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Blitzmarathon Bayern 2014: "Wir sind ja auch froh, wenn die Leute sich an die Regeln halten"

Blitzmarathon Bayern 2014

"Wir sind ja auch froh, wenn die Leute sich an die Regeln halten"

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    An diesem Donnerstag startet die Polizei ihren bundesweiten Blitzmarathon 2014 - auch in Bayern. 24 Stunden lang führen die Beamten verstärkt Radarkontrollen durch.
    An diesem Donnerstag startet die Polizei ihren bundesweiten Blitzmarathon 2014 - auch in Bayern. 24 Stunden lang führen die Beamten verstärkt Radarkontrollen durch. Foto: Ulrich Wagner

    Wie viele Rechtfertigungs-Versuche er schon gehört hat, kann Polizeioberkommissar Klaus Mayr nicht mehr sagen. Mal ist es ein wichtiger Termin, mal ein eingeschaltetes Bügeleisen und mal ein dringender Toilettenbesuch, der es unbedingt nötig macht, schneller als erlaubt zu fahren. In jedem Fall ist es immer eine absolute Ausnahme. „Keiner gibt zu, dass er chronisch zu schnell fährt“, sagt Mayr.

    An diesem Donnerstag startet die Polizei ihren bundesweiten Blitzmarathon 2014 - auch in Bayern. 24 Stunden lang führen die Beamten verstärkt Radarkontrollen durch. Die Aktion ist Teil des bayerischen Verkehrssicherheitsprogramms 2020 und soll Verkehrssünder nicht nur kurzfristig zu Disziplin am Steuer zwingen. Innenministerium und

    An diesen Straßen in der Region wird geblitzt

    Blitzmarathon soll abschreckend wirken

    „So ein Blitzmarathon wirkt abschreckend. Er rückt ins Bewusstsein, dass man einem Fehlverhalten unterliegt, wenn man die vorgeschriebene Geschwindigkeit nicht einhält“, sagt auch Ulrich Chiellino, Verkehrspsychologe beim Autoklub ADAC. Das Wissen, dass verstärkte Kontrollen stattfinden, bewirke bei den Autofahrern eine Verhaltensänderung. Und so werde „zumindest eine Auseinandersetzung mit dem Thema“ erreicht.

    Das Radarfoto, herausgegeben zeigt ein weißes Pferd auf dem Schullendamm in Meppen, das von einer Koppel ausgebrochen war.
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    Vor 60 Jahren, am 15. Februar 1959, blitzten Polizisten in Deutschland erstmals mit mobilen Geräten. Seitdem halten sie auch kuriose Momente fest.

    157 Stundenkilometer zeigt die Videoüberwachung, als Klaus Mayr den Knopf für das Blaulicht und das „Stopp, Polizei“-Leuchten am zivilen Einsatzfahrzeug drückt. Er und sein Kollege Michael Klein sind an diesem Tag in Augsburg unterwegs. Wie auch am kommenden Donnerstag messen sie von ihrem silbernen BMW aus die Geschwindigkeit der anderen Autos – und halten jeden auf, der zu schnell fährt oder den vorgeschriebenen Abstand zum Vordermann nicht einhält.

    Diesmal hat es einen Geschäftsmann erwischt. Die Beamten bremsen seinen schwarzen Mercedes auf der B17 nahe Kleinaitingen (Landkreis Augsburg) ab. Auf dem Weg nach Bad Wörishofen ist er in einer Zone, die bei nasser Fahrbahn auf Tempo hundert beschränkt ist, einfach durchgerauscht. 57 Stundenkilometer zu schnell – das wird den Mann mindestens einen Monat lang seinen Führerschein kosten. Und der findet diese Erkenntnis überhaupt nicht lustig. „Ich musste zu einem Termin, war zu spät dran“, sagt er und schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. „Außerdem war die Straße doch gar nicht so wahnsinnig nass.“ „Es regnet in Strömen“, sagt Klaus Mayr, „und wir haben auf Video, dass Sie viel zu schnell gefahren sind. Wollen Sie den Film mal sehen?“

    Blitzmarathon Bayern: 13000 Kontrollen im vergangenen Jahr

    Der 47-jährige Mann will nicht. „Sehen Sie sich mein Auto an, das ist top gewartet, das ist total in Schuss, da kann gar nichts passieren“, sagt er. Er will bezahlen, „gern auch 500 oder 1000 Euro“. Aber seinen Führerschein, den will er auf gar keinen Fall verlieren.

