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Augsburg: Osram-Mitarbeiter sind verbittert: „Die Stimmung ist am Boden"

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Osram-Mitarbeiter sind verbittert: „Die Stimmung ist am Boden"

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    Dunkle Wolken über Osram: Bei einem neuen Stellenabbau könnte es auch zu betriebsbedingten Kündigungen kommen.
    Dunkle Wolken über Osram: Bei einem neuen Stellenabbau könnte es auch zu betriebsbedingten Kündigungen kommen. Foto: Silvio Wyszengrad

    Das Bild mag symbolhaft sein: Dunkle Wolken hängen über dem Osram-Werk an der Berliner Allee. Die Zukunft für die noch 1300 verbliebenden Mitarbeiter am Standort Augsburg sieht düster aus. Der Lichttechnik-Hersteller will Personal abbauen. Die Nachricht, die am Dienstagabend durchsickerte, hat Ängste ausgelöst. Der Tag danach brachte keineswegs Gewissheit. Die Belegschaft bleibt im Unklaren, wie es weitergehen wird. Gehen bei Osram in

    Mitarbeiter, die am Mittwoch um 14 Uhr wegen des Schichtwechsels das Werk verlassen, wollen wenig sagen. Stumm nehmen sie die Flugblätter ihrer Kollegen in den orangen Westen entgegen. Darin informiert der Gesamtbetriebsrat. „Wenigstens einer“, sagt ein Mitarbeiter, der anonym bleiben möchte. „Sonst redet keiner mit dir. Jetzt habe ich allein über die Medien erfahren, dass unsere Jobs in Gefahr sind.“

    Schon lange bangen die Osram-Mitarbeiter am Werk. „Die Stimmung ist am Boden. Ich meine, wo in Augsburg bekommt man noch solche Arbeit? Und wo soll in Zukunft die Kaufkraft herkommen, wenn hier alles dicht macht?“, sagt ein weiterer Mitarbeiter. Seine Mienen verrät, wie es ihm gefühlsmäßig geht. Seit 1990 arbeitet er für das Unternehmen, seine Frau seit 28 Jahren.

    „Wir haben uns immer für den Namen Osram eingesetzt. Jetzt ist der Dank wahrscheinlich die Kündigung.“ Doch gibt es auch optimistische Stimmen. Artugul Arzik, dessen Schicht um 14 Uhr beginnt, hat ebenfalls über die Medien vom neuen Sparprogramm erfahren. Dennoch glaubt er an bessere Zeiten: „Auftragsmäßig ist alles sehr gut. 2016 wollen die wieder Leute einstellen.“

    Wirtschaftsreferentin: Der Stadt sind die Hände gebunden

    Weil nach wie vor wenige Fakten über den geplanten Stellenabbau nach außen dringen, fallen inhaltliche Bewertungen schwer. „Auch uns als Stadt sind die Hände gebunden“, sagt Wirtschaftsreferentin Eva Weber. Erst wenn feststehe, wie sich der

    Die Wirtschaftsreferentin erinnert daran, dass es bereits in der Vergangenheit Kontakte mit der Unternehmensführung gegeben habe. Dies wird von Gewerkschaftsseite bestätigt, wo ebenfalls noch Ungewissheit über das Ausmaß des Stellenabbaus herrscht. Immer wieder ist momentan aus Augsburg zu hören, dass die Osram-Konzernleitung kein Zukunftskonzept für den Standort habe. Es sei seit Jahren bekannt, dass der Markt mit Leuchtstoffröhren einbreche. Das ist das Segment, das in Augsburg gefertigt wird.

    Während Osram-Mitarbeiter erzählen, das Werk habe die Zeichen der Zeit nicht erkannt, sprechen andere von reinem Kalkül: „Die Geschäftsführung hat nichts verpasst, das war alles Absicht. Schließlich lässt es sich in China deutlich günstiger produzieren.“ Die Reaktionen zeigen: die Belegschaft fühlt sich im Stich gelassen. Wie es weitergeht, weiß kaum jemand. „Angeblich verfolgt die Führung einen Sozialplan. Aber alle mit zwei, drei Kindern oder Alleinerziehende werden gekündigt. Was ist daran sozial?“

    Langsam wird es um das Tor 3 ruhiger. Der Schichtwechsel ist vollzogen, der Verkehr ebbt ab. In schnellem Schritt verlässt ein junger Mann das Gelände. Entsetzt über die Hiobsbotschaft ist er nicht: „Das betrifft mich alles nicht, ich bin schon gekündigt“, sagt er und zieht von dannen.

    Beim Osram-Werk in Schwabmünchen mit derzeit 400 Mitarbeitern ist die Stimmung mehr als pessimistisch. Betriebsratsvorsitzender Werner Leyer beschreibt die Lage als ernst: „Wenn man sich die Zahlen ansieht, dann weiß man, dass Schluss mit lustig ist.“ Laut Leyer haben viele Mitarbeiter Zukunftsängste, manche hätten schon fast mit Osram abgeschlossen: „Seit 20 Jahren leben wir mit der Bedrohung in

    Wirtschaftskammer kritisiert Unternehmenspolitik

    Kritik an der Unternehmenspolitik kommt von der Industrie- und Handelskammer. IHK-Hauptgeschäftsführer Peter Saalfrank sagt gegenüber unserer Zeitung: „Eine solche Entwicklung war leider nicht auszuschließen, da seit einigen Jahren erkennbar war, dass die hier gefertigten Produkte nicht mehr zu den Zukunftstechnologien des Konzerns und der Branche gehören. Diese Technologien sind andernorts entwickelt und umgesetzt worden. Damit ist die Wertigkeit des Standorts innerhalb des Konzerns kontinuierlich gesunken.“ Das werde auch dadurch illustriert, so Saalfrank, „dass die Ideen und Ansätze aus den von der IHK Schwaben schon vor Jahren mit initiierten Gesprächen mit Vertretern der Wissenschaft, Gewerkschaften, Stadt und Kammern über Zukunftskonzepte nicht umgesetzt worden sind“.

    Das alles nähre die Sorge, dass ein erheblicher Teil des Stellenabbaus den Standort Augsburg betreffen wird. Falls es zum befürchteten Stellenabbau kommt, gelte es mit einer gemeinschaftlichen Aktion der regionalen Akteure neue Jobperspektiven in der weiteren Region bei Unternehmen zu eröffnen, die einen Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften haben. Saalfrank: „Im Besonderen gilt dies für die 31 Auszubildenden bei Osram.“

    Reinhold Demel, Chef der Arbeitsagentur Augsburg, ist wenig erfreut über die Nachrichten von Osram. „Wir stehen mit der Firma in engem Kontakt. Was die jüngste Entwicklung anbelangt, lässt sich alles schwer abschätzen.“ Demel spricht von einigen an- und ungelernten Arbeitskräften, die für Osram noch tätig seien: „Für sie ist die Situation auf dem Arbeitsmarkt sicherlich schwierig.“ Wie es generell um die Lage im Wirtschaftsraum Augsburg aussieht, wird Demel heute bei der Präsentation der aktuellen Zahlen verkünden. Eine Botschaft lässt er bereits raus: Die Entwicklung der jüngsten Zeit ist nicht nur wegen Osram unerfreulich.

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