Es ist ein gutes Gefühl, die Kontrolle über den eigenen Körper zu haben. Für viele Menschen mit Essstörungen ist das ein Grund, an ihrem Essverhalten festzuhalten. Meistens wird von Jugendlichen mit einer solchen psychischen Störung berichtet - doch die Krankheiten können bis ins Erwachsenenalter ungeheilt bleiben.
Das Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) hat in einer Studie bei jedem fünften Kind zwischen elf und 17 Jahren in Deutschland Symptome einer Esstörung entdeckt. Stephan Zipfel, Arzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Tübingen, betont allerdings: "Diese Erkrankungen fangen häufig in der Pubertät an, reichen dann aber weit ins Erwachsenenalter hinein."
Kompetenzzentrum "Komet" kümmert sich um Patienten mit Essstörung
In Tübingen wurde nun ein weltweit einzigartiges Kompetenzzentrum für Essstörungen gegründet. Im "Komet" werden Patienten aller Altersklassen behandelt. Zusätzlich wird dort auch geforscht und gelehrt. Esstörungen gibt es zwar schon lange - doch es sind die neuen Entwicklungen der psychischen Störung, die Experten besonders Sorgen bereitet.
Von Magersucht und Bulimie ist so oft die Rede, dass sie der Bevölkerung ein Begriff sind. Doch wie ist es mit der "Binge-Eating-Störung"? Im Gegensatz zur Bulimie wird nicht nur übermäßig viel gegessen, sondern auch nicht erbrochen. Durch die Fressattacken nehmen die Erkrankten rasant zu. Insgesamt steigt der Anteil an Übergewichtigen, bei denen eine Essstörung Einfluss nimmt.
Binge-Eating-Störung ist gefährlicher als die Magersucht
Zur Zeit geht von der Binge-Eating-Störung eine dreimal größere Gefahr aus, als von der Magersucht. Außerdem sind Jungen oder Männer stark gefährdet, an der Binge-Eating-Störung zu leiden. Denn jeder dritte Patient mit dieser Essstörung ist männlich. Doch es gibt auch gute Nachrichten: 40 bis 50 Prozent der Magersucht-Patienten können geheilt werden. Bei Bulimie und Bing-Eating-Störung sind es sogar noch mehr.
Zipfel erklärt, dass die Verarbeitung von Emotionen die effektivste Therapie sei. Die Behandlung ist aber nur ein Teil im Kampf gegen die Essstörungen. Mit einem Videospiel wollen Ärzte ihren jungen Patienten spielerisch beibringen, wie Stress bewältigt werden kann. Videokonferenzen nach dem Aufenthalt im Zentrum sollen Rückfälle reduzieren. dpa/lsw/sh