    Klaus Mayr und Michael Klein bleiben ruhig. Sie nehmen die Daten des Mannes auf und geben ihm seinen Führerschein und seine Fahrzeugpapiere anschließend wieder zurück. In ein paar Wochen wird der Mann einen Bescheid per Post bekommen, in dem ihm das Strafmaß verkündet wird. Ist er damit nicht einverstanden, kann er Widerspruch einlegen – und notfalls vor Gericht gehen. Dann wird er sich aber mit dem Video auseinandersetzen müssen, das die Beamten von seiner schnellen Fahrt gemacht haben. Denn der Film wird als Beweisstück aufbewahrt.

    Rund 10000 Menschen werden jedes Jahr in Bayern wegen Geschwindigkeitsübertretungen verletzt. 215 kamen dabei allein im Jahr 2012 ums Leben. Im Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Nord waren es acht Verkehrstote durch überhöhte Geschwindigkeit in diesem Zeitraum. Und jeder davon ist einer zu viel. Deshalb will das Verkehrssicherheitsprogramm 2020 diese Zahlen senken.

    Schon im vergangenen Jahr veranstaltete die Polizei einen Blitzmarathon. Weil der Tag, wie auch diesmal, angekündigt war, fuhren viele Verkehrsteilnehmer besonders vorsichtig. An insgesamt 50 Kontrollstellen wurden allein im Bereich des

    Klaus Mayr hat schon wieder einen Verkehrssünder entdeckt. Diesmal ist es eine Frau, das ist schon durch die Heckscheibe des schwarzen VW-Busses klar zu erkennen. In einer 70er-Zone zeigt der Video-Tacho bei ihr eine Geschwindigkeit von 102 Stundenkilometern. Mayr drückt den Blaulicht-Knopf und sein Kollege Klein hält die „Stopp, Polizei“-Kelle ans Fenster.

    „Das Problem ist, dass zu hohe Geschwindigkeit im Straßenverkehr zu oft aus der persönlichen Erfahrung her gut geht, weil es keine Sanktionen gibt und es auch nicht zu einer Gefährdung kommt“, sagt der Verkehrspsychologe Chiellino. „Dieses immer wieder Vorrechnen, wie sich ein Anhalteweg verlängert, wenn man zwanzig Kilometer pro Stunde schneller ist, das ist die Theorie. Aber in der Praxis zeigt sich das nicht, weil ich nur selten gezwungen bin, diese Vollbremsung auch hinzulegen. Und dadurch schleift sich so ein Verhalten dann ein.“

    Ein Punkt in Flensburg und hundert Euro Strafe

    Die 37-Jährige, die Mayr und Klein in ihrem VW-Bus aus dem Verkehr ziehen, versucht gar nicht erst, sich in Ausreden zu flüchten. Sie nickt nur schuldbewusst, als die Beamten ihre Daten aufschreiben und ihr eine kleine Standpauke halten. Ein Punkt in Flensburg und rund 100 Euro Strafe erwarten sie für ihren Verkehrsverstoß.

    Dass Menschen bei der Video-Radarkontrolle, anders als bei den festen Blitzern am Straßenrand, gleich zur Rechenschaft gezogen werden, soll erzieherische Funktion haben. „Natürlich sagt man, dass es das Beste ist, wenn die Leute unmittelbar für ihr Fehlverhalten eine Konsequenz bekommen und sich erklären müssen. Wenn ich es gar nicht bemerke, bin ich in dem Moment auf der sicheren Seite. Der Brief ist dann schon wieder zu weit weg“, erklärt der Psychologe Chiellino. Ein persönliches Feedback sei noch besser als der momentane Schrecken, den ein rotes Blitzlicht bewirkt.

    Davon sind auch Mayr und Klein überzeugt. Dass sie in der zweistündigen Fahrt „nur“ zwei Verkehrssünder ausfindig gemacht haben, liege auch am Wetter, sagen die beiden. „Aber wir sind ja auch froh, wenn die Leute sich an die Regeln halten“, erklärt Mayr. „So soll es ja sein, dann haben wir weniger Arbeit und es passieren weniger Unfälle.“

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