Es gehört zu den normalsten Dingen der Welt, dass Mütter ihre Kinder stillen. Bis zu einem gewissen Alter der Kinder scheint das auch zu stimmen. Das Titelbild des "Time"-Magazins im Mai, auf dem eine 26-jährige Mutter zu sehen ist, die ihren dreijährigen Sohn stillt, sorgte in den USA für helle Aufregung. Die Mutter, Jamie Lynne Grumet will mit dem Foto darauf aufmerksam machen, dass es durchaus normal ist, wenn Kinder, die älter als zwei Jahre sind, noch an der Brust der Mutter trinken. Dem TV-Sender ABC sagte sie: "Ich wollte zeigen, dass es eine normale Option für ein Kind ist und nicht stigmatisiert werden sollte."
Wie lange gestillt wird, ist eine individuelle Entscheidung der Mutter und des Kindes
Die Augsburger Still- und Laktationsberaterin IBCLC Marion Scheibenbogen verweist darauf, dass Kinder im Alter von drei Jahren oft noch ein Saugbedürfnis haben. Deshalb verlangten auch viele noch einen Schnuller. Wie lange gestillt wird, entscheiden Mutter und Kind ganz allein. "Das ist eine sehr individuelle Entscheidung" sagt Scheibenbogen. Das natürliche Abstillverhalten finde zwischen dem zweiten und vierten Lebensjahr statt, so Scheibenbogen.
In den USA ist die Mehrheit der Bevölkerung gegen Stillen in der Öffentlichkeit. Auch hierzulande erhitzen sich die Gemüter, vor allem wenn ältere Kinder noch an der Brust der Mutter nuckeln. Der Film "Stillen bis der Schulbus kommt" löste hierzulande eine hitzige Debatte aus.
Stillen beugt Infektionen und Allergien vor
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rät Müttern ihr Kind bis zum 6. Monat nach der Geburt ausschließlich zu stillen. Die Muttermilch enthalte über 200 verschiedene Inhaltstoffe. Vor allem die sogenannte Vormilch, die in den ersten fünf Tagen nach der Geburt gebildet ist laut Scheibenbogen reich an Antikörpern und so etwas wie die erste Impfung des Neugeborenen.
Die Kinder, die unmittelbar nach der Geburt von ihrer Mutter gestillt würden, litten seltener unter Infektionskrankheiten und entwickelten deutlich weniger Allergien. Muttermilch fördere die typische Keimbesiedlung des Darms und trage daher zu einer gesunden Darmflora beim Kind bei, betont auch Liane Thoms.
Stillen ist auch für das Wohlbefinden der Mutter wichtig
Durch das Stillen würden nicht nur die physiologischen Bedürfnisse des Kindes nach Nährstoffen gedeckt, sondern auch das Bedürfnis nach Nähe und Zuwendung. Der enge körperliche Kontakt, den Mutter und Kind beim Stillen haben, unterstütze eine langfristige und stabile Mutter-Kind-Beziehung. Stillen ist auch für die Mütter wichtig: Sie erkranken seltener an postnatalen Ängsten oder Depressionen, so Thoms. "Es gibt Studien, die belegen, dass mit jedem Monat in dem gestillt wird, das Brustkrebsrisiko bei Frauen sinkt". AZ