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Jugendfußball: Fußball ohne Torwart – ein Aprilscherz?

Jugendfußball

Fußball ohne Torwart – ein Aprilscherz?

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    Er steht im Tor – Fußball ohne Torwart soll künftig bis zur U9 gespielt werden. Manche finden das gut, weil so auch die schwächeren Spieler öfters in Ballbesitz kommen, andere halten es für einen Aprilscherz.
    Er steht im Tor – Fußball ohne Torwart soll künftig bis zur U9 gespielt werden. Manche finden das gut, weil so auch die schwächeren Spieler öfters in Ballbesitz kommen, andere halten es für einen Aprilscherz. Foto: Oliver Reiser

    Fußball ohne Torhüter – viele dachten an einen Aprilscherz, als der Bayerische Fußballverband seine Vereine per E-Mail informierte, dass sich im Jugendfußball erneut Fundamentales ändern soll. Nach der Spielfeld-Reform in der D-Jugend vor ein paar Jahren durch den damaligen DFB-Nachwuchsverantwortlichen Matthias Sammer und der Einführung der Fair-Play-Liga ohne Schiedsrichter bei den G- und F-Junioren reformiert der BFV ab 1. Juli erneut seine Richtlinien zum Kleinfeldfußball – und schafft dabei den Torwart ab.

    Von den U9-Junioren abwärts sollen alle Kinder im Feld spielen – und zwar auf ein Minitor, wie man es gemeinhin zum „Kästlebolz“ verwendet (1,2 mal 0,8 Meter). Bei den U10-Junioren soll es zwar einen Torhüter geben, der dann im Handballtor (3 mal 2 Meter) steht. Aber nur für ein Spiel, denn in der nächsten Partie muss ein anderer zwischen den Pfosten stehen.

    Der Sinn dahinter: Es sollen möglichst alle Kinder auf allen Positionen zum Einsatz kommen und eine zu frühe Spezialisierung vermieden werden. Außerdem will man verhindern, dass immer nur die besseren oder körperlich stärkeren Spieler eingesetzt werden. Daher werden die Teams verkleinert. Statt sieben gegen sieben sollen drei gegen drei oder später fünf gegen fünf spielen. Was sagen die Jugendleiter im Augsburger Land dazu?

    „Spielen ohne Torwart? Bin ich voll dafür“, sagt Werner Schlosser, der Jugendleiter der TSG Stadtbergen. Allerdings nur am 1. April. „Aber es gibt ja noch mehr geniale BFV-Ideen“, denkt er laut nach: „F-Jugend-Spiele bei drei gegen drei? Bei über 40 F-Kindern könnten wir dann 24 Stunden rund um die Uhr spielen. Oder dürfen dann nur noch die drei „Besten“ spielen?“, schüttelt Werner Schlosser ebenso den Kopf, wie über das „Flex-Modell“ bei der A-Jugend mit flexiblen Mannschaftsstärken und Spielfeldgrößen. „Das Ende der letzten A-Jugend-Mannschaften.“

    Sein Kollege Stefan Schwarz findet das neue System gut. „Die Kinder werden mehr eingebunden, haben viel mehr Ballkontakte. Manche bekommen ja sonst nie einen Ball“, erklärt der Jugendleiter des TSV Meitingen. „Wir machen das im Training schon immer, jetzt kommt es halt auf Wettkampfebene.“ Schwarz könnte sich durchaus vorstellen, dass künftig vielleicht eine Halbzeit in der alten Form mit Torwart und eine Halbzeit im Drei-gegen-Drei-System gespielt wird. „Für die Eltern ist das Siegen das wichtigste. Den Kindern selbst geht es um den Spaß.“ Mehr Rotation kommt auch ins Spiel, weil der Torschütze jeweils ausgewechselt werden muss. „Das könnte allerdings auch Probleme geben, weil dann nicht mehr so viel Euro vom Opa für ein Tor fließen“, lacht Schwarz.

    „Das Ganze hört sich natürlich gut an und soll die Kreativität und die Ballkontakte jedes einzelnen Kindes noch mehr fördern“, sagt Christian Quinttus, der Jugendleiter des FC Horgau, der ab der D-Jugend in einer Spielgemeinschaft mit der SpVgg Auerbach-Streitheim kickt. Aber die praktische Umsetzung stelle vor allem im ländlichen Bereich einige Probleme dar.

    Dieses System erfordert noch mehr Betreuer

    „Die Kinder müssen auf den dann vorhandenen mehreren Spielfeldern betreut werden, angesichts der weitläufig bekannten Problemen, ehrenamtliche Trainer und Betreuer zu finden, in unserer SG schier unmöglich“, sagt Quinttus. „Es könnten zwar alle Kinder spielen, aber was nützt dies, wenn Trainer oder Betreuer fehlen.“

    Zudem komme man immer mehr von der späteren Spielform, vor allem durch das Spiel ohne Torhüter weg. „Ob das dann alles im Spielbetrieb so nützlich ist, bleibt zu hinterfragen“, sieht Christian Quinttus diese Spielform als optimale Trainingsform: „Jedoch nicht als Ersatz für die aktuelle Spielform mit sieben gegen sieben und Torwart.“

    Nicht in Panik verfallen will Oscar Dankesreiter. „Das sind alles Zukunftsgedanken. Offiziell ist noch nichts beschlossen“, sagt der aus Thierhaupten stammende Jugendleiter des Fußball-Kreises Augsburg. Erst auf der Kreisjugendleitertagung am 17./18. Mai werde man erfahren, wie das neue System an der Basis umgesetzt werden soll. Offiziell soll die Umstellung zur neuen Saison, also zum 1. Juli, erfolgen.

    Sollte sich die Mehrheit der Vereine noch gegen die neue Form aussprechen, kann die Umsetzung in den Kreisen auch verschoben werden. „Es kommt auf die Vereine an. Sie entscheiden, was sie spielen wollen“, so Dankesreiter. Man werde anhand der Meldungen abwarten, wer wirklich Interesse an den neuen System hat. Denkbar seien auch Spieletage in Turnierform, wie es in Baden-Württemberg praktiziert wird. „Fußball wird doch nicht neu erfunden“, denkt Oscar Dankesreiter an längst vergangene Zeiten zurück, als man mit zwei Pullovern noch das Tor markiert hat: „Wir kehren halt zurück zum Straßenfußball.“

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