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Siebenbrunn: Wie Augsburgs kleinster Stadtteil entstanden ist

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Wie Augsburgs kleinster Stadtteil entstanden ist

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    Das Unterdorf von Siebenbrunn mit seiner Textilfabrik musste in den 1970er-Jahren wegen des Trinkwasserschutzes „abgesiedelt“ werden.
    Das Unterdorf von Siebenbrunn mit seiner Textilfabrik musste in den 1970er-Jahren wegen des Trinkwasserschutzes „abgesiedelt“ werden. Foto: Sammlung Hermann Pitzl

    Der Augsburger Stadtwald wurde heuer wegen seiner einzigartigen Naturlandschaft zum deutschen „Waldgebiet des Jahres“ gekürt. Das 22 Quadratkilometer große Naturschutzgebiet ist aber auch eine bemerkenswerte Kulturlandschaft. „Dazu trägt der mittendrin liegende Stadtteil Siebenbrunn maßgeblich bei“, sagt Elfriede Ohrnberger, die stellvertretende Vorsitzende des Kulturkreises Haunstetten. Der Verein hat sich intensiv mit der Kulturgeschichte des Stadtwaldes und von Siebenbrunn beschäftigt. Ohrnberger gehörte zur fünfköpfigen Kulturkreis-Projektgruppe. Der Ursprung des idyllischen Mini-Stadtteils Siebenbrunn ist die Gemeinde Meringerau (zusammengeschrieben). Diese Streusiedlung wurde im Jahr 1804 in der altbayerischen Meringer Au (getrennt geschrieben) gegründet. Das einst nicht-schwäbische Territorium westlich des Lechs rührt daher, dass dort der Fluss im frühen Mittelalter ein bis zwei Kilometer weiter im Westen verlief. Der nördliche Teil um das heutige Siebenbrunn wurde ursprünglich als Weideland genutzt, auch für die zahlreichen von Ungarn nach Augsburg getriebenen Ochsen. Der südliche Teil der Meringer Au diente der Jagd und der Forstwirtschaft.

    Die Besiedlung des nördlichen Teils der Meringer Au hatte der bayerische Kurfürst im Jahr 1804 genehmigt. Sogenannte „Kolonisten“ wurden angelockt. Aus der Region stammende Kaufleute und ein Arzt errichteten fünf Gutshöfe. Auch Kleinbauern ließen sich nieder und das Unterdorf mit einer Textilfabrik entstand. In dieser „Mechanischen Weberei Siebenbrunn“ wurden bis zu 230 Webstühle von einem Kraftwerk am Siebenbrunner Bach angetrieben. Die Herrenhäuser der fünf Gutshöfe hatten alle ein französisches Mansardendach erhalten. Dies führte später zu der falschen Annahme, es handele sich um eine Hugenottensiedlung. Es kam sogar zu einer Straßenbenennung „Hugenottenweg“.

    Nur zwei Gutshöfe in Siebenbrunn blieben erhalten

    Nur der Rau‘sche Gutshof und der Zabuesnig-Gutshof blieben erhalten und wurden von bekannten Augsburger Unternehmern restauriert. Der Beck‘sche Gutshof, der Preßmar‘sche Gutshof und der Niethammer‘sche Gutshof mussten in den 1980er- und 1990er-Jahren abgerissen werden. Man gab dem Trinkwasserschutz den Vorrang gegenüber dem Denkmalschutz. Der Beck‘sche Gutshof diente zuletzt als Sitz des städtischen Forstreviers Nr. 1 „Siebenbrunn“. Die Wüstung beherbergt nun Bienenvölker. Rund um den ehemaligen Preßmar‘schen Gutshof gedeihen weiterhin besondere Obstsorten. Kaum Spuren hinterließ der Niethammer‘sche Gutshof, welcher im 19. Jahrhundert als Kur- und Badeanstalt florierte.

    Das neue Siebenbrunner Schulhaus, geplant vom Stadtbaurat Otto Holzer, war quasi ein Geschenk nach der Eingemeindung im Jahr 1910.
    Das neue Siebenbrunner Schulhaus, geplant vom Stadtbaurat Otto Holzer, war quasi ein Geschenk nach der Eingemeindung im Jahr 1910. Foto: Wilfried Matzke

    Im Jahr 1910 ließ sich die Gemeinde Meringerau als Stadtteil Siebenbrunn von Augsburg vereinnahmen. Quasi als Geschenk wurde bald ein neues Schulhaus errichtet. Diese Dreiflügelanlage im Neubarockstil hatte der Stadtbaurat Otto Holzer persönlich geplant. Das eindrucksvolle Gebäude wird heute von einer privaten Akademie genutzt. In dem Siedlerhaus „Siebenbrunn 32“ hat man nach der Eingemeindung eine Pflasterzollstation eingerichtet. Auswärtige Autofahrer und Fuhrleute mussten hier eine Straßenbenutzungsgebühr entrichten. Der Stadtteil besaß zwischen 1901 und 1927 sogar einen Haltepunkt für die Personenzüge auf der Localbahn-Strecke nach Haunstetten.

    Früher lebten in der Streusiedlung bis zu 753 Menschen

    Früher lebten in der Streusiedlung bis zu 753 Personen. Mittlerweile sind es weniger als 100 Bürger. Das Unterdorf mit seiner ehemaligen Textilfabrik und einzelne Anwesen wurden in den 1970er-Jahren wegen des Trinkwasserschutzes „abgesiedelt“. Erhalten geblieben ist trotz Straßennamen die ortsteilbezogene Adressierung. „Meringerau 1 bis 62“ lauteten ursprünglich die Anschriften, heute „Siebenbrunn 7 bis 53“. Die Gaststätte Jägerhaus mit ihrer Adresse „Siebenbrunn 16“ existiert seit 120 Jahren, aber sie ist schon länger wegen Pächtersuche geschlossen. Das ursprüngliche Jägerhaus oder „Bayerhäusl“ vom Jahr 1605 stand am Ende der jetzigen Krankenhausstraße. Hier war einst der Dienstsitz der kurfürstlichen Jäger in der altbayerischen Meringer Au.

    Hier am ehemaligen Haltepunkt „Siebenbrunn“ an der Localbahn-Strecke nach Haunstetten hielten von 1901 bis 1927 auch Personenzüge.
    Hier am ehemaligen Haltepunkt „Siebenbrunn“ an der Localbahn-Strecke nach Haunstetten hielten von 1901 bis 1927 auch Personenzüge. Foto: Wilfried Matzke

    Die besondere Geschichte von Siebenbrunn dokumentiert die neue Stadtwald-Karte des Kulturkreises Haunstetten. Das Druckwerk ist bei der Bürger- und Tourist-Information am Rathausplatz kostenlos erhältlich.

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