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Schmallenberg-Virus: Forscher sezieren tote Schafe im Akkord

Schmallenberg-Virus

Forscher sezieren tote Schafe im Akkord

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    Das Schmallenberg-Virus greift zunehmend um sich. Der Erreger, der Rinder, Schafe und Ziegen befällt, ist bereits in sechs Bundesländern aufgetaucht.
    Das Schmallenberg-Virus greift zunehmend um sich. Der Erreger, der Rinder, Schafe und Ziegen befällt, ist bereits in sechs Bundesländern aufgetaucht. Foto: dpa

    Schafe auf dem Seziertisch: Forscher suchen mit Hochdruck nach dem Ursprung des Schmallenberg-Virus. Ein paar Strohhalme hängen noch an dem toten Winzling. Die Beinchen sind seltsam verdreht und der kleine Kopf sitzt schief: Das sind typische Anzeichen für das Schmallenberg-Virus bei einem Lamm. Herbert Puts, der Vorarbeiter in der Sektionshalle des Veterinäruntersuchungsamts in Krefeld, bereitet den Kadaver für die Pathologie vor. Der nächste liegt schon in einer Plastikwanne - auch dieses Tier kam tot auf die Welt.

    Am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Rhein-Ruhr-Wupper in Krefeld werden dieser Tage Jungtiere wie am Fließband abgegeben. An dem großen Seziertisch begutachten Tierpathologen die toten Lämmer, nehmen Proben aus Milz, Gehirn und Blut. Gesucht wird nach Spuren des Schmallenberg-Virus. In mindestens sechs Bundesländern ist das Virus bei Schaf-, Rinder- und Ziegenhaltungen in 106 Betrieben festgestellt worden. Mehr als die Hälfte von ihnen liegt in Nordrhein-Westfalen.

    Nur bei einem Teil der Schafe wurde das Schmallenberg-Virus nachgewiesen

    Versteifte Gliedmaßen, ein fehlendes Kleinhirn, ein grotesk verbogener Hals - das können Symptome einer Infektion mit dem Erreger  sein. "Sowas hatten wir noch nicht gesehen", sagt die Tierpathologin Annette Kuczka. Es gibt eine große Variationsbreite. Manche Tiere sehen fast normal aus, andere nicht. Doch nur bei einem Teil der toten Lämmer, auch wenn sie Veränderungen hatten, wurde das Virus dann tatsächlich nachgewiesen.

    Die Schafhalter sind in Sorge. Der Schafzuchtverband in Nordrhein-Westfalen weiß, dass bei Zwillingsgeburten von Schafen ein Tier tot und das andere gesund geboren werden kann. "Es gibt Betriebe mit einem Schaden von 50 Prozent, andere haben bislang keine Totgeburten gehabt", rätselt Markus Barghausen, Berater des Verbandes in Paderborn. Allerdings gibt es inzwischen Meldungen aus allen Regionen Nordrhein-Westfalens. Auch wenn bundesweit noch keine Meldepflicht gilt, sammelt das Landesumweltamt die Angaben.

    Schmallenberg-Virus im November 2011 entdeckt

    Schafhalter klagen über schwierige Geburten der Muttertiere. "Eigentlich sind Lämmer sehr beweglich, aber durch die Steifheit geht es nicht voran und der Tierarzt wird gerufen", berichtet Berater Barghausen. Gerade hat ihm ein Mann sein Leid geklagt, der eine schlaflose Nacht bei seinen Tieren verbracht hat. "Eigentlich freuen sich die Halter auf die Lammzeit, aber nun schwingt auch die Angst mit." Eine Entschädigung gibt es derzeit nicht.

    Nordrhein-Westfalen verzeichnet mehr als 10.000 Schafhalter mit fast 400.000 Tieren. Das Schmallenberg-Virus wurde im November 2011 entdeckt; es wird vermutlich von Insekten übertragen. Die Muttertiere  hatten sich wohl im vergangenen Sommer und Herbst angesteckt.

    Schmallenberg-Virus auch gefährlich für Rinder?

    Der Bauernverband in Westfalen verfolgt aufmerksam die Lage. "Abwarten, Daten sammeln", sagt sein Sprecher Hans-Heinrich Berghorn. Noch liegt viel im Dunkeln. Nun machen sich Landwirte auch Gedanken um die Rinder. Deren Kälber kommen bald auf die Welt.

    Allein in der vergangenen Woche wurden in Krefeld zwei tote Kälber seziert. "Wir haben einzelne Kälber gesehen mit Missbildungen, die wir für typisch halten", berichtet Tierpathologin Kuczka. Fachleute erwarten, dass es weitere Fälle geben wird.

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