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Glutenunverträglichkeit: Ernährungsexperten: Grundlose glutenfreie Ernährung ist ungesund

Glutenunverträglichkeit

Ernährungsexperten: Grundlose glutenfreie Ernährung ist ungesund

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    Eine glutenfreie Ernährung ist bei vielen, die auf Gluten verzichten, gar nicht notwendig - und somit ungesund.
    Eine glutenfreie Ernährung ist bei vielen, die auf Gluten verzichten, gar nicht notwendig - und somit ungesund. Foto: Peter Endig (dpa)

    Glutenfreie Lebensmittel wie Reismehlbrötchen oder glutenfreier Pizzateig - in den Supermärkten häufen sich derlei Produkte. Viele Verbraucher denken, mit glutenfreien Produkten lebe es sich gesünder. Manche glauben auch, Beschwerden wie Bauchschmerzen gingen auf eine Glutenunverträglichkeit zurück, wie Ernährungsexpertin Astrid Laimighofer gegenüber derDeutschen Presse-Agentur sagte. Tatsächlich jedoch gebe es in Deutschland nur sehr wenige Menschen, die Gluten aufgrund einer Autoimmunerkrankung meiden sollten.

    Unnötig glutenfreie Ernährung ist ungesund

    Gluten entsteht, wenn sich die Eiweiße der Getreidesamen durch Feuchtigkeit verbinden. Die meisten Getreidesorten, wie zum Beispiel Weizen, Dinkel und Roggen, enthalten diese Eiweiße und bilden Gluten. Wer nun darauf verzichtet, schränkt seine Auswahl an Lebensmitteln deutlich ein, so Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) gegenüber derDeutschen Presse-Agentur. Und dies geschieht oftmals ohne Notwendigkeit: Sich glutenfrei zu ernähren ist weder gesünder, noch hilft es beim Abnehmen, wie viele hoffen.

    Glutenfreie Lebensmittel sind zudem nicht kalorienärmer, stellt Laimighofer klar. Denn fehlendes Klebeeiweiß macht die Produkte trockener. "Um das auszugleichen und den Geschmack zu verbessern, ist meist der Anteil an Zucker und Fett in solchen Produkte höher", erklärt Bianca Maurer von der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft. Demnach sind in glutenfreien Lebensmitteln also meist nicht weniger, sondern sogar mehr Kalorien. Gleichzeitig fehlen sättigende Ballaststoffe, die außerdem die Darmflora anregen. Auch die Verdauung kann somit durch eine unnötig glutenfreie Ernährung beeinträchtigt werden. Tendenziell isst man also mehr, um satt zu werden.

    Glutenfreie Ernährung bei Zöllakie - was ist zu beachten?

    Wer sich also glutenfrei statt abwechslungsreich und ausgewogen ernährt, dem droht womöglich ein Mangel an wichtigen Nähr- und Mineralstoffen - "zum Beispiel an den Vitaminen K, B1, B2 oder B6 und Mineralstoffen wie Magnesium, Zink oder Kupfer", sagt Gahl. Ernährt man sich ansonsten gesund, ist allerdings auch ohne Weizen und Gluten kein Mangel zu befürchten, sagt Laimighofer.

    Glutenfrei ernähren sollte sich nur, wer tatsächlich eine Zöliakie hat. Wer von der Autoimmunkrankheit betroffen ist, hat eine Unverträglichkeit zum Klebeeiweiß entwickelt. Die Proteine lösen dadurch eine chronische Entzündung der Dünndarmschleimhaut aus. Vollständig auf Gluten zu verzichten, ist jedoch auch ob der großen Auswahl an glutenfreien Produkten im Supermarkt nicht leicht. Zahlreiche Getreidesorten, Fertiggerichte und sogar Wurst- und Käsewaren enthalten Gluten. Der Klebeeiweiß kann laut der DGE-Infothek "Essen und Trinken bei Zöllakie" sogar in Süßwaren, Medikamenten und Zahnpflegeprodukten vorhanden sein. Betroffene sollten daher stets ein wachsames Auge auf Etiketten der Produkte halten. "Reis, Mais, Quinoa, Amaranth, Buchweizen, Hirse und die Produkte daraus sind von Natur aus glutenfrei", sagt Laimighofer. Für Patienten, die Zöliakie haben, wurden zudem Ersatzprodukte entwickelt. 

    Diagnose Glutenunverträglichkeit: Sofortiger Verzicht auf Gluten

    Bei Zöliakie führt der Verzehr von in Getreide enthaltenem Gluten zu Entzündungen im Dünndarm. Glutenfreie Rezepte und glutenfreie Lebensmittel sind jedoch leicht erhältlich.
    Bei Zöliakie führt der Verzehr von in Getreide enthaltenem Gluten zu Entzündungen im Dünndarm. Glutenfreie Rezepte und glutenfreie Lebensmittel sind jedoch leicht erhältlich. Foto: Andrea Warnecke (dpa)

    Für Betroffene ist zunächst einmal die Diagnostik nicht leicht. Die Symptome einer Zöllakie sind keineswegs eindeutig: Betroffene Kinder beispielsweise weisen häufig einen Eisenmangel, eine Wesensveränderung sowie Weinerlichkeit oder einen Wachstumsstopp auf. "Bei Erwachsenen können Schlaflosigkeit, Müdigkeit, Depressionen oder gar Unfruchtbarkeit auftreten", sagt Maurer. Entgegen vieler Annahmen weisen aber Symptome wie Bauchschmerzen und Durchfall nur selten auf eine Zöllakie hin. Mediziner bezeichnen Zöliakie deshalb auch als "Chamäleon unter den Krankheiten", sagt Maurer. 

    Erhärtet sich der Verdacht, dass der Patient unter einer Zöllakie leidet, ordnen Ärzte zunächst einen Bluttest an. "Betroffene tragen zöliakietypische Antikörper in sich", sagt Bianca Maurer. In dem Bluttest können diese nachgewiesen werden. Eine absolut sichere Diagnose ist aber erst nach einer Magenspiegelung möglich. Dabei werden Proben des Dünndarms entnommen, die auf eine Glutenunverträglichkeit untersucht werden.

    Ist die Zöllakie diagnostiziert, hilft nur eine Ernährungsumstellung. "Betroffene müssen die Getreidesorten ihr Leben lang strikt meiden, das ist die einzige Therapie für ein beschwerdefreies Leben", sagt Maurer. Sollte sich die Diagnose nicht bestätigen, ist auch eine Weizenallergie denkbar, dann wird Betroffenen ein Verzicht auf Weizenprodukte helfen.

    Die Zöliakie-Gesellschaft findet den Trend zum Weizen- oder Glutenverzicht ohne medizinischen Grund alles andere als gut. Zwar gibt es dadurch mittlerweile viel mehr Ersatzprodukte. Wer tatsächlich Zöliakie hat, fühlt sich aber manchmal gar nicht mehr ernst genommen, meint Maurer. Die Leute würden eher so angeschaut, als verzichteten sie auf Gluten, weil es gerade schick ist. Den Expertinnen zufolge ist das kein guter Grund. Sich unnötig weizen- oder glutenfrei zu ernähren, schränkt nicht nur ein - es ist auch teuer. Denn häufig kosten glutenfreie Produkte mehr als normale. AZ/dpa

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