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Social Media: Suchtgefahr: Jugendliche oft süchtig nach Likes und Strikes

Social Media: Suchtgefahr

Jugendliche oft süchtig nach Likes und Strikes

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    Die Weltgesundheitsorganisation hat im Juni 2018 die Online-Spielsucht in ihren Katalog der Krankheiten aufgenommen.
    Die Weltgesundheitsorganisation hat im Juni 2018 die Online-Spielsucht in ihren Katalog der Krankheiten aufgenommen. Foto: Jens Kalaene, dpa (Symbolbild)

    Viele Jugendliche greifen häufig oder sehr häufig zu ihrem Handy, um Nachrichten zu lesen, zu schreiben oder Beiträge zu posten. Doch ab wann hat man eine sogenannte Internetbezogene Störung? Das zentrale Kriterium sei immer der Kontrollverlust, erklärt der Hamburger Suchtforscher Rainer Thomasius. Das gesamte Denken konzentriere sich auf Computerspiele oder Soziale Medien. Betroffene Jugendliche geben Hobbys auf oder schwänzen die Schule. Sie belügen ihre Eltern über die tatsächliche Zeit, die sie im Internet verbringen. Ohne Smartphone oder Computer leiden sie an Entzugserscheinungen, werden gereizt oder gar depressiv.

    Manche Jungs sitzen bis in die Nacht am Computer und kämpfen sich durch Spiele wie "Call of Duty" oder "Counter-Strike". "Mädchen neigen eher dazu, exzessiv Social Media zu nutzen", sagt Thomasius. Eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Krankenkasse DAK in Kooperation mit Thomasius im vergangenen Jahr ergab, dass 2,6 Prozent der 12- bis 17-Jährigen in Deutschland als abhängig von Sozialen Medien einzustufen sind. Betroffen sind demnach rund 100.000 Jungen und Mädchen.

    Jugendliche müssen Smartphone abgeben

    Im Deutschen Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf kümmern sich die Mitarbeiter um internetsüchtige Jugendliche. "Wir nehmen ihnen das Wichtigste weg", sagt Thomasius, der das Zentrum leitet. Wer stationär für drei Monate oder auch nur teilstationär für zwei Wochen aufgenommen wird, muss sein Smartphone abgeben. Die Patienten erhalten dafür ein nicht internet-fähiges Handy. Vormittags bemüht sich ein Team aus Sonderpädagogen, die Jugendlichen wieder an den Schulalltag heranzuführen. Nachmittags folgen die Therapieprogramme, viel Sport und Musik. Jeder Patient bekommt ein Instrument zum Musizieren. 

    Anders als bei Alkohol- oder Drogensucht könne das Ziel einer Therapie nicht die Abstinenz sein, sagt Thomasius. Denn es gebe praktisch keinen Beruf ohne PC mehr. Die Jugendlichen müssten den verantwortlichen Umgang mit dem Internet lernen. Die Heilungsquote sei mit 70 bis 80 Prozent sehr hoch. Im Vergleich dazu betrage die Erfolgsquote bei Alkohol- und Drogensucht nur 30 bis 40 Prozent. Internetsüchtige Jugendliche seien leichter therapierbar, weil sie meist keine dissozialen Begleitstörungen hätten und nicht unter den Auswirkungen einer toxischen Substanz litten.

    Experten fordern mehr Plätze zur stationären Behandlung

    Von Montag an sind die Internetbezogenen Störungen Thema eine Kongresses von Suchtforschern in Hamburg. Die 600 Teilnehmer wollen über Möglichkeiten der Prävention und Therapie diskutieren. Als Kongresspräsident hat Thomasius eine klare Forderung an die Politik: Die Behandlungsmöglichkeiten für Computerspiel- und Social-Media-süchtige Kinder und Jugendliche müssten ausgebaut werden. Zurzeit gebe es in Deutschland nur 200 Plätze in der stationären Suchtbehandlung, erklärt er. Doch der Bedarf sei groß: Rund 1600 Kinder und Jugendliche kämen jährlich allein in das (dpa/AZ)

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