Immer mehr Kinder und Jugendliche im Südwesten sind wegen psychischer Krankheiten in Behandlung. Das geht aus einer Auswertung der Versichertendaten der AOK Baden-Württemberg hervor. Demnach waren im vergangenen Jahr rund 8900 Versicherte im Alter von 5 bis 19 Jahren in Therapie.
Das sind 12,5 Prozent mehr als noch 2014. Einer Ärztin der Krankenkasse zufolge lasse sich der Anstieg auch damit erklären, dass das Thema mehr Beachtung finde. "Das Robert Koch-Institut weist darauf hin, dass die Aufmerksamkeit für psychische Erkrankungen zugenommen und sich das Diagnoseverhalten der Ärzte verändert habe", sagte Sabine Knapstein.
Eine Studie des Instituts zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland hatte ergeben, dass zuletzt etwa 16,9 Prozent der Kinder und Jugendlichen psychisch auffällig waren.
Ein Prozent der Kinder und Jugendlichen leiden unter Angststörungen
Ein ähnliches Bild zeigt sich, wenn man die Zahl der Diagnosen betrachtet. Nach Angaben der AOK wurden im vergangenen Jahr 17,6 Prozent aller jungen Versicherten (109.600) eine psychische Erkrankung bescheinigt. Zu den darunter gefassten Krankheiten zählen laut Krankenkasse aber auch Stottern oder eine Lese-Rechtschreibschwäche.
Unter Angststörungen oder etwa einer Depression litten demnach nur rund ein Prozent der Kinder und Jugendlichen im Alter von 5 bis 19 Jahren. "Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen können auch das spätere Leben der Betroffenen stark beeinflussen, weil sie das Sozialverhalten, den Bildungserfolg und die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten beeinträchtigen können", sagte Knapstein.
Kopf- und Bauchschmerzen können auf psychische Probleme hinweisen
Der Offenburger Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut Alexander Frohn weist im Hinblick auf die Ergebnisse der Studie des Robert Koch-Instituts darauf hin, dass es einen großen Bedarf an Therapien gebe. "Kinder können oft nicht selbst formulieren, was ihnen fehlt. Sie sind darauf angewiesen, dass Eltern und Lehrer merken, was mit ihnen los ist", sagte Frohn, der auch im Vorstand des Instituts für Psychoanalyse und Psychotherapie in Freiburg sitzt.
Hinweise könnten etwa Kopf- und Bauchschmerzen sein, wenn das Kind unter Schlafstörungen leide, sich zu Hause zurückziehe oder sich selbst verletzte. Ihm zufolge seien alle Beteiligten heute insgesamt zwar besser für das Thema sensibilisiert, aber es fehlten weiterhin ausreichend Schulpsychologen, Fachärzte und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. (dpa)