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Kreis Augsburg: Hochansteckend: Tuberkulose im Aystetter Kindergarten?

Kreis Augsburg

Hochansteckend: Tuberkulose im Aystetter Kindergarten?

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    Wenige Wochen nach seinem Praktikum im Aystetter Kindergarten wird bei einem jungen Mann Tuberkulose festgestellt.
    Wenige Wochen nach seinem Praktikum im Aystetter Kindergarten wird bei einem jungen Mann Tuberkulose festgestellt. Foto: Marcus Merk

    Der Weltgesundheitsorganisation zufolge ist Tuberkulose immer noch eine der zehn häufigsten Todesursachen weltweit. Und das Gesundheitsamt des Landratsamts schreibt auf seiner Homepage: „

    Dennoch hat es zwei Monate gedauert, die Eltern von Kindergarten-Kindern über die Erkrankung eines 17-Jährigen zu informieren, der wenige Wochen zuvor ein Praktikum in der Einrichtung absolviert hat.

    Der Tuberkulose-Kranke war nicht nur in Aystetten tätig

    Susanne Becker-Vogt, Leiterin des Aystetter Kindergartens, erinnert sich: „Der junge Mann war im April vier Tage bei uns. Im Juli wurde eine offene Tuberkulose bei ihm festgestellt, im September habe ich dann einen Anruf vom Gesundheitsamt erhalten.“

    Ob der Jugendliche, der als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland kam, die Krankheitserreger schon während seines Praktikums in sich trug und während dieser Phase eine Ansteckungsgefahr von ihm ausging, ist unklar. „Er hat zumindest nicht auffallend gehustet“, sagt Becker-Vogt. „Ich denke, er hatte im April keine Tuberkulose. Ich gehe davon aus, dass uns das aufgefallen wäre.“

    Tuberkulose bei Mensch und Tier

    Die Infektionskrankheit befällt vor allem die Lunge, kann aber auch andere Organe treffen.

    Häufigster Infektionsweg für Menschen ist die Tröpfcheninfektion durch die Luft.

    Die Erkrankung ist medikamentös sehr gut behandelbar.

    Dem Landesamt für Gesundheit zufolge besteht keine erhöhte Infektionsgefahr durch die Rinder-Tbc. Nur bei direktem Kontakt zu kranken Tieren ist eine Ansteckung denkbar.

    Die Tbc bei Menschen ist meldepflichtig. Seit 2001 ging die Fallzahl in Bayern um die Hälfte zurück.

    Rinder-Tbc ist anzeigepflichtig. Tiere bleiben meist lange unauffällig; Organveränderungen fallen oft erst bei der Fleischuntersuchung auf.

    Die Rinder-Tbc ist eine Zoonose: Der Erreger überträgt sich vom Tier auf Menschen und umgekehrt.

    Das Mykobakterium bovis findet sich auch bei Dachsen (in England) und Weißwedelhirschen (USA) oder das Mykobakterium caprae bei Rotwild in Deutschland und Österreich.

    Milch für Verzehr und Verarbeitung muss von Tbc-freien Tieren stammen. Rohmilch, die ab Hof verkauft wird, ist abzukochen.

    Rohmilchkäse darf nur aus Milch von amtlich als Tbc-frei geltenden Herden hergestellt werden.

    Europaweit wird jedes Rind für den menschlichen Verzehr einer Tier- und Fleischuntersuchung unterzogen. Es darf nur verwendet werden, wenn die gesundheitliche Unbedenklichkeit feststeht.

    Betriebe unter Tbc-Verdacht sind mindestens sechs Wochen gesperrt.

    Verdächtige Tiere werden getötet, die Milch der anderen muss erhitzt werden. Tiere dürfen in dieser Zeit nicht verkauft werden.

