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Thema "Glück": Wie sich Wissenschaftler auf die Suche nach dem Glück begeben

Thema "Glück"

Wie sich Wissenschaftler auf die Suche nach dem Glück begeben

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    Wo im Gehirn sitzt das Glück? Manche Forscher glauben, es hinter dem linken Auge gefunden zu haben.
    Wo im Gehirn sitzt das Glück? Manche Forscher glauben, es hinter dem linken Auge gefunden zu haben. Foto: Jan-Peter Kasper, dpa

    Wie glücklich sind Sie momentan? Waren Sie die vergangenen 14 Tage glücklich? Wie schätzen Sie Ihr gesamtes Lebensglück ein? Mit diesen Fragen versuchen Forscher, sich dem Glück zu nähern. Doch die Glücksforschung steckt in einem Dilemma, das der Salzburger Professor Anton Bucher auf den Punkt bringt: „Es ist schwierig, Glück wissenschaftlich zu erfassen.“ Glück ist ein vielschichtiger Begriff: Es gibt Lebensglück, Zufallsglück, Zufriedenheit. Jeder definiert Glück anders. Für einen Lottogewinner ist Glück, mit dem neu-gekauften Sportwagen durch die Stadt zu düsen. Jemand, der durch einen schweren Unfall querschnittsgelähmt ist, empfindet Glück, wenn er das erste Mal sich selber wieder die Zähne putzt. „Glück ist etwas sehr subjektives“, sagt Glücksforscher Bucher. „Im besten Fall erfasst man Glück über eine Selbsteinschätzung der Menschen.“

    Wie glücklich sich Menschen fühlen ist leicht beeinflussbar

    Doch die subjektive Selbsteinschätzung ist nicht immer zuverlässig – und leicht beinflussbar. An einem sonnigen Tag mit warmen Temperaturen schätzen Menschen ihr Lebensglück höher ein als bei trübem und kaltem Wetter. Schon kleine Präsente oder Komplimente beeinflussen die Selbsteinschätzung des persönlichen Glücks. In einer Studie erhielten Versuchspersonen eine Rose oder einen Gutschein für ein Getränk – ohne zu wissen, dass das Geschenk Teil des Experiments ist. Das Ergebnis: Wer Blume oder Bon erhielt, schätzte bei der anschließenden Befragung sein gesamtes Lebensglück höher ein, als die Befragten, die mit keiner kleinen Aufmerksamkeit bedacht wurden.

    Die Glücksforschung ist kein neues Feld. „Solange es Menschen gibt, gab es immer das Streben nach Glück“, sagt der Salzburger Glücksforscher. Bereits vor mehr als zwei Jahrtausenden befasste sich der griechische Philosoph Aristoteles mit der Frage, was Glück ist und wie der Mensch den Zustand des Glücklichseins erreicht. Die Antworten fasste er in seinem Standardwerk, der „Nikomachischen Ethik“, zusammen. Anders als in der modernen Glücksforschung, sieht Aristoteles Glück nicht als ein subjektives Empfinden. Vielmehr habe der Mensch – anders als Tiere und Pflanzen – das Vermögen, einer sinnstiftenden Tätigkeit nachzugehen. Glück ist nach Ansicht Aristoteles primär das tätige Sein – und weniger das subjektive Wohlergehen des Menschen.

    Psychologen befassen sich häufiger mit Unglück als mit Glück

    Anders als in der Philosophie ist Glücksforschung in der Psychologie ein relativ neues Feld. Lange fokussierten sich Wissenschaftler nicht auf das Glück, sondern auf Depressionen und Angst. Im gesamten 20. Jahrhundert gab es rund 90.000 Publikationen zum Thema Depression, etwa 80.000 wissenschaftliche Veröffentlichungen befassten sich mit Angst. Lediglich 3000 Aufsätze sind der Erforschung des Glücks zuzuordnen. Bucher erklärt sich das Ungleichgewicht so: „Psychologen werden nicht gerufen, wenn die Patienten glücklich sind, sondern wenn es ihnen schlecht geht.“

    Um Glück zu messen, befragen Glücksforscher nicht nur Menschen nach ihrem subjektiven Wohlbefinden. Mittlerweile wird Glück auch in der Neurobiologie erforscht. Der amerikanische Neurologe Richard Davidson hat mittels Elektroenzephalografie die Gehirnaktivität von Menschen gemessen. Seine Erkenntnis: Die Glücksresonanz sitzt vor allem hinter dem linken Auge. Doch Bucher betont: „Es gibt nicht nur ein Gehirnareal, in dem das Glücksempfinden sitzt – dafür sind mehrere Bereiche wichtig“. Das limbische System zum Beispiel, das für die Ausschüttung von Endorphine verantwortlich ist. Ob ein Mensch glücklich ist, kann er nicht vollständig selber beeinflussen. Unser Glückserleben ist zu 50 Prozent genetisch determiniert. „Es gibt Menschen, die sind von sich aus glücklicher. Man könnte sagen, das sind richtige Sonnenkinder“, sagt der Salzburger Theologe und Pädagoge. Studien haben ergeben, dass das Gehirn mancher Menschen mehr Glücksbotenstoffe wie Dopamin oder Serotonin ausschüttet. Rund ein Drittel des Glückserlebens kann der Mensch durch seine Aktivitäten beeinflussen. Beispielsweise durch Joggen oder Wandern in den Bergen. Die restlichen Einflussfaktoren sind die Lebensumstände: das Alter, die Bildung oder der Familienstand.

    "Wer dem Glück nachjagt, der verjagt es"

    Glücksforschung gibt Aufschluss, was Menschen glücklich macht. Doch Wissenschaftler Anton Bucher hält sich in seinen Büchern mit Ratschlägen zurück. Vielmehr sollen die Studien für sich sprechen. Dennoch gibt es Konsens über bestimmte Faktoren, die Glück bedingen: So ist der soziale Nahbereich wichtig. Menschen brauchen von Vertrauen getragene Beziehungen, um glücklich zu sein. Sprich, Familie, Freunde oder eine stabile Partnerschaft. Wer sein Glück in Ratgebern sucht, der wird aus Sicht des Glücksforschers nur bedingt glücklich. „Es ist wie in dem Sprichwort: Wer dem Glück nachjagt, der verjagt es.“ Denn es muss nicht immer der nächste Sommerurlaub sein, der einen glücklich macht. Man kann sein Glück auch in der Arbeit finden: wenn der Mensch sie selbstbestimmt wählt und einen Sinn in der Tätigkeit sieht. Und was macht einen Experten in Sachen Glück glücklich? „Ich tue nichts für mein Glück. Mich macht meine wissenschaftliche Arbeit glücklich.“ Insofern macht auch die Erforschung des Glücks glücklich.

    In der Schwerpunktausgabe der Volontäre der Augsburger Allgemeinen dreht sich alles um das Thema "Glück". Welche Beiträge es gibt und wer dahinter steckt, erfahren Sie hier.

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