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Interview: Staatsminister zur Rundfunkbeitrag-Erhöhung: "Kosten dürfen nicht explodieren"

Interview

Staatsminister zur Rundfunkbeitrag-Erhöhung: "Kosten dürfen nicht explodieren"

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    Der Rundfunkbeitrag soll von 2021 an von 17,50 Euro pro Monat und Haushalt auf 18,36 Euro steigen.
    Der Rundfunkbeitrag soll von 2021 an von 17,50 Euro pro Monat und Haushalt auf 18,36 Euro steigen. Foto: Arno Burgi, dpa (Symbolbild)

    Herr Herrmann, der Rundfunkbeitrag soll von 2021 an von 17,50 Euro pro Monat und Haushalt auf 18,36 Euro steigen. Wird der Freistaat Bayern diesem Vorschlag der unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) folgen?

    Florian Herrmann: Zunächst einmal ist diese Empfehlung ein klares Sparsignal. Schließlich hätte der von ARD, ZDF und Deutschlandradio angemeldete Finanzbedarf zu einer weitaus stärkeren Erhöhung des Rundfunkbeitrags geführt. Ich halte eine Erhöhung um 86 Cent nach mehr als zehn Jahren, wie sie jetzt vorgeschlagen wurde, für durchaus maßvoll und für einen Kompromiss, auf den man sich durchaus einigen könnte. Aber das ist nun Sache der Ministerpräsidenten.

    Die Intendanten der öffentlich-rechtlichen Sender dürften nicht ganz so zufrieden sein.

    Herrmann: Ich habe noch keine Reaktionen aus den Sendern erhalten. Aber der KEF-Vorschlag zeigt doch auch, dass ihre Sparbemühungen gegriffen haben. Andernfalls hätte die KEF ihnen gewiss eine stärkere Erhöhung zugebilligt – hätte sie Bedarf dafür gesehen. Ich gehe davon aus, dass die nun vorgeschlagene Beitragserhöhung den Erfordernissen des Programmauftrags von ARD, ZDF und Deutschlandradio durchaus gerecht wird.

    Sie selbst warnten noch Ende 2018 vor einer Erhöhung. Diese sei „Gift“ für die Akzeptanz von ARD, ZDF und Deutschlandradio beim Bürger.

    Herrmann: Das war vielleicht etwas zugespitzt. Entscheidend ist doch: Die Akzeptanz der öffentlich-rechtlichen Sender – und damit auch der Finanzierung – hängt maßgeblich von ihrer Qualität ab.

    Im Moment stellt sich noch eine ganz andere Frage: Kann es überhaupt zu einer Beitragserhöhung zum Jahresbeginn 2021 kommen? Denn darüber müssen ja die Ministerpräsidenten befinden und dem anschließend alle 16 Länderparlamente zustimmen. Nun könnte aber das Fehlen einer intakten Regierung in Thüringen den Zeitplan über den Haufen werfen.

    Herrmann: Ich möchte noch gar nicht so weit in die Zukunft schauen. Als Nächstes ist erst einmal die Ministerpräsidentenkonferenz am Zug...

    ...die wegen Thüringen bereits auf den 12. März verschoben wurde.

    Herrmann: Ich gehe davon aus, dass Thüringen bis dahin handlungsfähig ist. Aber das wird man sehen. Die Ministerpräsidenten werden jedenfalls bei ihrer Konferenz über das weitere Vorgehen beraten.

    Herrmann: "Hochwertiger Journalismus ist wichtiger denn je"

    Werden sich die Ministerpräsidenten dem KEF-Vorschlag über einen Beitrag von 18,36 Euro anschließen?

    Herrmann: Das ist zumindest ein sehr durchdachter Vorschlag, den man sehr ernst nehmen muss.

