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Augsburg: Bordelle in Augsburg: Armut treibt 20-jährige Frau ins Rotlichtmilieu

Augsburg

Bordelle in Augsburg: Armut treibt 20-jährige Frau ins Rotlichtmilieu

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    Rund 90 Prozent der Prostituierten in Augsburg kommen aus Osteuropa.
    Rund 90 Prozent der Prostituierten in Augsburg kommen aus Osteuropa. Foto: Patrick Seeger, dpa

    Selten war Ewa, 20, länger als zwei, drei Wochen in einem Bordell. Sie verkaufte ihren Körper in Etablissements am Bodensee, im Schwarzwald, in Nürnberg – und über mehrere Monate hinweg auch in Augsburg. Oft wechselte sie die

    Immer mehr Frauen aus Osteuropa arbeiten in der deutschen Sex-Branche

    Der Mann, dem sie einen großen Teil ihres hart verdienten Geldes gegeben hat, stand jetzt vor dem Augsburger Amtsgericht. Richterin Elke Bethge verurteilte Nicolae K.*, 29, wegen Zuhälterei und Körperverletzung zu einer Haftstrafe von einem Jahr und acht Monaten. Nach Ansicht der Augsburger Kripo ist das Schicksal von Ewa kein Einzelfall, sondern typisch für die Geschichten junger Frauen aus Osteuropa, die von der Armut getrieben ihr Glück im Westen suchen – und die für Geld auch bereit sind, ihren Körper zu verkaufen. Die Beamten haben zuletzt in mehreren ähnlichen Fällen ermittelt, die nun vor Gericht verhandelt werden.

    Den Trend beobachten die Milieu-Ermittler seit Jahren. Immer mehr Frauen aus Osteuropa, vor allem aus Rumänien, Ungarn oder Bulgarien verdingen sich in der deutschen Sex-Branche. Etwa 600 Frauen arbeiten nach Schätzungen der Polizei in Augsburg als Prostituierte. Rund 90 Prozent sind aus dem Ausland. Anfang Oktober machte die Entführung einer 19-Jährigen aus einem Bordell in Lechhausen Schlagzeilen. Mehrere Zuhälter holten sich mit Gewalt eine Frau zurück, die sich abgesetzt hatte. Sie entführten sie nach München, wo ein Sondereinsatzkommando sie befreite. Solche Szenen wie aus einem TV-Krimi sind aber die Ausnahme. Viel öfter werden Frauen emotional gefügig gemacht. Von Männern, die ihnen die große Liebe vorgaukeln und sie auf diese Weise unter Druck setzen. Es sind Männer, die oft selbst der Armut entfliehen wollen und dabei zu Tätern werden.

    Die Kripo Augsburg leistete gute Präventionsarbeit

    So gerät offenbar auch der jetzt verurteilte Nicolae K. ins Milieu. Er gibt an, er sei von Rumänien nach London gezogen, um dort als Fahrer bei einem Konzern zu arbeiten. In

    Die Ermittler der Kripo gehen davon aus, das Nicolae K. seine Liebe nur spielt. Das legen auch abgehörte Telefonate nahe, in denen er Ewa unter Druck setzt und von der verzweifelt klingenden Frau fordert, sie müsse mehr Geld ranschaffen. Als „Loverboys“ werden solche Zuhälter in der Szene bezeichnet.

    An mehreren Orten in Deutschland fällt das aber niemanden auf. Erst in Augsburg wird die Kripo aufmerksam. Hier versuchen die Ermittler, mit allen Prostituierten, die jünger als 21 Jahre sind, ein Gespräch zu führen. Dabei verwickelt sich Ewa, die nur wenige Worte deutsch spricht, in Widersprüche. Sie behauptet, sie sei alleine mit dem Bus gekommen. Bei Kontrollen vor Bordellen stoßen Beamte immer wieder auf Nicolae K., der offenbar Ewas Arbeit kontrolliert. Die Ermittler finden heraus, dass Nicolae K. in Rumänien eine Ehefrau und ein kleines Kind hat. Das erzählen sie Ewa. Und sie spielen ihr abgehörte Telefongespräche zwischen K. und seiner Ehefrau vor. Darin nennt er Ewa abschätzig eine „Drecksau“. Da beginnt die Prostituierte, sich zu öffnen und von ihrem Schicksal zu erzählen. Staatsanwalt Christian Grimmeisen lobt im Plädoyer die „Präventionsarbeit“ der Kripo.

    Der Angeklagte bricht beim Prozess in Tränen aus

    Das Geld, das ihr geblieben sei, habe sie an ihre Familie in Ungarn geschickt, berichtet Ewa. Sie hat dort auch eine kleine Tochter. Nicolae K. beteuert vor Gericht, er habe das Geld ebenfalls gebraucht, um seine Familie in Rumänien über Wasser zu halten. Deshalb habe er hier in Deutschland teils wochenlang in seinem Auto geschlafen. Eine Wohnung hatte er in Augsburg nicht, nur eine Alibi-Adresse fürs Einwohnermeldeamt.

    Der Angeklagte beteuert, er habe Gefühle für Ewa, er sei nicht nur der kühle Ausbeuter. Als er erfährt, dass Ewa, die zum Prozess nicht erscheint, vermutlich wieder in London auf den Strich geht, bricht er in Tränen aus. *Name geändert

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