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Wo das Christkind erst im Januar kommt
![Für viele ist das große Fest schon vorbei. Doch in anderen Kulturen steh das Auspacken der Geschenke noch bevor. Für viele ist das große Fest schon vorbei. Doch in anderen Kulturen steh das Auspacken der Geschenke noch bevor.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674498059-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
![Wo das Christkind erst im Januar kommt](https://www.augsburger-allgemeine.de/img/incoming/crop50021256/2103055398-cv1_1-w40-owebp/Philipp-Kinne?t=.jpg)
Für viele sind die Feiertage mit Bratwurst und Kartoffelsalat vorbei. In anderen Kulturen aber steht das Auspacken der Geschenke noch bevor.
Weihnachtslieder, Geschenke, ein festlich geschmückter Christbaum und natürlich: viel Schnee. So stellen sich wohl die allermeisten hierzulande Weihnachten vor. In vielen Kulturen aber, laufen die Feiertage ganz anders ab. Wussten Sie zum Beispiel, dass in Polen unter dem Weihnachtsteller unbedingt Geld liegen muss? Oder, dass in Kroatien der Weihnachtsbaum traditionell erst an Heilig Abend aufgestellt wird?
Schottland Wie die Feiertage traditionell in Schottland gefeiert werden, weiß Andrew Ranson. Der schottische Musiker lebt in Neusäß und sagt: „Weihnachten ist bei uns nicht so besinnlich wie in Deutschland“. Die Schotten feiern viel mehr eine große Party. Auf den Tisch kommt an Heilig Abend traditionell der sogenannte Plumpudding, eine weiche, süße Mehlspeise mit Rosinen und anderen Trockenfrüchten. Außerdem ein Klassiker: Gestopfter Truthahn. Der dürfe eigentlich bei keinem schottischen Weihnachtsessen fehlen, meint Ranson. Der größte Unterschied zu der traditionell deutschen Weihnachtsfeier liegt aber im Detail. „Die Geschenke gibt‘s bei uns erst am 25.“, sagt Ranson. Früher sei das für seine drei Kinder hart gewesen, meint der Schotte. Denn die meisten Klassenkameraden bekamen ihr Geschenk schon einen Tag früher.
In Polen stehen zwölf traditionelle Gerichte auf dem Tisch
Polen In Polen dürfen die Präsente traditionell nach dem Essen an Heilig Abend geöffnet werden, erzählt Sandy Tryballa. Heute wohnt die gebürtige Polin in Horgau. Über die Feiertage wird sie aber zu ihrer Familie ins sehr katholisch geprägte Nachbarland fahren. Dort spielt vor allem das Essen eine große Rolle. Das beginnt der Tradition nach, wenn der erste Stern am Abendhimmel zu sehen ist. „Dann sitzt sich die ganze Familie einen Tisch“, sagt Tryballa. Und das kann dauern. Denn auf dem Tisch stehen traditionell zwölf Gerichte für die Festgemeinschaft. „Die sollen für die zwölf Apostel stehen“, erklärt Tryballa. Jeder müsse von jedem Gericht probieren. Fleisch gibt es bei Familie Tryballa an Heilig Abend nicht.
Eine besondere Spezialität in Polen ist das sogenannte Makowka, süße Brötchen mit Mohn und Sultaninen. Nach dem Essen werden gemeinsam Weihnachtslieder, die sogenannten Kolenda gesungen. Erst nachdem ein Fenster geöffnet wurde, damit das Christkind ins Wohnzimmer kann, ist Bescherung. Der katholische Gottesdienst findet in Polen am 24. Dezember in der Regel um 24 Uhr statt, sagt Tryballa: „Der ist Pflicht“.
Kroatien Auch bei Mariyna Babic aus Kroatien kommt an Heilig Abend traditionell kein Fleisch auf den Tisch. Dort gibt es stattdessen Korbe, ein Brot aus Mehr und Wasser, dazu weiche Bohnen mit Knoblauch. Einen Tag später aber, am ersten Weihnachtsfeiertag, gibt es traditionell Spanferkel. „Das machen die Männer über dem offenen Feuer“, sagt Babic, die heute in Langweid wohnt. Sie wird heuer – wie jedes Jahr – zu ihrer Familie nach Kroatien fahren.
Serbien Auch in Serbien wird Weihnachten ausgiebig gefeiert. Unter den orthodoxen Christen allerdings erst im Januar. Heilig Abend ist für sie am 6. Januar, einen Tag später der erste Weihnachtsfeiertag. Dann feier auch die Serbin Zikica Jevtic aus Langweid. „Die Weihnachtszeit beginnt aber schon viele früher“, sagt sie. Nämlich am 27. November. „Einige stellen dann auch schon den Weihnachtsbaum auf“, sagt Jevtic. Damit der bis Januar nicht eingeht, darf er auch aus Plastik sein, meint die Serbin.
Am 7. Januar, dem ersten Weihnachtsfeiertag für orthodoxe Christen, beginnt der Tag bei Familie Jevtic bereits sehr früh. Denn das traditionelle Weihnachtsfrühstück gibt es in Serbien noch bevor die Sonne aufgeht. Auf dem Tisch steht dann Polenta, Käse und Würstchen, dazu selbst gemachter Wein.
Syrien Ja, auch in Syrien wird Weihnachten gefeiert. Zwar sind Christen mit etwa zehn Prozent der Bevölkerung eine Minderheit, dennoch sei der 25. Dezember dort ein Feiertag, sagt Gorgis Chamoun. Vor vier Jahren ist er wegen des Kriegs nach Langweid geflohen. An Weihnachten vermisst er seine Heimat besonders. Gefeiert wird dort ähnlich wie hier, meint er. „Aber viel größer“. Die Christen kommen an Heilig Abend zu großen Festen, zum Beispiel in der Turnhalle zusammen, sagt er. Rund 500 Christen feiern dann zusammen Weihnachten mit Livemusik und Tanz.
In Russland gibt es an Silvester die Geschenke
Russland Während der Sowjetzeit war Weihnachten hier verboten, erinnert sich Maria Wiedemann aus Horgau. Die Russin lebt seit 12 Jahren in Deutschland. In ihrer Kindheit habe das christliche Fest deshalb keine große Rolle gespielt. „Bei uns war Silvester das größere Fest“, sagt Wiedemann. Das sei nämlich als unreligiöses Fest erlaubt gewesen. „Wir haben an Silvester auch Geschenke bekommen“, erinnert sich Wiedemann. Die wurden von „Väterchen Frost“, gebracht. Er sehe ähnlich aus wie der Weihnachtsmann, meint Wiedemann. „Aber er hat einen längeren Mantel“. Seit den 1990er Jahren aber werde auch in Russland wieder christliches Weihnachten gefeiert. Da die meisten hier russisch-orthodox sind, ist Heilig Abend auch hier erst am 6. Januar.
Indien Auch hier sind Christen eindeutig in der Minderheit. Etwa zwei Prozent der Bevölkerung feiern Weihnachten, erklärt Pater Norman von der Pfarreigemeinschaft Nordendorf. Er stammt aus einer dörflichen Region nahe Mumbai. Doch auch dort wird Weihnachten gefeiert. Am 24. Dezember ziehe man zusammen durch die Straßen uns singe Weihnachtslieder, sagt Pater Norman. Der Festgottesdienst finde in der Regel erst nach 24 Uhr statt. An den Weihnachtsfeiertagen besucht man die Armen und Kranken. „Weihnachten ist auch für die Schwachen da“, sagt der Pater.
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