    Warum es zwei Monate gedauert hat, den Kindergarten zu informieren, erklärt das Gesundheitsamt auf Anfrage unserer Zeitung folgendermaßen: „Das Gesundheitsamt hat am 20. September erfahren, dass der Flüchtling im April ein Praktikum in der Aystetter Kita gemacht hat. Noch am selben Tag wurden alle notwendigen Maßnahmen in die Wege geleitet.“ Bis die Eltern informiert wurden, verging dennoch eine weitere Woche: „Am 27. September hat eine Amtsärztin des Gesundheitsamts darüber hinaus auch bereits die Eltern vor Ort informiert“, so die Antwort des Gesundheitsamts.

    Kerstin Zoch, Pressesprecherin des Landratsamts, bei dem das Gesundheitsamt angesiedelt ist, erklärt: „Wenn das Gesundheitsamt von einem solchen Fall erfährt, geht es auf die Betreuungseinrichtung zu und versucht gemeinsam herauszufinden, mit welchen Personen der Betroffene Kontakt gehabt haben könnte. Dafür ist ein längerer Zeitraum nötig.“

    Der junge Tuberkulose-Kranke soll zuvor auch in Neusäß tätig gewesen sein. Ebenso soll er im April den Tag der offenen Tür des Aystetter Musikvereins besucht und – ebenso wie viele andere Besucher – diverse Blasinstrumente ausprobiert haben, hieß es am Mittwochabend auf der Aystetter Bürgerversammlung, bei der das Thema aufkam. Das Gesundheitsamt sagt dazu: „Der Geflüchtete hatte verschiedenste Kontakte. Das Gesundheitsamt hat alle Kontaktpersonen, sobald sie bekannt wurden, informiert und zu Kontrolluntersuchungen eingeladen.“

    Wie geht es jetzt für die Kindergartenkinder weiter?

    Bürgermeister Peter Wendel erklärte am Mittwochabend, dass es per Gesetz keine Vorgaben für einen Gesundheitscheck von Asylbewerbern gebe, die ein Praktikum machen wollen. Wendel forderte: „Der Gesetzgeber muss da nachbessern.“ Das Gesundheitsamt teilt mit, dass für Erzieher ein ärztliches Zeugnis ausreiche, das die allgemeine gesundheitliche Eignung für diese Tätigkeit bescheinige. Ein solches Zeugnis auch von Praktikanten anzufordern, sei bisher nicht notwendig gewesen, erklärt Becker-Vogt. Bei Praktikanten gehe man davon aus, dass sie „normal gesund sind“, sagt sie.

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    Fraglich ist, wann der junge Asylbewerber sich angesteckt hat. Denn wer in einer Asylunterkunft lebt, muss vorher auf ansteckende Krankheiten untersucht werden – das schreibt das Infektionsschutzgesetz vor. Ob das im Fall des Jugendlichen geschehen ist, ist nicht ganz klar. Das sogenannte Erst-Screening soll zwar innerhalb von drei Tagen nach der Ankunft in Deutschland geschehen. Dies erfolge jedoch nicht durch das Gesundheitsamt, heißt es von dort. Ob der junge Mann ein Screening erhalten hat, geht aus den Daten des Gesundheitsamtes nicht hervor.

    Wie geht es nun weiter für die Kindergartenkinder? „Die Kinder, die in der Gruppe waren, in der der Praktikant tätig war, müssen zum Arzt gehen. Ebenso das Personal“, erklärt Susanne Becker-Vogt. Ob das schon bei allen geschehen ist, erfährt die Leiterin des Kindergartens nicht. Der Arzt leitet die Ergebnisse direkt ans Gesundheitsamt weiter. Becker-Vogt sagt: „Ich gehe aber davon aus, dass die Untersuchung inzwischen bei fast allen Kindern stattgefunden hat.“

    Dass die Eltern die ganze Angelegenheit verständlicherweise wenig erfreulich finden, war auch bei der Bürgerversammlung zu spüren: „Es kann doch nicht sein, dass die so lange brauchen, um zu reagieren“, beschwerte sich ein Gast. Susanne Becker-Vogt beschwichtigt: „Ich kann gut verstehen, dass die Eltern alle besorgt sind. Doch TBC ist nicht mehr so schlimm, wie es mal war. Inzwischen ist die Krankheit gut heilbar.“

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