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Volkskrankheit: Diabetes: Immer mehr Kinder sind betroffen

Volkskrankheit

Diabetes: Immer mehr Kinder sind betroffen

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    Immer mehr Kinder erkranken an Diabetes Typ 1. Die Gründe dafür sind unbekannt.
    Immer mehr Kinder erkranken an Diabetes Typ 1. Die Gründe dafür sind unbekannt. Foto: dpa

    Die Mutter des kleinen Jungen hat den Notarzt gerufen. Myron weint oft, ist apathisch, hat ständig Durst. Als die Ärzte bei Myron die Diagnose Diabetes stellen, ist er gerade erst zwei Jahre alt. In Deutschland erkranken immer mehr Kinder an Typ 1-Diabetes. Die Krankheit bricht auch immer früher aus. Die Gründe dafür sind unklar.

    "Warum der Typ-1-Diabetes ansteigt - für die Antwort kann man noch einen Nobelpreis gewinnen", so Thomas Danne. Er ist Chefarzt am Kinder- und Jungendkrankenhaus auf der Bult in Hannover und Vorstandsvorsitzender von diabetesDE - Deutsche Diabetes Hilfe vor dem Welt-Diabetes-Tag am 14. November. "Es ist wie ein Puzzlespiel."

    Diabetes Typ 1: Rund 80 000 Kinder in Deutschland betroffen

    Nicht nur alte und übergewichtige Menschen sind von Diabetes betroffen. Die kleine Ann-Fabienne bekam mit sieben Jahren "Zucker". Sie ist Leistungsturnerin. Luca war fünf. Das "Diabetes-Eltern-Journal" berichtet über die beiden erkrankten Kindern - und wie sie trotz der Krankheit ein weitgehend normales Leben führen.

    Bei Kindern ist Diabetes heute die häufigste Stoffwechselerkrankung. Rund 30 000 der unter 18-Jährigen in Deutschland leiden an Typ 1, je nach Quelle steigen die Neuerkrankungen pro Jahr um zwei bis vier Prozent. Wenn die Krankheit ausbricht, entgleist das Immunsystem und zerstört die Zellen, die für die Produktion von Insulin verantwortlich sind.

    Gründe für die Erkrankung von Kindern: unbekannt

    Bei Diabetes vom Typ 2, früher auch unter dem Name Alterdiabetes bekannt, wirkt das Insulin nicht mehr ausreichend. Übergewicht ist oft die Ursache dafür, der Körper kann irgendwann nicht mehr genug Insulin produzieren. Bei Kindern spielt diese Form der Diabetes eine weit geringere Rolle.

    Die meisten Diabetes Typ 1-Kinder gibt es in Finnland. Auch hierfür sind die Gründe unbekannt. "Wir wissen, dass bestimmte Viruserkrankungen das Risiko fördern", so Danne. Rund 20 Gene stehen mit Diabetes Typ 1 im Zusammenhang. Vitaminmangel spielt vielleicht eine Rolle, vermutlich auch Bestandteile der Ernährung. "Sicher ist nur: Süßigkeiten spielen keine Rolle", sagt Danne. "Es gibt eine Menge offener Fragen. DiabetesDE wirbt um Spenden, auch für die Forschung.

    Diabetes kann tödlich sein

    Die jüngsten Patienten sind Kleinkinder. Die Erkrankung ist auch für die Familien eine hohe Belastung. Sechs Mal am Tag muss der Blutzuckerwert bestimmt, etwa vier Mal täglich Insulin gespritzt werden. Dafür müssen die Kleinen teils nachts geweckt werden. Wachstum, Infektionen und Bewegungsdrang beeinflussen den Stoffwechsel und sind nicht vorhersehbar.

    Ein zu hoher Zuckerwert kann im Extremfall tödlich sein. Gefährlich ist aber auch eine Unterzuckerung, bei der das Bewusstsein getrübt wird. Selbst wenn die Kinder älter werden und selbst Verantwortung übernehmen können, wird es dadurch nicht immer leichter, mit der Krankheit umzugehen. Gerade bei jungen Erwachsenen besteht die Gefahr, durch den Konsum von Alkohol unterzuckert zu werden.

    Auch durch Exstasy kann eine Unterzuckerung hervorgerufen werden. "Da hat jemand drei Nächte durchgetanzt. Wenn er dann eine extreme Unterzuckerung hat, rettet ihn nichts mehr", sagt Danne. Einem 17-Jährigen, berichtet Danne, sei beim Segeln aufgefallen, dass er in den Unterzucker rutschte und habe zu seinen Freunden gesagt: "Ich muss essen, ich schwimme ans Ufer." Dort kam er nie an.

    Diabetes Typ 2 bei Kindern eine Seltenheit

    Bei Typ-2-Diabetes spielen die genetische Veranlagung, Übergewicht und Bewegungsmangel eine Rolle. Sechs Millionen Menschen in Deutschland leiden an der Form der Zuckerkrankheit. Auch immer mehr Jugendliche erkranken, aber Kinder eher selten.

    "Wir haben ein Problem mit Adipositas und Kindern. Aber Diabetes ist erst die Endstufe", sagt der Vizevorsitzende der Forschergruppe Diabetes am Helmholtz-Zentrum in München, Michael Hummel. "Dass der Typ 2-Diabetes bei Kindern wahnsinnig zunimmt, stimmt nicht." Aber: "Wir sehen immer mehr Typ-2-Patienten im Alter von 25 und 35 Jahren."

    Weltweiter Kampf gegen die Zuckerkrankheit

    Im Kampf gegen Fettleibigkeit und dadurch auch gegen Diabetes, haben bereits an die 20 Staaten weltweit eine Zwangsabgabe auf zuckerhaltige Getränke erhoben. Weitere Ländern, so wie Mexiko denken darüber nach. Dort gibt es prozentual bereits mehr Übergewichtige als in den USA, fast jeder Zehnte leidet an Diabetes.

    Auch hierzulande sei eine "Zuckersteuer" denkbar, so Danne. Aber auch Einschränkungen bei der Eröffnung von Fastfood-Restaurants seien eine Möglichkeit. Die Politik sei hier gefordert. "Was man in Deutschland gerne macht, ist bunte Broschüren drucken. Andere Länder haben einen nationalen Diabetesplan." Familien müsse verstärkt geholfen, Schulen besser vorbereitet werden.

    Innovationen im Kampf gegen Diabetes

    Diabetes vom Typ 2 lässt sich behandeln mit Abnehmen und Bewegung. Bei Typ 1 gibt es keine Hoffnung auf Genesung. "Das Einzige, was wir machen können, ist Insulin geben", sagt Danne. "Was wir anbieten können, sind technische Lösungen." Kürzlich haben Patienten erstmalig eine künstliche Bauchspeicheldrüse zu Hause testen können.

    Das Gerät überprüft automatisch den Zucker im Gewebe und stimmt dann die Gabe der Insulinmenge darauf ab. Bis es marktreif ist, wird es aber noch dauern. Trotzdem ist es vielleicht eine Hoffnung für Kinder, bei denen jetzt Diabetes diagnostiziert wird.  dpa

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