, müssen sie dafür zahlen. Jedoch nur ab einem Alter von 14 Jahren. Zahlen müssen die Jugendlichen und nicht etwa die Eltern automatisch.

    Betrunkene Jugendliche werden dem Jugendamt gemeldet

    Werden betrunkene Kinder oder Jugendliche von der Polizei oder den Ärzten an die Jugendämter gemeldet?

    Ja. In der Regel meldet die Polizei Alkoholexzesse von Kindern und Jugendlichen, erklärt der Leiter der Pressestelle. Bis zum 16. Lebensjahr werde zudem geprüft, ob es Anhaltspunkte für eine Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht gibt.

    Auch für Ärzte gilt eine Meldepflicht an das Jugendamt. Doch ganz so einfach ist das nicht, weiß Walter Pecher, stellvertretender Leiter im Jugendamt Augsburg, aus Erfahrung. "Die Ärzte halten es nicht für notwendig uns zu unterrichten, obwohl sie verpflichtet sind, es zu melden", sagt Pecher. Er fordert seit langem eine bessere Einbindung der Jugendämter.

    Wie geht das Jugendamt vor, wenn eine Meldung erfolgt?

    Zum Einen ist die Abgabe von höherprozentigen Getränken an Jugendliche ein Bußgeldbestand. "Deshalb würden wir ermitteln, wer es überlassen hat", sagt Pecher. Außerdem werden Eltern und Kind zu einem Gespräch in das Jugendamt gebeten: "Ein Pädagoge klärt dann, ob ein einmaliger Ausrutscher vorliegt oder ob der Jugendliche regelmäßig trinkt." Dabei werden auch Kurse für den Umgang mit Alkohol angeboten.

    Zudem werde geprüft, ob die Aufsichtspflicht verletzt wurde.

    Wann ist die Aufsichtspflicht verletzt?

    "Das muss man sich in jedem Fall einzeln ansehen", sagt Pecher. Es sei zum Beispiel nicht möglich einen 16-Jährigen lückenlos zu überwachen. Bei einem 12-Jährigen kann der Fall natürlich ganz anders gelagert sein.

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