    Wird eigentlich noch über das sogenannte Indexmodell gesprochen oder ist das politisch tot? Dabei würde der Rundfunkbeitrag an die Teuerungsrate gekoppelt – und automatisch steigen. Die KEF, die den Finanzbedarf der Sender prüft und dementsprechend eine Beitragshöhe empfiehlt, wäre Geschichte.

    Herrmann: Wir haben das Indexmodell immer ganz interessant gefunden. Aber man sollte die Gespräche jetzt nicht damit überfrachten, sondern zunächst einmal über den KEF-Vorschlag zur Beitragshöhe in der Beitragsperiode ab 2021 diskutieren. Ein Indexmodell wäre eine Systemänderung mit erheblichem Diskussionsbedarf.

    Eng mit der Debatte um den Rundfunkbeitrag verknüpft ist die Debatte über eine Reform von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Stehen Sie nach wie vor hinter dem, was im CSU-Grundsatzprogramm erklärt wird: „Wir streben langfristig die Zusammenlegung von ARD und ZDF unter einem Dach an“?

    Herrmann: Das steht im Moment sicherlich nicht oben auf unserer Agenda. Gerade in diesen Zeiten, in denen Fake News, Hass und Hetze kursieren, ist hochwertiger Journalismus wichtig – wichtiger denn je. ARD, ZDF und Deutschlandradio müssen alle Entwicklungen in Gesellschaft und Politik kritisch begleiten, einordnen und bewerten. Einsparungen dürfen nicht dazu führen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk dies nicht mehr leisten kann. Das gehört ja auch zu seinem Auftrag, und den muss er auch in Zukunft noch erfüllen können. Es gehört aber genauso dazu, dass er bei künftigen Generationen akzeptiert bleibt – und das ist die wichtigste Aufgabe, die sich den Sendern selbst nun stellt. Gleichzeitig muss man darauf achten, dass die Kosten nicht explodieren.

    "Fokus muss auf journalistischen Angeboten liegen"

    Was müssen die Sender denn tun, um ihre Glaubwürdigkeit zu stärken?

    Herrmann: Die Public-Value-Angebote müssen im Vordergrund stehen, das heißt: Die Sender müssen ihren Zuschauern und Zuhörern Angebote machen, die am Gemeinwohl orientiert sind. Das ist auch ihr eigentlicher Auftrag und weniger die reine Unterhaltungssendung oder die soundsovielte Serie, die Privatanbieter möglicherweise besser machen könnten. Der Fokus muss immer auf den journalistischen Angeboten liegen. Und darauf sollte er auch wieder verstärkt gelegt werden, mehr als auf Unterhaltung.

    Braucht es einen grundlegend anderen, neuen Programmauftrag? Der lautet ja auf Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung – und reicht damit von der Daily Soap bis zum Sport-Event, für das Beitragsmillionen eingesetzt werden.

    Herrmann: Das Angebot muss schon noch für alle attraktiv bleiben und der Grundversorgung dienen. Man kann natürlich immer über den Auftrag diskutieren, dann muss man aber auch klar benennen, was man nicht mehr wollen würde. Und hier wird es schwierig. Eine grundlegende Veränderung des Programmauftrags halte ich nicht für sinnvoll.

    Sie sprachen sich einmal für eine Reduzierung der Zahl der Spartensender aus.

    Herrmann: Diese müssen in einem vernünftigen Verhältnis zum Angebot der Privatsender stehen. Ich bin der klaren Meinung, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk ihnen Spielräume lassen muss. Zunächst einmal ist die Frage nach einer Reduzierung der Senderanzahl aber eine Sache der Gremien, in unserem Fall der des Bayerischen Rundfunks. Wir als Freistaat wollen uns nicht in die Programmgestaltung einmischen – es gilt das Prinzip der Staatsferne.

    Immer wieder wird kritisiert, dass die beitragsfinanzierten Öffentlich-Rechtlichen auch Werbeeinnahmen haben. Wollen Sie das ändern?

    Herrmann: Hier sehe ich aktuell keinen Änderungsbedarf.

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