Eine Geschlechtskrankheit, die oft lange unsichtbar bleibt, breitet sich in Deutschland immer weiter aus: Syphilis ist wieder auf dem Vormarsch. Man glaubte schon, die Massenerkrankung besiegt zu haben, doch seit 2010 steigt die Zahl der gemeldeten Syphlis-Fälle immer weiter an. Das teilte das Robert-Koch-Institut in Berlin mit.
5722 Neudiagnosen gab es demnach im Jahr 2014, 14 Prozent mehr als im Jahr zuvor - ein neuer Höchstwert. Auch für die ersten sechs Monate des Jahres 2015 scheint sich der Anstieg fortzusetzen.
Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den Geschlechtern. So blieben die Zahlen der Syphilis-Infektionen bei Frauen seit 2013 konstant. Auch bei heterosexuellen Männern gab es keinen signifikanten Anstieg. 84 Prozent der Fälle gehen nach den RKI-Daten vermutlich auf einen sexuellen Kontakt zwischen Männern zurück. Syphilis ist vor allem für die Schwulenszene eine Bedrohung.
Warum Dating-Apps zur Ausbreitung von Syphilis beitragen
Besonders in den Großstädten, wo es viele Clubs, Saunen und Pornokinos gibt, steigen die Fallzahlen rasch. In einigen Innenstadt-Bezirken von Berlin kommen über 86 Syphilis-Fälle auf 100.000 Einwohner. Die Rate der Neuerkrankungen lag in 2014 bei 31 Fällen je 100 000 Einwohner. In der Hauptstadt erkranken damit ins Verhältnis zur Einwohnerzahl gesetzt mehr als viermal so viele Menschen wie im bundesweiten Mittel.
Auch außerhalb der großstädtischen Szene breitet sich die Bakterieninfektion aus: Knapp ein Drittel der Meldungen stammen laut RKI aus Orten mit weniger als 100.000 Einwohnern. "Wir vermuten, dass es für Männer leichter geworden ist, durch das Internet beispielsweise, vielleicht auch durch Dating-Apps, andere Männer kennenzulernen", sagte die RKI-Expertin für sexuell übertragbare Infektionen, Viviane Bremer. "Gefühlt kennt man sich eigentlich, das erschwert die Kondom-Nutzung", sagt Brockmeyer mit Blick auf das "neue Dating-System", bei dem meist ein Nachrichtenaustausch dem ersten Treffen vorausgehe und ein trügerisches Vertrauen schaffe.
Syphilis wird oft erst spät erkannt
Party-Wochenenden unter Einfluss stimulierender Drogen wie Crystal seien eine Ursache, sagt der Präsident der Deutschen Gesellschaft für sexuell übertragbare Krankheiten (DSTIG), Prof. Norbert Brockmeyer. Mit den Drogen sinke das Risikobewusstsein der Nutzer, die zudem über traditionelle Drogenberatungsstellen schwer erreicht würden. Die Fallzahlen bei Geschlechtskrankheiten nehmen demnach generell zu - die Daten zur meldepflichtigen Syphilis seien der Indikator dafür.
Syphilis gilt als "Chamäleon" unter den sexuell übertragbaren Krankheiten: Weil die Symptome der Syphilis oft weder sichtbar noch schmerzhaft sind, bleibt die Bakterieninfektion zunächst häufig unentdeckt. Wenige Tage bis Wochen nach der Infektion bildet sich meist ein schmerzloses Geschwür an der Eintrittsstelle. Später macht sich die Krankheit durch Allgemeinsymptome bemerkbar, die Haut kann sich verändern. Im dritten Stadium kann die Krankheit das Gehirn und die Blutgefäße schädigen. dpa, AZ