Markus Söder hat sich in den Corona-Monaten einen Ruf als ausgezeichneter Krisenmanager erworben. Seine Umfragewerte sind so weit in die Höhe geschossen, dass er regelmäßig die Frage nach einer Kanzlerkandidatur für die Union von sich weisen muss. Manche werfen ihm zwar vor, dass er bei den Lockerungen zu zögerlich ist, doch einen klaren Kurs in der Krise kann ihm niemand absprechen. Und schnell war er auch immer. Erster beim Verhängen der Ausgangsbeschränkungen im März, Erster beim Übernachtungsverbot für Besucher aus dem neuen Hotspot Gütersloh. Und nun prescht der bayerische Ministerpräsident wieder vor: Der Freistaat bietet als erstes Bundesland Corona-Tests für alle.
Doch mit diesem Vorstoß hat Söder viel Kritik geerntet. Aus wissenschaftlicher Sicht biete das praktisch keine Vorteile, ist einer. Dass damit die Testkapazitäten unnötig belastet werden, ein anderer. Sogar Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, der bisher recht harmonisch mit Söder aufgetreten war, kritisiert die bayerischen Pläne: Einfach nur viel testen klinge gut, sei aber ohne Systematik nicht zielführend, schrieb Spahn auf Twitter, „denn es wiegt in falscher Sicherheit, erhöht das Risiko falsch-positiver Ergebnisse und belastet die vorhandene Testkapazität“.
Doch Bayern lässt sich davon nicht beirren. „Das freiwillige Angebot ist ein wichtiges Signal an die Bürger sich Sicherheit zu verschaffen“, sagte Söder. „Testen ist das Gegenstück zum Lockdown, Testen ist das Frühwarnsystem.“ Tatsächlich gebe es hauptsächlich aus der Politik Kritik am neuen bayerischen Vorgehen, „Patientenschützer und Virologen haben es gelobt“, sagte Söder.
Markus Söder sieht hohe Nachfrage nach freiwilligen Tests
Es gehe dabei auch nicht um blindwütiges Massentesten, sondern auch um gezielte Nachfragen aus bestimmten Gruppen mit hohem potentiellen Ansteckungsrisiko. So gebe es beispielsweise seit langem Nachfragen aus dem Bereich der Gastronomie, wo die Unternehmer noch sicherer gehen wollen, dass sie oder ihre Mitarbeiter keine Gästen anstecken. „Viele Leute wollen Sicherheit haben“, betonte er.
Auch in anderen Bundesländern, etwa in Sachsen gebe es das Angebot für Lehrkräfte sich freiwillig testen zu lassen, insbesondere im medizinischen und pflegerischen Bereich seien Tests wichtig. Anfangs der Pandemie hätten sogar Patienten mit Symptomen zu lange auf Tests warten mussten, deshalb solle es jetzt eine 24-Stunden-Garantie in solchen Fällen geben.
Beim Thema Maskenpflicht bleibt Söder hart
„Ein besserer Service für Gesundheit als das was auf wir auf den Weg bringen, ist in Deutschland kaum zu finden“, sagte Markus Söder, 53, in unserem Live-Interview am Montagabend. Eine ganze Stunde lang beantwortete der CSU-Politiker die Fragen von Chefredakteur Gregor Peter Schmitz und unseren Lesern – Corona-bedingt auch dieses Mal wieder ohne Publikum, sondern per Videoschalte.
Markus Söder im Interview: Hier sehen Sie das ganze Gespräch
Manche Fragen parierte Söder ziemlich cool. Etwa als ihn Chefredakteur Schmitz daraufhin wies, dass er sich in der Pandemie sehr oft in der Politik Österreichs ein Vorbild nehme, nur in der Frage der in der Alpenrepublik gelockerten Maskenpflicht höre man von ihm hier nichts Ähnliches. „Stimmt“, sagte Söder knapp und schwieg. Dann schob er dennoch nach, dass das Tragische an Corona sei, dass zwar man in einer hochtechnologischen Welt lebe, „aber es sind die einfachen Maßnahmen, die uns schützen.“ Und so mahnte er: „Wenn wir die nicht nutzen, sind wir am Ende selber schuld.“
Zwar habe man die Maskenpflicht an der Ladenkasse gelockert und auch an Theken. Aber in einem Club werde man noch lange nicht tanzen können: „Das dauert, denn da ist Ansteckungsrisiko mit am größten“, enttäuschte Söder über das Internet gestellte Fragen der Leser. Man könne ja mit der Partnerin zuhause tanzen. Aber im Ernst, überall auf der Welt könne man derzeit verfolgen, wie nach Partys massenhafte Infektionen auftreten. „Ich kann nur dazu raten, auch für sich selbst Vernunft anzuwenden.“
Warnendes Beispiel aus seiner Heimatstadt Nürnberg
Denn er habe gerade in seiner Heimatstadt Nürnberg, am Staatstheater erlebt, wie schnell eine einzige festgestellte Infektion schnell auch im Kulturbetrieb alle Hoffnungen auf Rückkehr zu etwas Normalbetrieb zerstören könne: „Wenn irgendetwas passiert, ist die Welt am nächsten Tag plötzlich eine andere.“
Doch trotz zahlreicher Fragen nach Sinn und Zweck der Maskenpflicht gab sich Söder, live zugeschaltet aus seinem Arbeitszimmer mit bayerischer Flagge im Hintergrund, zufrieden mit der Umsetzung und Einhaltung der Corona-Politik im Freistaat. „Im großen und ganzen ist die Bayerische Bevölkerung mit diesen Maßnahmen im Einklang“, betonte er.
Eine wichtige Ratgeberin in der Krisenzeit voller schwierigen Entscheidungen, so gestand der CSU-Chef, sei für ihn Kanzlerin Angela Merkel gewesen: „Jemand der so oft Krisen bewältigt hat, bei denen zu Beginn keine Lösung möglich waren, bietet schon einen Rat wie man damit umgeht“, sagte Söder.
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