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Schlaganfall vorbeugen: Kann Aspirin einen Schlaganfall verhindern?

Gesundheit

Schlaganfall vorbeugen: Kann Aspirin einen Schlaganfall verhindern?

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    Aspirin gilt als "Wunderpille". Doch schützt eine regelmäßige Einnahme wirklich vor Schlaganfällen?
    Aspirin gilt als "Wunderpille". Doch schützt eine regelmäßige Einnahme wirklich vor Schlaganfällen? Foto: Martin Gerten, dpa (Symbolbild)

    Aspirin hat den Ruf eines Wundermittels: Die weiße Tablette mit dem Wirkstoff Acetylsalicylsäure (kurz: ASS) ist ein Verkaufsschlager des Bayer-Konzerns und wird gegen Kopfschmerzen, Fieber oder Entzündungen geschluckt. Mediziner gingen aber auch lange davon aus, dass der blutverdünnende Wirkstoff gegen Schlaganfall hilft und diesen vorbeugen kann. Deshalb nehmen viele Menschen jeden Tag präventiv eine Aspirin-Tablette ein. Doch ganz so sicher ist sich die Forschung nicht über die Wirksamkeit dieser Medikation. Möglicherweise könnten die Nebenwirkungen bei Gesunden mehr Schaden als Nutzen mit sich bringen.

    Aspirin gegen Schlaganfall: Hilfreich - aber umstritten

    Als "überraschend vielseitig" bewirbt Bayer sein weltberühmtes Medikament, das seit mehr als 120 Jahren auf dem Markt ist. Und tatsächlich bezeichnet das Deutsche Ärzteblatt den Wirkstoff ASS als festen Bestandteil in der Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Patienten, die bereits einen Schlaganfall erlitten haben, erhalten in der Regel ASS in einer Dosis von bis zu 100 mg pro Tag verordnet, so das Fachmagazin. 

    Besonders in den USA - doch auch in Deutschland - wird das Medikament aber auch vorbeugend jeden Tag eingenommen, obwohl noch kein Schlaganfall-Risiko zu erkennen ist. Sogar die von der US-Regierung ernannten Experten zur Prävention von Krankheiten (USPSTF) hatten lange bestimmten Altersgruppen empfohlen, Aspirin täglich einzunehmen, um das Risiko eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls zu reduzieren. Allerdings nur bis 2022, dann zogen sie ihre Empfehlung zurück. Denn unterschiedliche Studien konnten in den letzten Jahren nur einen Nutzen für Patienten belegen, die bereits einen Herz­infarkt oder Schlag­anfall hatten. Neben positiven Effekten könnte der Wirkstoff aber auch "potenziell schwerwiegende Schäden verursachen", erklärte USPSTF-Vertreter John Wong zuvor öffentlich. Und die Vorteile des Medikaments seien nicht ausreichend, um dieses erhöhte Risiko auszugleichen.

    Aspirin gegen Schlaganfall: Welche gefährlichen Nebenwirkungen sind möglich?

    "Weil die Rolle des Aspirins für die Primärprävention unklar ist, gibt es teilweise sogar gegenteilige Empfehlungen", schreiben auch die Kardiologen Sean Zheng vom Imperial College und Alistair Roddick vom King's College in London in einer Analyse im medizinischen Fachmagazin JAMA. Unter Primärprävention verstehen Forscher die Verhinderung von Krankheiten. Der mögliche Schaden sei ähnlich groß wie der mögliche Nutzen: Denn mit der täglichen Einnahme von Aspirin steige das Risiko für größere Blutungen um 0,47 Prozent. Das klingt zwar zunächst wenig, doch der Nutzen fällt geringer aus: Um nur 0,38 Prozent werde ein Herz-Kreislauf-Zwischenfall durch die vorbeugende Maßnahme verhindert.

    Außerdem kann Aspirin den Körper an anderer Stelle schwächen: „Aspirin ist ein Medikament, das die Bildung von speziellen Eiweißen im Magen und in der Schleimhaut des Darms hemmt“, erklärte der Gastroenterologe Matthias Ebert von der Uniklinik Mannheim gegenüber dem SWR. Diese Eiweiße schützen die Schleimhaut im Darm und im Magen. Wenn dieses Eiweiß gehemmt wird, kann es zu Schleimhautverletzungen und zu schweren Blutungen führen.

    Schlaganfall mit Aspirin vorbeugen: Studienergebnisse dämpfen den guten Ruf

    Eine Studie namens "Aspree" (Aspirin in Reducing Events in the Elderly) untersuchte die Wirksamkeit von Aspirin gegen Herz-Kreislauf-Krankheiten bei älteren Personen. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer - rund 19.000 gesunde Personen in den USA und Australien - lag bei 74 Jahren. Sie wurden in eine Gruppe aufgeteilt, die vorbeugend Aspirin einnahm, und eine Placebo-Gruppe, die kein Aspirin zur Vorbeugung einnahm. 

    Rund fünf Jahre lief die Studie, bis die Forscher Bilanz zogen: In der Aspirin-Gruppe zeigte sich kein deutlich geringeres Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung, dafür aber ein deutlich erhöhtes Risiko für Blutungen. Die Sterb­lich­keit in der ASS-Gruppe war sogar leicht erhöht im Vergleich zur Placebo-Gruppe. Tödlicher Krebs und Magen-Darm-Tumore waren unter den Aspirin-Teilnehmern häufiger. 

    Auch die sogenannte "Ascent"-Studie von 2018 im New England Journal of Medicine brachte durchmischte Ergebnisse. Bei der Untersuchung wurde über sieben Jahre die niedrigdosierte Einnahme von Aspirin bei Diabetes-Patienten - die auch Schlaganfall-Risikopatienten sind - analysiert. Tatsächlich wurde auch hier zwar weniger Schlaganfälle und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen verzeichnet - doch die Anzahl an schweren Blutungen, zum Beispiel im Gehirn oder den Augen stieg an.

    Aspirin gegen Schlaganfall: neurologische Nebenwirkungen

    Außerdem können regelmäßige hohen Dosen zu neurologischen Symptomen führen, wie das Wissenschaftsmagazin Spektrum erklärt: Ohrensausen, Kopfschmerzen, Sehstörungen, Benommenheit, Schwindel, Verwirrung. Für Menschen mit Asthma könne der Wirkstoff ebenfalls gefährlich sein, da er die Bronchienverengung verstärkt.

    Fazit: Kann Aspirin einen Schlaganfall verhindern?

    Auch wenn ASS als Medikament bei bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen und in der Therapie nach Schlaganfällen zum Einsatz kommt, zeigen breit angelegte Studien keinen nennenswerten Vorteil zur Vorbeugung von Schlaganfällen - sie zeigen jedoch vielmehr, dass der Schaden durch schwere Blutungen leicht über­wiegt. Im Jahr 2014 brachen japanische Mediziner ihre Studie mit rund 15.000 Teilnehmern sogar vorzeitig ab, weil bei jenen, die ASS einnahmen, kaum weniger Herzinfarkte, dafür aber mehr Blutungen auftraten. Generell gilt: Auch gesunde Menschen sollten eine regelmäßige Medikamenten-Einnahme vorher prinzipiell mit einem Arzt abklären. 

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