Kiel (ddp). Was für Tiere eine überlebenswichtige Fähigkeit sein kann, taugt bei Menschen höchstens noch als Gag für den Kindergeburtstag: Wer in der Lage ist, mit den Ohren zu wackeln, kann sich bewundernder Blicke sicher sein. Aber warum können eigentlich nicht alle Menschen ihre Ohren bewegen, so wie die meisten Tiere?
"Für Menschen spielt die Beweglichkeit der Ohrmuscheln keine so große Rolle, um die Richtung zu orten, aus der ein Geräusch kommt", erklärt Jobst Sievers, Professor für Anatomie an der Uni Kiel.
In der Tierwelt ist das Spitzen der Ohren weit verbreitet. So stellen Rehe, Hasen oder Hunde bei Gefahr ihre Lauscher auf und versuchen mit Hilfe von Ohrbewegungen, die Herkunft verdächtiger Geräusche zu orten. Vor allem für dämmerungs- oder nachtaktive Tiere sei diese Fähigkeit von besonderer Bedeutung, da sie sich weniger auf ihren Sehsinn verlassen könnten, sagt Sievers. Einige Tiere benutzten ihre beweglichen Ohren allerdings auch für andere Zwecke: "Elefanten zum Beispiel fächeln mit ihren Ohren, um ihre Körpertemperatur zu regulieren."
Beim Menschen ist die Ohrmuskulatur dagegen im Laufe der Evolution verkümmert. "In unserer Entwicklung waren die Augen von größerer Bedeutung", erklärt Sievers. Da der Mensch im Gegensatz zu vielen Tierarten einen ausgezeichneten Sehsinn habe, sei das präzise Richtungshören mit den Ohren eher nicht überlebenswichtig gewesen. "Einen möglichen Angreifer sehen wir eher, als dass wir darauf angewiesen wären, ihn aufwändig mit den Ohren zu orten", erläutert der Anatomieexperte. Und für die Abkühlung bei großer Hitze müssten Menschen schließlich auch nicht auf ihre Hörorgane zurückgreifen.
Rudimentäre Reste vergangener Ohrbeweglichkeit kann man jedoch noch bei einigen Menschen bestaunen. Allerdings sei die Fähigkeit zum Ohrenwackeln bei den meisten wahrscheinlich nicht auf die Ohrmuskulatur zurückzuführen, sondern auf die Kopfschwartenmuskeln, die in der Kopfhaut über dem Schädel verliefen, sagt Sievers: "Wer tatsächlich seine Ohrmuskeln bewegen kann, müsste nicht nur einfach mit den Ohren wackeln, sondern auch die gesamte Ohrmuschel vor- und zurückbewegen können".
Diese Fähigkeit sei jedoch vermutlich nicht sehr weit verbreitet, sagt der Anatom. Dies bedeute allerdings nicht, dass sie nicht erlernbar sei: Ebenso wie bei vielen anderen Muskeln sei auch die Beweglichkeit der Ohrmuskulatur möglicherweise nur eine Frage des Trainings.