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Augsburg: Was Augsburger Naturschutz-Scouts im Einsatz alles erleben

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Was Augsburger Naturschutz-Scouts im Einsatz alles erleben

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    Naturschutz-Scout Michael Lemster ist an seiner blauen Weste und einem Namensschild zu erkennen.
    Naturschutz-Scout Michael Lemster ist an seiner blauen Weste und einem Namensschild zu erkennen. Foto: Michael Eichhammer

    Die alte Flugplatzheide verdankt ihren Namen dem Umstand, dass hier ab 1917 die Bayerischen Rumpler-Werke Flugzeuge produzierten und auch ein Flugfeld hatten. Noch immer herrscht dort reger Flugverkehr – nun aber durch Insekten. "Das ist hier ein Labor der Natur", schwärmt Naturschutz-Scout Michael Lemster bei seinem Spaziergang über das Gelände in Haunstetten. Doch die Heide ist auch ein Schutzgebiet, das stark unter Druck steht.

    Die blauflügelige Ödland-Schrecke und Schachbrett-Falter, die man anderswo selten findet, zählen bis heute zu den Heidebewohnern. Auch Pflanzen aus Regionen wie Ungarn oder dem Mittelmeerraum haben sich bis hierher ausgebreitet, ebenso alpine Blumen wie der Kreuz-Enzian. Feldhasen und Rebhühner verstecken sich zwar vor Passanten, doch auch sie leben auf der alten Flugplatzheide. Insgesamt haben dort mehr als 80 gefährdete heimische Pflanzenarten und viele seltene Tierarten ein knapp acht Hektar großes Rückzugsgebiet gefunden.

    Naturschutz-Scouts erkennt man an ihrer Weste

    Die Frage, warum die Artenvielfalt in diesem Areal so hoch ist, beantwortet Michael Lemster so: "Weil der Mensch es in Ruhe lässt." Damit das so bleibt, setzt der Landschaftspflegeverband der Stadt Augsburg seit März Naturschutz-Scouts wie ihn ein. Sie schauen an schutzbedürftigen Orten wie der Heide nach dem Rechten. Eine Uniform tragen sie nicht, doch erkennt man sie an ihrer blauen Weste und einem Namensschild.

    Die Naturschutz-Scouts achten darauf, dass keine Hinterlassenschaften wie Glasscherben auf der Heidefläche bleiben.
    Die Naturschutz-Scouts achten darauf, dass keine Hinterlassenschaften wie Glasscherben auf der Heidefläche bleiben. Foto: Michael Eichhammer

    Halten sich Spaziergänger, Radfahrer oder Hundebesitzer nicht an die Regeln, sprechen die Scouts Betroffene darauf an. Zwar sind die meisten Vorschriften im Schutzgebiet selbsterklärend: Hundekot und Müll mitnehmen, kein Feuer machen und keine Pflanzen ausreißen. Offenbar sind sie aber nicht jedem klar. Ein häufiger Regelverstoß ist nach Beobachtungen der Landschaftspfleger, dass Hunde ohne Leine unterwegs sind, oder dass Radfahrer abseits des Weges über die Flächen fahren. Auch liegengelassener Hundekot und Müll verärgern Naturschützer. Dramatisch seien die Fälle, in denen freilaufende Hunde Feldhasen rissen. Glasscherben, die nach einer Feier liegen bleiben, hätten auch schon Weidetiere wie Ziegen verletzt, die auf der Flugplatzheide als "natürliche Rasenmäher" im Einsatz sind.

    Stadt Augsburg will kein Betretungsverbot für die Flugplatzheide

    Für den Schutz der Flugplatzheide setzt sich unter anderem die Augsburger Naturschutzallianz ein. Deren Sprecher Günther Groß weiß: "Aufgrund der Corona-Maßnahmen ist ein größerer Schutz notwendig, denn die Leute fahren nicht mehr so viel weg und nutzen mehr den heimischen Raum." Dass immer mehr Menschen die Naherholung in der Natur für sich entdecken, sei prinzipiell begrüßenswert – so lange dabei die Natur respektiert wird. Ein Betretungsverbot der Heide sei dennoch kein Thema gewesen, erklärt Umweltreferent Reiner Erben, der auch Vorsitzender des Landschaftspflegeverbandes ist. "Im Gegenteil: Wir freuen uns, wenn die Heide besucht wird und sich die Menschen an ihrer Schönheit erfreuen."

    Scouts wie Michael Lemster sind ehrenamtlich tätig. Das Gute daran: Es gibt keinen fixen Schichtdienst, wann welcher Scout unterwegs sein muss. Es gibt aber auch ein Problem. Die ehrenamtlichen Heidewächter haben keine Befugnisse, Übeltäter zu sanktionieren. "Wir dürfen nicht mal Personalien aufnehmen, wir können nur kommunizieren", sagt Lemster.

    Leinenzwang für Hunde

    "Aggressive Reaktionen sind sehr selten", berichtet er. In gravierenden Fällen können die Scouts die Polizei rufen. Ein Mittel, zu dem Lemster noch nie gegriffen hat. Er wolle niemanden bestrafen, sondern die Sensibilität für die Natur fördern, erklärt er. 90 Prozent der Angesprochenen seien einsichtig. Ob die Menschen es nicht besser wissen, oder ob sie nur so tun, könne er nicht beurteilen, sagt er. Was unter anderem dafür spricht, dass viele Spaziergänger nicht Bescheid wissen: Von allen Heiden in der Region ist die Flugplatzheide die einzige, auf der Leinenzwang für Hunde herrscht. "Ich würde mir wünschen, dass es mehr deutliche Beschilderung gibt, denn ich glaube, die Leute übersehen das vielfach", sagt Lemster. Seit Kurzem sind fünf neue Informationstafeln installiert. Sie informieren über die ansässigen Arten und darüber, wie man diese erhält.

    Tafeln informieren über die Flugplatzheide.
    Tafeln informieren über die Flugplatzheide. Foto: Michael Eichhammer

    Günther Groß wünscht sich noch einen wirksameren Schutz. Ergänzend zu den ehrenamtlichen Scouts befürwortet er Ranger, die als offizielle Amtspersonen auftreten und Regelverstöße auch ahnden könnten. Nicolas Liebig, Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbandes, begrüßt die Idee ebenfalls. Liebig findet: "Wie im Straßenverkehr kann ein Bußgeld ein letztes Mittel sein, um Leute einsichtig zu machen." Wer in der Stadt zuständig wäre, um Naturschutz-Ranger einzustellen? "Darüber wird lebhaft diskutiert", erklärt Liebig. Seiner Meinung nach wäre die Untere Naturschutzbehörde am Zug. Andere argumentieren, es sei Sache der Forstverwaltung. So oder so: "Der Freistaat sollte hierfür Fördergelder zur Verfügung stellen - es handelt sich um europäische Schutzgebiete, das ist eine staatliche Aufgabe", ist Nicolas Liebig überzeugt.

    Führungen über die Heide

    Im Sommer bietet der Landschaftspflegeverband Führungen auf der Flugplatzheide an. Termine sind am Sonntag, 1. August, um 15 Uhr, Freitag, 6. August, um 13 Uhr, Donnerstag, 12. August, jeweils um 17.30 Uhr. Treffpunkt ist vor dem Landesamt für Umwelt, Bgm.-Ulrich-Straße 160.

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